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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"Jch überwand mich noch einmal, den letzten Ent-
"schluß von Jhnen zu erfahren, aber auch dasmal
"umsonst. Jch kann Jhnen durch eine Bescheini-
"gung aus dem Postamte beweisen, daß alle diese
"Briefe richtig abgegangen sind. Wie bin ich im
"Stande, Jhnen das Misvergnügen deutlich ge-
"nug zu beschreiben, das ich empfand, da ich er-
"fahren mußte, daß Sie der billige und aufrichti-
"ge Mann nicht wären, für den ich Sie gehalten
"hatte! Jch wagte noch den letzten Versuch, und
"schickte am verwichnen Markte eine Freundinn
"an Sie, welche mündlich dasjenige wiederholen
"sollte, was ich Jhnen so oft schriftlich, und ver-
"gebens, versichert hatte. Aber auch diese Freun-
"dinn ließen Sie nicht vor Sich, und sie kam
"unverrichteter Sache zurück. Wahrhaftig, mein
"Herr, das hieß meine Geduld aufs höchste trei-
"ben. Jch verlange von Jhnen, mein Herr, eine
"anständige Genugthuung. Melden Sie mir, wes-
"sen ich mich zu Jhnen zu versehn habe. Jst Jhr
"gegebnes Wort, meine Freundschaft, meine
"Liebe zu Jhnen, ist Ehre und Gewissen nicht vermö-
"gend, Jhnen Jhre Pflicht und Schuldigkeit begreif-
"lich zu machen: so muß es der Richter thun. Es
"geschieht sehr ungern, mein Herr, daß ich diesen
"Entschluß fasse; aber meine Ehre verlangt ihn.
"Jch habe Jhre Verbindung in meinen Händen.
"Die weltliche Obrigkeit soll mir Recht schaffen,
"da Jhr Herz zu meyneidig ist, es zu thun. Ver-
"langen Sie eine Frau, mein Herr, die Sie

red-

Satyriſche Briefe.
„Jch uͤberwand mich noch einmal, den letzten Ent-
„ſchluß von Jhnen zu erfahren, aber auch dasmal
„umſonſt. Jch kann Jhnen durch eine Beſcheini-
„gung aus dem Poſtamte beweiſen, daß alle dieſe
„Briefe richtig abgegangen ſind. Wie bin ich im
„Stande, Jhnen das Misvergnuͤgen deutlich ge-
„nug zu beſchreiben, das ich empfand, da ich er-
„fahren mußte, daß Sie der billige und aufrichti-
„ge Mann nicht waͤren, fuͤr den ich Sie gehalten
„hatte! Jch wagte noch den letzten Verſuch, und
„ſchickte am verwichnen Markte eine Freundinn
„an Sie, welche muͤndlich dasjenige wiederholen
„ſollte, was ich Jhnen ſo oft ſchriftlich, und ver-
„gebens, verſichert hatte. Aber auch dieſe Freun-
„dinn ließen Sie nicht vor Sich, und ſie kam
„unverrichteter Sache zuruͤck. Wahrhaftig, mein
„Herr, das hieß meine Geduld aufs hoͤchſte trei-
„ben. Jch verlange von Jhnen, mein Herr, eine
„anſtaͤndige Genugthuung. Melden Sie mir, weſ-
„ſen ich mich zu Jhnen zu verſehn habe. Jſt Jhr
„gegebnes Wort, meine Freundſchaft, meine
„Liebe zu Jhnen, iſt Ehre und Gewiſſen nicht vermoͤ-
„gend, Jhnen Jhre Pflicht und Schuldigkeit begreif-
„lich zu machen: ſo muß es der Richter thun. Es
„geſchieht ſehr ungern, mein Herr, daß ich dieſen
„Entſchluß faſſe; aber meine Ehre verlangt ihn.
„Jch habe Jhre Verbindung in meinen Haͤnden.
„Die weltliche Obrigkeit ſoll mir Recht ſchaffen,
„da Jhr Herz zu meyneidig iſt, es zu thun. Ver-
„langen Sie eine Frau, mein Herr, die Sie

red-
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[254/0282] Satyriſche Briefe. „Jch uͤberwand mich noch einmal, den letzten Ent- „ſchluß von Jhnen zu erfahren, aber auch dasmal „umſonſt. Jch kann Jhnen durch eine Beſcheini- „gung aus dem Poſtamte beweiſen, daß alle dieſe „Briefe richtig abgegangen ſind. Wie bin ich im „Stande, Jhnen das Misvergnuͤgen deutlich ge- „nug zu beſchreiben, das ich empfand, da ich er- „fahren mußte, daß Sie der billige und aufrichti- „ge Mann nicht waͤren, fuͤr den ich Sie gehalten „hatte! Jch wagte noch den letzten Verſuch, und „ſchickte am verwichnen Markte eine Freundinn „an Sie, welche muͤndlich dasjenige wiederholen „ſollte, was ich Jhnen ſo oft ſchriftlich, und ver- „gebens, verſichert hatte. Aber auch dieſe Freun- „dinn ließen Sie nicht vor Sich, und ſie kam „unverrichteter Sache zuruͤck. Wahrhaftig, mein „Herr, das hieß meine Geduld aufs hoͤchſte trei- „ben. Jch verlange von Jhnen, mein Herr, eine „anſtaͤndige Genugthuung. Melden Sie mir, weſ- „ſen ich mich zu Jhnen zu verſehn habe. Jſt Jhr „gegebnes Wort, meine Freundſchaft, meine „Liebe zu Jhnen, iſt Ehre und Gewiſſen nicht vermoͤ- „gend, Jhnen Jhre Pflicht und Schuldigkeit begreif- „lich zu machen: ſo muß es der Richter thun. Es „geſchieht ſehr ungern, mein Herr, daß ich dieſen „Entſchluß faſſe; aber meine Ehre verlangt ihn. „Jch habe Jhre Verbindung in meinen Haͤnden. „Die weltliche Obrigkeit ſoll mir Recht ſchaffen, „da Jhr Herz zu meyneidig iſt, es zu thun. Ver- „langen Sie eine Frau, mein Herr, die Sie red-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/282>, abgerufen am 26.11.2024.