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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"alle diese Mühe, alle meine freundschaftlichen Brie-
"fe vergebens gewesen: so sehe ich mich genöthi-
"get, ein Wort im Ernste mit Jhnen zu reden.
"Erinnern Sie Sich wohl Jhres Briefs vom 7
"May 1745, in welchem Sie mich baten, ich
"möchte mich entschließen, die Jhrige zu werden?
"So schwer es meinem Vater, und meinen Freun-
"den ankam, ihre Einwilligung zu geben: so ge-
"neigt war doch ich dazu. Jch meldete Jhnen
"die Zweifel meiner Verwandten, zugleich gab
"ich Jhnen deutlich genug zu verstehen, wie an-
"genehm mir ein Antrag sey, der von einem Man-
"ne herkam, an dessen Redlichkeit und billigen
"Absichten zu zweifeln, ich nicht Ursache hatte.
"Jch überwand endlich die Zweifel meines Vaters
"und meiner übrigen Freunde. Sie gaben ihre
"Einwilligung dazu, die ich Jhnen ohne Verzug
"meldete, und Jhr Anerbieten aufs feyerlichste
"annahm. Hätten Sie diejenigen Pflichten, die
"ein ehrlicher Mann für unverbrüchlich hält, nicht
"genöthiget, mir zu antworten: so hätten es we-
"nigstens die Pflichten des Wohlstands thun sol-
"len. Beide waren bey Jhnen nicht stark genug,
"eine Antwort zu erpressen. Jch schrieb in eini-
"gen Wochen darauf noch einmal an Sie. Jch
"wiederholte dieses zum drittenmal da sich eine
"Gelegenheit für mich fand, die ich, so vortheil-
"haft sie auch war, doch ausschlug, um Jhren
"Wunsch zu erfüllen, und mich mit Jhnen zu ver-
"binden. Noch erhielt ich keine Zeile Antwort.

Jch

Satyriſche Briefe.
„alle dieſe Muͤhe, alle meine freundſchaftlichen Brie-
„fe vergebens geweſen: ſo ſehe ich mich genoͤthi-
„get, ein Wort im Ernſte mit Jhnen zu reden.
„Erinnern Sie Sich wohl Jhres Briefs vom 7
„May 1745, in welchem Sie mich baten, ich
„moͤchte mich entſchließen, die Jhrige zu werden?
„So ſchwer es meinem Vater, und meinen Freun-
„den ankam, ihre Einwilligung zu geben: ſo ge-
„neigt war doch ich dazu. Jch meldete Jhnen
„die Zweifel meiner Verwandten, zugleich gab
„ich Jhnen deutlich genug zu verſtehen, wie an-
„genehm mir ein Antrag ſey, der von einem Man-
„ne herkam, an deſſen Redlichkeit und billigen
„Abſichten zu zweifeln, ich nicht Urſache hatte.
„Jch uͤberwand endlich die Zweifel meines Vaters
„und meiner uͤbrigen Freunde. Sie gaben ihre
„Einwilligung dazu, die ich Jhnen ohne Verzug
„meldete, und Jhr Anerbieten aufs feyerlichſte
„annahm. Haͤtten Sie diejenigen Pflichten, die
„ein ehrlicher Mann fuͤr unverbruͤchlich haͤlt, nicht
„genoͤthiget, mir zu antworten: ſo haͤtten es we-
„nigſtens die Pflichten des Wohlſtands thun ſol-
„len. Beide waren bey Jhnen nicht ſtark genug,
„eine Antwort zu erpreſſen. Jch ſchrieb in eini-
„gen Wochen darauf noch einmal an Sie. Jch
„wiederholte dieſes zum drittenmal da ſich eine
„Gelegenheit fuͤr mich fand, die ich, ſo vortheil-
„haft ſie auch war, doch ausſchlug, um Jhren
„Wunſch zu erfuͤllen, und mich mit Jhnen zu ver-
„binden. Noch erhielt ich keine Zeile Antwort.

Jch
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[253/0281] Satyriſche Briefe. „alle dieſe Muͤhe, alle meine freundſchaftlichen Brie- „fe vergebens geweſen: ſo ſehe ich mich genoͤthi- „get, ein Wort im Ernſte mit Jhnen zu reden. „Erinnern Sie Sich wohl Jhres Briefs vom 7 „May 1745, in welchem Sie mich baten, ich „moͤchte mich entſchließen, die Jhrige zu werden? „So ſchwer es meinem Vater, und meinen Freun- „den ankam, ihre Einwilligung zu geben: ſo ge- „neigt war doch ich dazu. Jch meldete Jhnen „die Zweifel meiner Verwandten, zugleich gab „ich Jhnen deutlich genug zu verſtehen, wie an- „genehm mir ein Antrag ſey, der von einem Man- „ne herkam, an deſſen Redlichkeit und billigen „Abſichten zu zweifeln, ich nicht Urſache hatte. „Jch uͤberwand endlich die Zweifel meines Vaters „und meiner uͤbrigen Freunde. Sie gaben ihre „Einwilligung dazu, die ich Jhnen ohne Verzug „meldete, und Jhr Anerbieten aufs feyerlichſte „annahm. Haͤtten Sie diejenigen Pflichten, die „ein ehrlicher Mann fuͤr unverbruͤchlich haͤlt, nicht „genoͤthiget, mir zu antworten: ſo haͤtten es we- „nigſtens die Pflichten des Wohlſtands thun ſol- „len. Beide waren bey Jhnen nicht ſtark genug, „eine Antwort zu erpreſſen. Jch ſchrieb in eini- „gen Wochen darauf noch einmal an Sie. Jch „wiederholte dieſes zum drittenmal da ſich eine „Gelegenheit fuͤr mich fand, die ich, ſo vortheil- „haft ſie auch war, doch ausſchlug, um Jhren „Wunſch zu erfuͤllen, und mich mit Jhnen zu ver- „binden. Noch erhielt ich keine Zeile Antwort. Jch

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/281>, abgerufen am 26.11.2024.