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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"gen ist; aber vielleicht war es nur ein Misver-
"ständniß. Vielleicht war es ein Streich von mis-
"günstigen Freunden, die Jhre Leichtgläubigkeit
"misbrauchten. Vielleicht haben Sie Unrecht,
"mein Herr! Treiben Sie Jhre Empfindlichkeit
"und Rache nicht zu weit. Würdigen Sie mich
"einer Antwort. Jch habe noch eben die Hoch-
"achtung gegen Sie, wie vormals, und, darf ich
"es wohl sagen, noch eben die Liebe, welche Sie
"so schlecht belohnten. Ja, mein Herr, Jhnen
"zu zeigen, wie rechtschaffen Sie mein Vater ge-
"liebt, wie hoch ich Jhre Freundschaft schätze, wie
"unschuldig meine Zärtlichkeit von Jhnen beleidi-
"get worden; Jhnen dieses alles zu zeigen, biete
"ich Jhnen itzt vom neuen selbst die Hand an, die
"Sie durch meinen Vater verlangten. Wollen
"Sie mich noch einmal beschämen? Die Freund-
"schaft meines Vaters, meine eigne Liebe zu Jh-
"nen, beide verdienen eine Antwort. Jch er-
"warte sie mit der ersten Post, und bin,

Mein Herr,
[Spaltenumbruch] - - - -
am 10. des Christmonats
1749.
[Spaltenumbruch] Jhre Dienerinn.

Wie gefalle ich Jhnen, mein Herr? Steigt
nicht meine Unverschämtheit mit iedem Briefe.
Nun nahm ich mir vor, den Brief gar zu läugnen,
den ich ehedem, wider meines Vaters Wissen, an

den

Satyriſche Briefe.
„gen iſt; aber vielleicht war es nur ein Misver-
„ſtaͤndniß. Vielleicht war es ein Streich von mis-
„guͤnſtigen Freunden, die Jhre Leichtglaͤubigkeit
„misbrauchten. Vielleicht haben Sie Unrecht,
„mein Herr! Treiben Sie Jhre Empfindlichkeit
„und Rache nicht zu weit. Wuͤrdigen Sie mich
„einer Antwort. Jch habe noch eben die Hoch-
„achtung gegen Sie, wie vormals, und, darf ich
„es wohl ſagen, noch eben die Liebe, welche Sie
„ſo ſchlecht belohnten. Ja, mein Herr, Jhnen
„zu zeigen, wie rechtſchaffen Sie mein Vater ge-
„liebt, wie hoch ich Jhre Freundſchaft ſchaͤtze, wie
„unſchuldig meine Zaͤrtlichkeit von Jhnen beleidi-
„get worden; Jhnen dieſes alles zu zeigen, biete
„ich Jhnen itzt vom neuen ſelbſt die Hand an, die
„Sie durch meinen Vater verlangten. Wollen
„Sie mich noch einmal beſchaͤmen? Die Freund-
„ſchaft meines Vaters, meine eigne Liebe zu Jh-
„nen, beide verdienen eine Antwort. Jch er-
„warte ſie mit der erſten Poſt, und bin,

Mein Herr,
[Spaltenumbruch] ‒ ‒ ‒ ‒
am 10. des Chriſtmonats
1749.
[Spaltenumbruch] Jhre Dienerinn.

Wie gefalle ich Jhnen, mein Herr? Steigt
nicht meine Unverſchaͤmtheit mit iedem Briefe.
Nun nahm ich mir vor, den Brief gar zu laͤugnen,
den ich ehedem, wider meines Vaters Wiſſen, an

den
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[244/0272] Satyriſche Briefe. „gen iſt; aber vielleicht war es nur ein Misver- „ſtaͤndniß. Vielleicht war es ein Streich von mis- „guͤnſtigen Freunden, die Jhre Leichtglaͤubigkeit „misbrauchten. Vielleicht haben Sie Unrecht, „mein Herr! Treiben Sie Jhre Empfindlichkeit „und Rache nicht zu weit. Wuͤrdigen Sie mich „einer Antwort. Jch habe noch eben die Hoch- „achtung gegen Sie, wie vormals, und, darf ich „es wohl ſagen, noch eben die Liebe, welche Sie „ſo ſchlecht belohnten. Ja, mein Herr, Jhnen „zu zeigen, wie rechtſchaffen Sie mein Vater ge- „liebt, wie hoch ich Jhre Freundſchaft ſchaͤtze, wie „unſchuldig meine Zaͤrtlichkeit von Jhnen beleidi- „get worden; Jhnen dieſes alles zu zeigen, biete „ich Jhnen itzt vom neuen ſelbſt die Hand an, die „Sie durch meinen Vater verlangten. Wollen „Sie mich noch einmal beſchaͤmen? Die Freund- „ſchaft meines Vaters, meine eigne Liebe zu Jh- „nen, beide verdienen eine Antwort. Jch er- „warte ſie mit der erſten Poſt, und bin, Mein Herr, ‒ ‒ ‒ ‒ am 10. des Chriſtmonats 1749. Jhre Dienerinn. Wie gefalle ich Jhnen, mein Herr? Steigt nicht meine Unverſchaͤmtheit mit iedem Briefe. Nun nahm ich mir vor, den Brief gar zu laͤugnen, den ich ehedem, wider meines Vaters Wiſſen, an den

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/272>, abgerufen am 25.11.2024.