"noch niemals betrogen. Jch bin mit aller er- "sinnlichen Hochachtung,
Mein Herr, [Spaltenumbruch]
- - - - am 18. des Heumonats 1748. [Spaltenumbruch]
Jhre Dienerinn.
Aber dasmal log mein Herz doch, und noch mehr, als ich gelogen hatte. Der Herr Hofrath war zu meinem Unglücke vernünftig. Jch bekam mit dem nächsten Posttage folgende Antwort.
Mademoiselle,
"Sie verbinden mich Jhnen durch das aufrichti- "ge Beyleid über den Tod meiner seligen "Frau. Jch habe viel verlohren, und ich glaube, "daß ich diesen Verlust niemals wieder ersetzen kann. "Es ist sonst mein Fehler gewesen, andern mit Er- "zählungen von den Vorzügen und Verdiensten "meiner verstorbnen Frau beschwerlich zu fallen; "ich habe mich aber seit zwölf Jahren von dieser "Schwachheit so sehr erholt, daß ich Jhnen, Ma- "demoiselle, weiter nicht ein Wort davon sagen "will. Die Versichrung von Jhrer Freundschaft "und Jhrem Wohlwollen würde mir zu einer an- "dern Zeit noch unschätzbarer gewesen seyn, als "Sie mir itzt ist, da ich über den Tod meiner recht- "schaffnen Frau in meinem Gemüthe noch nicht
"so
Satyriſche Briefe.
„noch niemals betrogen. Jch bin mit aller er- „ſinnlichen Hochachtung,
Mein Herr, [Spaltenumbruch]
‒ ‒ ‒ ‒ am 18. des Heumonats 1748. [Spaltenumbruch]
Jhre Dienerinn.
Aber dasmal log mein Herz doch, und noch mehr, als ich gelogen hatte. Der Herr Hofrath war zu meinem Ungluͤcke vernuͤnftig. Jch bekam mit dem naͤchſten Poſttage folgende Antwort.
Mademoiſelle,
„Sie verbinden mich Jhnen durch das aufrichti- „ge Beyleid uͤber den Tod meiner ſeligen „Frau. Jch habe viel verlohren, und ich glaube, „daß ich dieſen Verluſt niemals wieder erſetzen kann. „Es iſt ſonſt mein Fehler geweſen, andern mit Er- „zaͤhlungen von den Vorzuͤgen und Verdienſten „meiner verſtorbnen Frau beſchwerlich zu fallen; „ich habe mich aber ſeit zwoͤlf Jahren von dieſer „Schwachheit ſo ſehr erholt, daß ich Jhnen, Ma- „demoiſelle, weiter nicht ein Wort davon ſagen „will. Die Verſichrung von Jhrer Freundſchaft „und Jhrem Wohlwollen wuͤrde mir zu einer an- „dern Zeit noch unſchaͤtzbarer geweſen ſeyn, als „Sie mir itzt iſt, da ich uͤber den Tod meiner recht- „ſchaffnen Frau in meinem Gemuͤthe noch nicht
„ſo
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Satyriſche Briefe.
„noch niemals betrogen. Jch bin mit aller er-
„ſinnlichen Hochachtung,
Mein Herr,
‒ ‒ ‒ ‒
am 18. des Heumonats
1748.
Jhre Dienerinn.
Aber dasmal log mein Herz doch, und noch
mehr, als ich gelogen hatte. Der Herr Hofrath
war zu meinem Ungluͤcke vernuͤnftig. Jch bekam
mit dem naͤchſten Poſttage folgende Antwort.
Mademoiſelle,
„Sie verbinden mich Jhnen durch das aufrichti-
„ge Beyleid uͤber den Tod meiner ſeligen
„Frau. Jch habe viel verlohren, und ich glaube,
„daß ich dieſen Verluſt niemals wieder erſetzen kann.
„Es iſt ſonſt mein Fehler geweſen, andern mit Er-
„zaͤhlungen von den Vorzuͤgen und Verdienſten
„meiner verſtorbnen Frau beſchwerlich zu fallen;
„ich habe mich aber ſeit zwoͤlf Jahren von dieſer
„Schwachheit ſo ſehr erholt, daß ich Jhnen, Ma-
„demoiſelle, weiter nicht ein Wort davon ſagen
„will. Die Verſichrung von Jhrer Freundſchaft
„und Jhrem Wohlwollen wuͤrde mir zu einer an-
„dern Zeit noch unſchaͤtzbarer geweſen ſeyn, als
„Sie mir itzt iſt, da ich uͤber den Tod meiner recht-
„ſchaffnen Frau in meinem Gemuͤthe noch nicht
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/260>, abgerufen am 22.12.2024.
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