"rakter eines vollkommen tugendhaften und arti- "gen Frauenzimmers habe vorstellen können; und "ich habe in der letztern Ostermesse in Jhrer Ge- "sellschaft gefunden, daß Jhre Vollkommenhei- "ten meine Vorstellungen weit übertreffen. Er- "lauben Sie also, Mademoiselle, daß ich aus "Verlangen, mich selbst glücklich zu machen, und "das Glück meiner Kinder zu befestigen, Jhnen "sage, daß ich Sie aufrichtig, und mit Hochach- "tung liebe, und nichts auf der Welt so sehr wün- "sche, als einige Hoffnung Jhrer Gegenliebe zu er- "langen. Sie allein, Mademoiselle, sind vermö- "gend, mir das Andenken eines Verlustes verges- "send zu machen, welcher mir in der That bis "itzo noch empfindlich ist.
"Da meine Wahl so vorsichtig ist, so kön- "nen sie glauben, daß meine Liebe vernünftig und "dauerhaft bleiben wird. Mein Amt, und mei- "ne übrigen Umstände sind einträglich genug, Jh- "nen alles dasjenige zu verschaffen, was Jhr "Stand erfodert. Es wird im übrigen auf Sie "ankommen, unter welchen Bedingungen Sie "mir Jhre Hand überlassen wollen; denn ich ver- "lange, daß Sie auch nach meinem Tode noch "glücklich seyn sollen. Haben Sie die Gütigkeit, "und melden Sie mir, ob ich hoffen darf; denn "so werde ich nicht einen Augenblick anstehn, Jh- "rem Herrn Vater von meiner Absicht Nachricht "zu geben. Unter Erwartung einer gewünsch-
"ten
Satyriſche Briefe.
„rakter eines vollkommen tugendhaften und arti- „gen Frauenzimmers habe vorſtellen koͤnnen; und „ich habe in der letztern Oſtermeſſe in Jhrer Ge- „ſellſchaft gefunden, daß Jhre Vollkommenhei- „ten meine Vorſtellungen weit uͤbertreffen. Er- „lauben Sie alſo, Mademoiſelle, daß ich aus „Verlangen, mich ſelbſt gluͤcklich zu machen, und „das Gluͤck meiner Kinder zu befeſtigen, Jhnen „ſage, daß ich Sie aufrichtig, und mit Hochach- „tung liebe, und nichts auf der Welt ſo ſehr wuͤn- „ſche, als einige Hoffnung Jhrer Gegenliebe zu er- „langen. Sie allein, Mademoiſelle, ſind vermoͤ- „gend, mir das Andenken eines Verluſtes vergeſ- „ſend zu machen, welcher mir in der That bis „itzo noch empfindlich iſt.
„Da meine Wahl ſo vorſichtig iſt, ſo koͤn- „nen ſie glauben, daß meine Liebe vernuͤnftig und „dauerhaft bleiben wird. Mein Amt, und mei- „ne uͤbrigen Umſtaͤnde ſind eintraͤglich genug, Jh- „nen alles dasjenige zu verſchaffen, was Jhr „Stand erfodert. Es wird im uͤbrigen auf Sie „ankommen, unter welchen Bedingungen Sie „mir Jhre Hand uͤberlaſſen wollen; denn ich ver- „lange, daß Sie auch nach meinem Tode noch „gluͤcklich ſeyn ſollen. Haben Sie die Guͤtigkeit, „und melden Sie mir, ob ich hoffen darf; denn „ſo werde ich nicht einen Augenblick anſtehn, Jh- „rem Herrn Vater von meiner Abſicht Nachricht „zu geben. Unter Erwartung einer gewuͤnſch-
„ten
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Satyriſche Briefe.
„rakter eines vollkommen tugendhaften und arti-
„gen Frauenzimmers habe vorſtellen koͤnnen; und
„ich habe in der letztern Oſtermeſſe in Jhrer Ge-
„ſellſchaft gefunden, daß Jhre Vollkommenhei-
„ten meine Vorſtellungen weit uͤbertreffen. Er-
„lauben Sie alſo, Mademoiſelle, daß ich aus
„Verlangen, mich ſelbſt gluͤcklich zu machen, und
„das Gluͤck meiner Kinder zu befeſtigen, Jhnen
„ſage, daß ich Sie aufrichtig, und mit Hochach-
„tung liebe, und nichts auf der Welt ſo ſehr wuͤn-
„ſche, als einige Hoffnung Jhrer Gegenliebe zu er-
„langen. Sie allein, Mademoiſelle, ſind vermoͤ-
„gend, mir das Andenken eines Verluſtes vergeſ-
„ſend zu machen, welcher mir in der That bis
„itzo noch empfindlich iſt.
„Da meine Wahl ſo vorſichtig iſt, ſo koͤn-
„nen ſie glauben, daß meine Liebe vernuͤnftig und
„dauerhaft bleiben wird. Mein Amt, und mei-
„ne uͤbrigen Umſtaͤnde ſind eintraͤglich genug, Jh-
„nen alles dasjenige zu verſchaffen, was Jhr
„Stand erfodert. Es wird im uͤbrigen auf Sie
„ankommen, unter welchen Bedingungen Sie
„mir Jhre Hand uͤberlaſſen wollen; denn ich ver-
„lange, daß Sie auch nach meinem Tode noch
„gluͤcklich ſeyn ſollen. Haben Sie die Guͤtigkeit,
„und melden Sie mir, ob ich hoffen darf; denn
„ſo werde ich nicht einen Augenblick anſtehn, Jh-
„rem Herrn Vater von meiner Abſicht Nachricht
„zu geben. Unter Erwartung einer gewuͤnſch-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/212>, abgerufen am 16.07.2024.
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