Da Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma- chen, und um deswillen nöthig finden, bey der übrigen Equipage auch einen Sekretär mit zu halten: so wünschte ich mir wohl, diese Stelle zu erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts zu thun habe, als der gnädigen Frau ihre Wäsch- zeddel abzuschreiben, den Verwalter einen Esel zu heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie- fe in den gnädigsten und freundlichsten Ausdrü- ckungen zu sagen, daß sie nicht bezahlt werden sol- len. Jch glaube daher, Geschicklichkeit genug zu haben, diesem Amte vorzustehn, und ich will, mit Hülfe einer reichen Weste, in dem Vorzimmer so wichtig thun, daß man glauben soll, Ew. Gna- den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen Frieden. Da ich weiß, Gnädiger Herr, daß Sie zuweilen ein wenig hitzig sind: so will ich ver- sprechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner Schadloshaltung, so oft Sie in Jhrem Zimmer gegen mich hitzig sind, im Vorzimmer gegen die- jenigen grob seyn darf, die weniger sind, als ich, oder die bey Ew. Gnaden etwas zu suchen haben. Sie werden kein Bedenken finden, mir dieses zu erlauben, da es in den meisten Vorzimmern der kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden sind, Mo- de ist. Um den Gehalt werden wir uns verglei-
chen.
Satyriſche Briefe.
Gnaͤdiger Herr,
Da Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma- chen, und um deswillen noͤthig finden, bey der uͤbrigen Equipage auch einen Sekretaͤr mit zu halten: ſo wuͤnſchte ich mir wohl, dieſe Stelle zu erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts zu thun habe, als der gnaͤdigen Frau ihre Waͤſch- zeddel abzuſchreiben, den Verwalter einen Eſel zu heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie- fe in den gnaͤdigſten und freundlichſten Ausdruͤ- ckungen zu ſagen, daß ſie nicht bezahlt werden ſol- len. Jch glaube daher, Geſchicklichkeit genug zu haben, dieſem Amte vorzuſtehn, und ich will, mit Huͤlfe einer reichen Weſte, in dem Vorzimmer ſo wichtig thun, daß man glauben ſoll, Ew. Gna- den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen Frieden. Da ich weiß, Gnaͤdiger Herr, daß Sie zuweilen ein wenig hitzig ſind: ſo will ich ver- ſprechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner Schadloshaltung, ſo oft Sie in Jhrem Zimmer gegen mich hitzig ſind, im Vorzimmer gegen die- jenigen grob ſeyn darf, die weniger ſind, als ich, oder die bey Ew. Gnaden etwas zu ſuchen haben. Sie werden kein Bedenken finden, mir dieſes zu erlauben, da es in den meiſten Vorzimmern der kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden ſind, Mo- de iſt. Um den Gehalt werden wir uns verglei-
chen.
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><pbfacs="#f0206"n="178"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/><divtype="letter"><salute><hirendition="#fr">Gnaͤdiger Herr,</hi></salute><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>a Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma-<lb/>
chen, und um deswillen noͤthig finden, bey<lb/>
der uͤbrigen Equipage auch einen Sekretaͤr mit zu<lb/>
halten: ſo wuͤnſchte ich mir wohl, dieſe Stelle zu<lb/>
erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts<lb/>
zu thun habe, als der gnaͤdigen Frau ihre Waͤſch-<lb/>
zeddel abzuſchreiben, den Verwalter einen Eſel zu<lb/>
heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie-<lb/>
fe in den gnaͤdigſten und freundlichſten Ausdruͤ-<lb/>
ckungen zu ſagen, daß ſie nicht bezahlt werden ſol-<lb/>
len. Jch glaube daher, Geſchicklichkeit genug zu<lb/>
haben, dieſem Amte vorzuſtehn, und ich will, mit<lb/>
Huͤlfe einer reichen Weſte, in dem Vorzimmer ſo<lb/>
wichtig thun, daß man glauben ſoll, Ew. Gna-<lb/>
den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen<lb/>
Frieden. Da ich weiß, Gnaͤdiger Herr, daß<lb/>
Sie zuweilen ein wenig hitzig ſind: ſo will ich ver-<lb/>ſprechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn<lb/>
Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner<lb/>
Schadloshaltung, ſo oft Sie in Jhrem Zimmer<lb/>
gegen mich hitzig ſind, im Vorzimmer gegen die-<lb/>
jenigen grob ſeyn darf, die weniger ſind, als ich,<lb/>
oder die bey Ew. Gnaden etwas zu ſuchen haben.<lb/>
Sie werden kein Bedenken finden, mir dieſes zu<lb/>
erlauben, da es in den meiſten Vorzimmern der<lb/>
kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden ſind, Mo-<lb/>
de iſt. Um den Gehalt werden wir uns verglei-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">chen.</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[178/0206]
Satyriſche Briefe.
Gnaͤdiger Herr,
Da Ew. Gnd. die Mine einer Excellenz ma-
chen, und um deswillen noͤthig finden, bey
der uͤbrigen Equipage auch einen Sekretaͤr mit zu
halten: ſo wuͤnſchte ich mir wohl, dieſe Stelle zu
erlangen. Jch weiß, daß ich dabey weiter nichts
zu thun habe, als der gnaͤdigen Frau ihre Waͤſch-
zeddel abzuſchreiben, den Verwalter einen Eſel zu
heißen, und den Schuldleuten auf ihre Mahnbrie-
fe in den gnaͤdigſten und freundlichſten Ausdruͤ-
ckungen zu ſagen, daß ſie nicht bezahlt werden ſol-
len. Jch glaube daher, Geſchicklichkeit genug zu
haben, dieſem Amte vorzuſtehn, und ich will, mit
Huͤlfe einer reichen Weſte, in dem Vorzimmer ſo
wichtig thun, daß man glauben ſoll, Ew. Gna-
den arbeiteten in Jhrem Cabinette am allgemeinen
Frieden. Da ich weiß, Gnaͤdiger Herr, daß
Sie zuweilen ein wenig hitzig ſind: ſo will ich ver-
ſprechen, es mit aller Geduld auszuhalten, wenn
Sie mir erlauben wollen, daß ich zu meiner
Schadloshaltung, ſo oft Sie in Jhrem Zimmer
gegen mich hitzig ſind, im Vorzimmer gegen die-
jenigen grob ſeyn darf, die weniger ſind, als ich,
oder die bey Ew. Gnaden etwas zu ſuchen haben.
Sie werden kein Bedenken finden, mir dieſes zu
erlauben, da es in den meiſten Vorzimmern der
kleinen Potentaten, wie Ew. Gnaden ſind, Mo-
de iſt. Um den Gehalt werden wir uns verglei-
chen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/206>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.