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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
kel die unglücklichen Folgen eines übereilten, und
zu hitzigen Urtheils empfinden. Die Seufzer der
Nachwelt bewegen ihn schon itzt; er ist aufmerk-
sam, und unpartheyisch, damit nicht sein Anden-
ken noch in späten Jahren verflucht werde.

Wird es Sie nunmehr bald gereuen, Gnädiger
Herr, daß Sie auf den Einfall gekommen sind,
sich die Unwissenheit eines jungen Richters zu Nu-
tze zu machen? Ueberlegen Sie, was ich Jhnen
so aufrichtig geschrieben habe, und ändern Sie es
noch, wenn es möglich ist.

Niemand ist strenger, als ein junger Raths-
herr, der als Richter die galanten Sünden bestra-
fen soll, die er gestern selbst begieng, da er noch
nicht Rathsherr war; Niemand ist grimmiger,
als ein junger Officier, der in Friedenszeit zum
erstenmale vor den Augen seiner gnädigen Ma-
ma, und Fräulein Schwester commandirt; Nie-
mand ist partheyischer, als ein junger Commissar,
der zum erstenmale Gelegenheit sucht, zu zeigen, daß
er gerecht sey! Drey Geschöpfe, Gnädiger Herr,
vor denen ich alle meine Feinde warne! Jch werde
mich freuen, wenn ich erfahre, daß Sie meine
Freymüthigkeit nicht beleidigt hat. Jch hoffe die-
ses von Jhrer Freundschaft, und bin etc.



Jch

Satyriſche Briefe.
kel die ungluͤcklichen Folgen eines uͤbereilten, und
zu hitzigen Urtheils empfinden. Die Seufzer der
Nachwelt bewegen ihn ſchon itzt; er iſt aufmerk-
ſam, und unpartheyiſch, damit nicht ſein Anden-
ken noch in ſpaͤten Jahren verflucht werde.

Wird es Sie nunmehr bald gereuen, Gnaͤdiger
Herr, daß Sie auf den Einfall gekommen ſind,
ſich die Unwiſſenheit eines jungen Richters zu Nu-
tze zu machen? Ueberlegen Sie, was ich Jhnen
ſo aufrichtig geſchrieben habe, und aͤndern Sie es
noch, wenn es moͤglich iſt.

Niemand iſt ſtrenger, als ein junger Raths-
herr, der als Richter die galanten Suͤnden beſtra-
fen ſoll, die er geſtern ſelbſt begieng, da er noch
nicht Rathsherr war; Niemand iſt grimmiger,
als ein junger Officier, der in Friedenszeit zum
erſtenmale vor den Augen ſeiner gnaͤdigen Ma-
ma, und Fraͤulein Schweſter commandirt; Nie-
mand iſt partheyiſcher, als ein junger Commiſſar,
der zum erſtenmale Gelegenheit ſucht, zu zeigen, daß
er gerecht ſey! Drey Geſchoͤpfe, Gnaͤdiger Herr,
vor denen ich alle meine Feinde warne! Jch werde
mich freuen, wenn ich erfahre, daß Sie meine
Freymuͤthigkeit nicht beleidigt hat. Jch hoffe die-
ſes von Jhrer Freundſchaft, und bin ꝛc.



Jch
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[173/0201] Satyriſche Briefe. kel die ungluͤcklichen Folgen eines uͤbereilten, und zu hitzigen Urtheils empfinden. Die Seufzer der Nachwelt bewegen ihn ſchon itzt; er iſt aufmerk- ſam, und unpartheyiſch, damit nicht ſein Anden- ken noch in ſpaͤten Jahren verflucht werde. Wird es Sie nunmehr bald gereuen, Gnaͤdiger Herr, daß Sie auf den Einfall gekommen ſind, ſich die Unwiſſenheit eines jungen Richters zu Nu- tze zu machen? Ueberlegen Sie, was ich Jhnen ſo aufrichtig geſchrieben habe, und aͤndern Sie es noch, wenn es moͤglich iſt. Niemand iſt ſtrenger, als ein junger Raths- herr, der als Richter die galanten Suͤnden beſtra- fen ſoll, die er geſtern ſelbſt begieng, da er noch nicht Rathsherr war; Niemand iſt grimmiger, als ein junger Officier, der in Friedenszeit zum erſtenmale vor den Augen ſeiner gnaͤdigen Ma- ma, und Fraͤulein Schweſter commandirt; Nie- mand iſt partheyiſcher, als ein junger Commiſſar, der zum erſtenmale Gelegenheit ſucht, zu zeigen, daß er gerecht ſey! Drey Geſchoͤpfe, Gnaͤdiger Herr, vor denen ich alle meine Feinde warne! Jch werde mich freuen, wenn ich erfahre, daß Sie meine Freymuͤthigkeit nicht beleidigt hat. Jch hoffe die- ſes von Jhrer Freundſchaft, und bin ꝛc. Jch

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/201>, abgerufen am 27.11.2024.