"Da ich noch auf hohen Schulen war, und "die Welt nicht kannte, ließ ich mir das "Vorurtheil beybringen, es gehöre mit "unter die unbemerkten und verzehrenden Krank- "heiten eines Staats, wenn Privatpersonen, als "Besitzer von Dörfern und Landgütern, zu viel "Freyheit hätten, das Recht über ihre Bauern "unter dem Namen der Erbgerichte zu verwalten. "Dieser Wahrheit ein fürchterliches Ansehen zu "geben, stellte man die Möglichkeit vor, daß ein "Gerichtsherr ungerecht seyn könnte; daß der Un- "terthan durch diese Ungerechtigkeit, welche noch "immer den Schein einer Legalität hätte, nach "und nach entkräftet, und ausser den Stand ge- "setzt würde, dasjenige zu leisten, was er seinem "Fürsten schuldig wäre; daß ihm oft nicht Zeit "gelassen, oder daß es ihm doch sehr schwer ge- "macht würde, wenn er wider dergleichen Unter- "drückungen den Schutz der obern Richter anfle- "hen wollte. Man wollte angemerkt haben, daß "dergleichen öftere Zunöthigungen, und Un- "terdrückungen den Unterthanen trotzig und ver- "stockt machten; daß ihm alles verdächtig "sey, was man von ihm fodere, daß er sich "endlich auch in denjenigen Sachen widersetzlich "bezeige, die er und seine Vorfahren zu thun "schuldig gewesen. Der Schade von derglei- "chen Gewaltthätigkeiten falle mit der Zeit dem
Besi-
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Satyriſche Briefe.
„Da ich noch auf hohen Schulen war, und „die Welt nicht kannte, ließ ich mir das „Vorurtheil beybringen, es gehoͤre mit „unter die unbemerkten und verzehrenden Krank- „heiten eines Staats, wenn Privatperſonen, als „Beſitzer von Doͤrfern und Landguͤtern, zu viel „Freyheit haͤtten, das Recht uͤber ihre Bauern „unter dem Namen der Erbgerichte zu verwalten. „Dieſer Wahrheit ein fuͤrchterliches Anſehen zu „geben, ſtellte man die Moͤglichkeit vor, daß ein „Gerichtsherr ungerecht ſeyn koͤnnte; daß der Un- „terthan durch dieſe Ungerechtigkeit, welche noch „immer den Schein einer Legalitaͤt haͤtte, nach „und nach entkraͤftet, und auſſer den Stand ge- „ſetzt wuͤrde, dasjenige zu leiſten, was er ſeinem „Fuͤrſten ſchuldig waͤre; daß ihm oft nicht Zeit „gelaſſen, oder daß es ihm doch ſehr ſchwer ge- „macht wuͤrde, wenn er wider dergleichen Unter- „druͤckungen den Schutz der obern Richter anfle- „hen wollte. Man wollte angemerkt haben, daß „dergleichen oͤftere Zunoͤthigungen, und Un- „terdruͤckungen den Unterthanen trotzig und ver- „ſtockt machten; daß ihm alles verdaͤchtig „ſey, was man von ihm fodere, daß er ſich „endlich auch in denjenigen Sachen widerſetzlich „bezeige, die er und ſeine Vorfahren zu thun „ſchuldig geweſen. Der Schade von derglei- „chen Gewaltthaͤtigkeiten falle mit der Zeit dem
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Satyriſche Briefe.
„Da ich noch auf hohen Schulen war, und
„die Welt nicht kannte, ließ ich mir das
„Vorurtheil beybringen, es gehoͤre mit
„unter die unbemerkten und verzehrenden Krank-
„heiten eines Staats, wenn Privatperſonen, als
„Beſitzer von Doͤrfern und Landguͤtern, zu viel
„Freyheit haͤtten, das Recht uͤber ihre Bauern
„unter dem Namen der Erbgerichte zu verwalten.
„Dieſer Wahrheit ein fuͤrchterliches Anſehen zu
„geben, ſtellte man die Moͤglichkeit vor, daß ein
„Gerichtsherr ungerecht ſeyn koͤnnte; daß der Un-
„terthan durch dieſe Ungerechtigkeit, welche noch
„immer den Schein einer Legalitaͤt haͤtte, nach
„und nach entkraͤftet, und auſſer den Stand ge-
„ſetzt wuͤrde, dasjenige zu leiſten, was er ſeinem
„Fuͤrſten ſchuldig waͤre; daß ihm oft nicht Zeit
„gelaſſen, oder daß es ihm doch ſehr ſchwer ge-
„macht wuͤrde, wenn er wider dergleichen Unter-
„druͤckungen den Schutz der obern Richter anfle-
„hen wollte. Man wollte angemerkt haben, daß
„dergleichen oͤftere Zunoͤthigungen, und Un-
„terdruͤckungen den Unterthanen trotzig und ver-
„ſtockt machten; daß ihm alles verdaͤchtig
„ſey, was man von ihm fodere, daß er ſich
„endlich auch in denjenigen Sachen widerſetzlich
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/181>, abgerufen am 23.11.2024.
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