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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
ab, die mir nicht schwer ward, weil ich mich darauf
gefaßt gemacht hatte; bey dem zweyten erzählte er
mir den ganzen Umfang von seinem Amte, und
seufzte noch einmal darüber, daß er ein schweres
Amt hätte. Ein sehr vergebner Seufzer! Denn,
wenn es ihm schwer wird, so geschieht es gewiß nur
alsdann, wenn er Jemanden glücklich machen soll.
Und in diese Umstände setzt er sich sehr selten, oder
er muß wenigstens die Hälfte von dem Glücke zu
genießen haben. Bey dem dritten Glase rühmte
er die Gnade, die das Ministerium für ihn habe.
Das Canapee ward nicht vergessen. Bey dem
vierten Glase versicherte er mich seiner Freund-
schaft. Verlohnte diese Versichrung wohl die Mü-
he, vier Gläser sauern Landwein zu trinken? Jch
verbat mehrern Wein, und schützte den Gehorsam
vor, den ich meinem Arzte schuldig wäre, einen Ge-
horsam, von dem mein Arzt nichts weiß. Er be-
schäfftigte sich noch fast eine halbe Stunde mit sei-
ner Größe, und beschloß den letzten Aufzug mit ein
paar artigen Unflätereyen. Jch stund von mei-
nem Stuhle auf, und entflohe seinem Witze und
seinem Weine!

Hätten Sie mir wohl so viel Geduld zuge-
traut, Gnädiger Herr? Jn der That habe ich sie
gehabt, und habe sie eine Stunde lang mit Ver-
gnügen gehabt; dennoch will ich Jhnen nicht ra-
then, mir es nachzuthun. Da ich nicht in der ge-
ringsten Verbindung mit ihm, und mit seinem Amte

stehe,
K 4

Satyriſche Briefe.
ab, die mir nicht ſchwer ward, weil ich mich darauf
gefaßt gemacht hatte; bey dem zweyten erzaͤhlte er
mir den ganzen Umfang von ſeinem Amte, und
ſeufzte noch einmal daruͤber, daß er ein ſchweres
Amt haͤtte. Ein ſehr vergebner Seufzer! Denn,
wenn es ihm ſchwer wird, ſo geſchieht es gewiß nur
alsdann, wenn er Jemanden gluͤcklich machen ſoll.
Und in dieſe Umſtaͤnde ſetzt er ſich ſehr ſelten, oder
er muß wenigſtens die Haͤlfte von dem Gluͤcke zu
genießen haben. Bey dem dritten Glaſe ruͤhmte
er die Gnade, die das Miniſterium fuͤr ihn habe.
Das Canapee ward nicht vergeſſen. Bey dem
vierten Glaſe verſicherte er mich ſeiner Freund-
ſchaft. Verlohnte dieſe Verſichrung wohl die Muͤ-
he, vier Glaͤſer ſauern Landwein zu trinken? Jch
verbat mehrern Wein, und ſchuͤtzte den Gehorſam
vor, den ich meinem Arzte ſchuldig waͤre, einen Ge-
horſam, von dem mein Arzt nichts weiß. Er be-
ſchaͤfftigte ſich noch faſt eine halbe Stunde mit ſei-
ner Groͤße, und beſchloß den letzten Aufzug mit ein
paar artigen Unflaͤtereyen. Jch ſtund von mei-
nem Stuhle auf, und entflohe ſeinem Witze und
ſeinem Weine!

Haͤtten Sie mir wohl ſo viel Geduld zuge-
traut, Gnaͤdiger Herr? Jn der That habe ich ſie
gehabt, und habe ſie eine Stunde lang mit Ver-
gnuͤgen gehabt; dennoch will ich Jhnen nicht ra-
then, mir es nachzuthun. Da ich nicht in der ge-
ringſten Verbindung mit ihm, und mit ſeinem Amte

ſtehe,
K 4
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[151/0179] Satyriſche Briefe. ab, die mir nicht ſchwer ward, weil ich mich darauf gefaßt gemacht hatte; bey dem zweyten erzaͤhlte er mir den ganzen Umfang von ſeinem Amte, und ſeufzte noch einmal daruͤber, daß er ein ſchweres Amt haͤtte. Ein ſehr vergebner Seufzer! Denn, wenn es ihm ſchwer wird, ſo geſchieht es gewiß nur alsdann, wenn er Jemanden gluͤcklich machen ſoll. Und in dieſe Umſtaͤnde ſetzt er ſich ſehr ſelten, oder er muß wenigſtens die Haͤlfte von dem Gluͤcke zu genießen haben. Bey dem dritten Glaſe ruͤhmte er die Gnade, die das Miniſterium fuͤr ihn habe. Das Canapee ward nicht vergeſſen. Bey dem vierten Glaſe verſicherte er mich ſeiner Freund- ſchaft. Verlohnte dieſe Verſichrung wohl die Muͤ- he, vier Glaͤſer ſauern Landwein zu trinken? Jch verbat mehrern Wein, und ſchuͤtzte den Gehorſam vor, den ich meinem Arzte ſchuldig waͤre, einen Ge- horſam, von dem mein Arzt nichts weiß. Er be- ſchaͤfftigte ſich noch faſt eine halbe Stunde mit ſei- ner Groͤße, und beſchloß den letzten Aufzug mit ein paar artigen Unflaͤtereyen. Jch ſtund von mei- nem Stuhle auf, und entflohe ſeinem Witze und ſeinem Weine! Haͤtten Sie mir wohl ſo viel Geduld zuge- traut, Gnaͤdiger Herr? Jn der That habe ich ſie gehabt, und habe ſie eine Stunde lang mit Ver- gnuͤgen gehabt; dennoch will ich Jhnen nicht ra- then, mir es nachzuthun. Da ich nicht in der ge- ringſten Verbindung mit ihm, und mit ſeinem Amte ſtehe, K 4

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/179>, abgerufen am 23.11.2024.