"Weil ich einmal auf dem Wege bin, meine "Belesenheit in den Schriften der alten "Griechen blicken zu lassen: so will ich "nachstehende zween Briefe des Alciphrons ein- "rücken. (*)
"Um sie unsern Zeiten ähnlicher zu machen, so "habe ich sie nach Art der neuern Franzosen, und "besonders des Herrn Prevot, so frey übersetzt, "daß sie dem Originale fast gar nicht mehr ähnlich "sind. Die Gewaltthätigkeit, die man auf diese "Art an den Schriften andrer ausübt, würde oh- "ne das entscheidende Beyspiel der witzigen Fran- "zosen etwas unverantwortliches seyn. Jch be- "halte mir vor, den Nutzen davon bey einer andern "Gelegenheit zu zeigen; itzt muß ich nur so viel er- "innern, daß ich mich bey dieser Freyheit unge- "mein wohl, und bequem befunden habe.
"Da ich diese Erklärung vorgesetzt habe, so "will ich hoffen, daß ich gegen die voreilige Weis- "heit eines eigensinnigen Kunstrichters gesichert seyn "werde. Jch werde mir die Mühe nicht geben, es "zu beantworten, wenn man mir vorwirft, daß es "unter den Griechen Männer gegeben hätte, wel- "che mit der ganzen Welt zu frieden gewesen wä-
ren,
(*)Alciphr. libr. 1. Ep. 11. 12. p. m. 23.
J 5
Satyriſche Briefe.
„Weil ich einmal auf dem Wege bin, meine „Beleſenheit in den Schriften der alten „Griechen blicken zu laſſen: ſo will ich „nachſtehende zween Briefe des Alciphrons ein- „ruͤcken. (*)
„Um ſie unſern Zeiten aͤhnlicher zu machen, ſo „habe ich ſie nach Art der neuern Franzoſen, und „beſonders des Herrn Prevot, ſo frey uͤberſetzt, „daß ſie dem Originale faſt gar nicht mehr aͤhnlich „ſind. Die Gewaltthaͤtigkeit, die man auf dieſe „Art an den Schriften andrer ausuͤbt, wuͤrde oh- „ne das entſcheidende Beyſpiel der witzigen Fran- „zoſen etwas unverantwortliches ſeyn. Jch be- „halte mir vor, den Nutzen davon bey einer andern „Gelegenheit zu zeigen; itzt muß ich nur ſo viel er- „innern, daß ich mich bey dieſer Freyheit unge- „mein wohl, und bequem befunden habe.
„Da ich dieſe Erklaͤrung vorgeſetzt habe, ſo „will ich hoffen, daß ich gegen die voreilige Weis- „heit eines eigenſinnigen Kunſtrichters geſichert ſeyn „werde. Jch werde mir die Muͤhe nicht geben, es „zu beantworten, wenn man mir vorwirft, daß es „unter den Griechen Maͤnner gegeben haͤtte, wel- „che mit der ganzen Welt zu frieden geweſen waͤ-
ren,
(*)Alciphr. libr. 1. Ep. 11. 12. p. m. 23.
J 5
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0166"n="138"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>„<hirendition="#in">W</hi>eil ich einmal auf dem Wege bin, meine<lb/>„Beleſenheit in den Schriften der alten<lb/>„Griechen blicken zu laſſen: ſo will ich<lb/>„nachſtehende zween Briefe des Alciphrons ein-<lb/>„ruͤcken. <noteplace="foot"n="(*)"><hirendition="#aq">Alciphr. libr. 1. Ep. 11. 12. p. m.</hi> 23.</note></p><lb/><p>„Um ſie unſern Zeiten aͤhnlicher zu machen, ſo<lb/>„habe ich ſie nach Art der neuern Franzoſen, und<lb/>„beſonders des Herrn Prevot, ſo frey uͤberſetzt,<lb/>„daß ſie dem Originale faſt gar nicht mehr aͤhnlich<lb/>„ſind. Die Gewaltthaͤtigkeit, die man auf dieſe<lb/>„Art an den Schriften andrer ausuͤbt, wuͤrde oh-<lb/>„ne das entſcheidende Beyſpiel der witzigen Fran-<lb/>„zoſen etwas unverantwortliches ſeyn. Jch be-<lb/>„halte mir vor, den Nutzen davon bey einer andern<lb/>„Gelegenheit zu zeigen; itzt muß ich nur ſo viel er-<lb/>„innern, daß ich mich bey dieſer Freyheit unge-<lb/>„mein wohl, und bequem befunden habe.</p><lb/><p>„Da ich dieſe Erklaͤrung vorgeſetzt habe, ſo<lb/>„will ich hoffen, daß ich gegen die voreilige Weis-<lb/>„heit eines eigenſinnigen Kunſtrichters geſichert ſeyn<lb/>„werde. Jch werde mir die Muͤhe nicht geben, es<lb/>„zu beantworten, wenn man mir vorwirft, daß es<lb/>„unter den Griechen Maͤnner gegeben haͤtte, wel-<lb/>„che mit der ganzen Welt zu frieden geweſen waͤ-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">ren,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[138/0166]
Satyriſche Briefe.
„Weil ich einmal auf dem Wege bin, meine
„Beleſenheit in den Schriften der alten
„Griechen blicken zu laſſen: ſo will ich
„nachſtehende zween Briefe des Alciphrons ein-
„ruͤcken. (*)
„Um ſie unſern Zeiten aͤhnlicher zu machen, ſo
„habe ich ſie nach Art der neuern Franzoſen, und
„beſonders des Herrn Prevot, ſo frey uͤberſetzt,
„daß ſie dem Originale faſt gar nicht mehr aͤhnlich
„ſind. Die Gewaltthaͤtigkeit, die man auf dieſe
„Art an den Schriften andrer ausuͤbt, wuͤrde oh-
„ne das entſcheidende Beyſpiel der witzigen Fran-
„zoſen etwas unverantwortliches ſeyn. Jch be-
„halte mir vor, den Nutzen davon bey einer andern
„Gelegenheit zu zeigen; itzt muß ich nur ſo viel er-
„innern, daß ich mich bey dieſer Freyheit unge-
„mein wohl, und bequem befunden habe.
„Da ich dieſe Erklaͤrung vorgeſetzt habe, ſo
„will ich hoffen, daß ich gegen die voreilige Weis-
„heit eines eigenſinnigen Kunſtrichters geſichert ſeyn
„werde. Jch werde mir die Muͤhe nicht geben, es
„zu beantworten, wenn man mir vorwirft, daß es
„unter den Griechen Maͤnner gegeben haͤtte, wel-
„che mit der ganzen Welt zu frieden geweſen waͤ-
ren,
(*) Alciphr. libr. 1. Ep. 11. 12. p. m. 23.
J 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/166>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.