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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
besser, als ich, daß der Mangel dieser beiden
Kleinigkeiten mich nicht unfähig macht, dem
Amte, das ich suche, würdig vorzustehen. Zwe-
en unter uns können allemal Verstand und Ge-
lehrsamkeit sicher entbehren, wenn nur der drit-
te zugleich in unserm Namen verständig, ge-
lehrt, und fleißig ist. Man hat mich versi-
chert, daß dieses Verhältniß fast in allen Aem-
tern gemein sey. Jch hoffe, man wird
in unsrer Stadt von den Sitten unsrer Vor-
fahren, und den allgemeinen Gewohnheiten nicht
abgehn. Glauben Sie, Madame, es ist für
die Stadt allemal vorträglicher, wenn ihre Vä-
ter weniger gelehrt, und besser gebaut sind.
Das Ansehen eines starken Körpers bringt beym
Volke eine Hochachtung zu wege, die derjenige,
welcher zwar verständig und gelehrt, aber so
wohl nicht gewachsen ist, nur selten erlangt.
Durch Ansehen und Hochachtung aber wird
das Volk regiert, und die Gerechtigkeit ge-
handhabt. Es giebt gewisse Fälle, wo der
Rath paradiren muß, und wo man durch ei-
ne Garnitur wohlgewachsner Rathsherren mehr
Beyfall und Vortheil erlangt, als durch den
pedantischen Troß derjenigen, die incognito,
und zugleich für uns, verständig und fleißig
seyn müssen. Dieses sind die Fälle, Madame,
wo ich hoffe, meinem Vaterlande dienen zu
können, und wo ich vor Eifer brenne, es zu
thun. Jch will meinen Stuhl wohl füllen,

und

Satyriſche Briefe.
beſſer, als ich, daß der Mangel dieſer beiden
Kleinigkeiten mich nicht unfaͤhig macht, dem
Amte, das ich ſuche, wuͤrdig vorzuſtehen. Zwe-
en unter uns koͤnnen allemal Verſtand und Ge-
lehrſamkeit ſicher entbehren, wenn nur der drit-
te zugleich in unſerm Namen verſtaͤndig, ge-
lehrt, und fleißig iſt. Man hat mich verſi-
chert, daß dieſes Verhaͤltniß faſt in allen Aem-
tern gemein ſey. Jch hoffe, man wird
in unſrer Stadt von den Sitten unſrer Vor-
fahren, und den allgemeinen Gewohnheiten nicht
abgehn. Glauben Sie, Madame, es iſt fuͤr
die Stadt allemal vortraͤglicher, wenn ihre Vaͤ-
ter weniger gelehrt, und beſſer gebaut ſind.
Das Anſehen eines ſtarken Koͤrpers bringt beym
Volke eine Hochachtung zu wege, die derjenige,
welcher zwar verſtaͤndig und gelehrt, aber ſo
wohl nicht gewachſen iſt, nur ſelten erlangt.
Durch Anſehen und Hochachtung aber wird
das Volk regiert, und die Gerechtigkeit ge-
handhabt. Es giebt gewiſſe Faͤlle, wo der
Rath paradiren muß, und wo man durch ei-
ne Garnitur wohlgewachſner Rathsherren mehr
Beyfall und Vortheil erlangt, als durch den
pedantiſchen Troß derjenigen, die incognito,
und zugleich fuͤr uns, verſtaͤndig und fleißig
ſeyn muͤſſen. Dieſes ſind die Faͤlle, Madame,
wo ich hoffe, meinem Vaterlande dienen zu
koͤnnen, und wo ich vor Eifer brenne, es zu
thun. Jch will meinen Stuhl wohl fuͤllen,

und
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[136/0164] Satyriſche Briefe. beſſer, als ich, daß der Mangel dieſer beiden Kleinigkeiten mich nicht unfaͤhig macht, dem Amte, das ich ſuche, wuͤrdig vorzuſtehen. Zwe- en unter uns koͤnnen allemal Verſtand und Ge- lehrſamkeit ſicher entbehren, wenn nur der drit- te zugleich in unſerm Namen verſtaͤndig, ge- lehrt, und fleißig iſt. Man hat mich verſi- chert, daß dieſes Verhaͤltniß faſt in allen Aem- tern gemein ſey. Jch hoffe, man wird in unſrer Stadt von den Sitten unſrer Vor- fahren, und den allgemeinen Gewohnheiten nicht abgehn. Glauben Sie, Madame, es iſt fuͤr die Stadt allemal vortraͤglicher, wenn ihre Vaͤ- ter weniger gelehrt, und beſſer gebaut ſind. Das Anſehen eines ſtarken Koͤrpers bringt beym Volke eine Hochachtung zu wege, die derjenige, welcher zwar verſtaͤndig und gelehrt, aber ſo wohl nicht gewachſen iſt, nur ſelten erlangt. Durch Anſehen und Hochachtung aber wird das Volk regiert, und die Gerechtigkeit ge- handhabt. Es giebt gewiſſe Faͤlle, wo der Rath paradiren muß, und wo man durch ei- ne Garnitur wohlgewachſner Rathsherren mehr Beyfall und Vortheil erlangt, als durch den pedantiſchen Troß derjenigen, die incognito, und zugleich fuͤr uns, verſtaͤndig und fleißig ſeyn muͤſſen. Dieſes ſind die Faͤlle, Madame, wo ich hoffe, meinem Vaterlande dienen zu koͤnnen, und wo ich vor Eifer brenne, es zu thun. Jch will meinen Stuhl wohl fuͤllen, und

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/164>, abgerufen am 24.11.2024.