[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.Satyrische Briefe. "zu entschuldigen, die sie unternehmen, einen so"unpartheyischen und gerechten Mann zu blenden. "Ein Richter, welcher sich seine Leidenschaften zu "sehr merken läßt, welcher die Gerechtigkeit dem "ersten dem besten, der darauf bietet, für ein gerin- "ges Geld zuschlägt; ein solcher Richter ist selbst "Ursache, wenn der Werth seiner Waare fällt. "Ordentlicher Weise bekömmt man für ein Dutzend "Dukaten so gar viel Gerechtigkeit eben nicht: wie "kann es nun ein solcher Mann bey seinen Colle- "gen, und bey den Nachkommen verantworten, "wenn ihm schon von einem einzigen Dukaten Hö- "ren und Sehen vergeht? "Mit dieser Regel ist noch eine andre sehr ge- so
Satyriſche Briefe. „zu entſchuldigen, die ſie unternehmen, einen ſo„unpartheyiſchen und gerechten Mann zu blenden. „Ein Richter, welcher ſich ſeine Leidenſchaften zu „ſehr merken laͤßt, welcher die Gerechtigkeit dem „erſten dem beſten, der darauf bietet, fuͤr ein gerin- „ges Geld zuſchlaͤgt; ein ſolcher Richter iſt ſelbſt „Urſache, wenn der Werth ſeiner Waare faͤllt. „Ordentlicher Weiſe bekoͤmmt man fuͤr ein Dutzend „Dukaten ſo gar viel Gerechtigkeit eben nicht: wie „kann es nun ein ſolcher Mann bey ſeinen Colle- „gen, und bey den Nachkommen verantworten, „wenn ihm ſchon von einem einzigen Dukaten Hoͤ- „ren und Sehen vergeht? „Mit dieſer Regel iſt noch eine andre ſehr ge- ſo
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Satyriſche Briefe.
„zu entſchuldigen, die ſie unternehmen, einen ſo
„unpartheyiſchen und gerechten Mann zu blenden.
„Ein Richter, welcher ſich ſeine Leidenſchaften zu
„ſehr merken laͤßt, welcher die Gerechtigkeit dem
„erſten dem beſten, der darauf bietet, fuͤr ein gerin-
„ges Geld zuſchlaͤgt; ein ſolcher Richter iſt ſelbſt
„Urſache, wenn der Werth ſeiner Waare faͤllt.
„Ordentlicher Weiſe bekoͤmmt man fuͤr ein Dutzend
„Dukaten ſo gar viel Gerechtigkeit eben nicht: wie
„kann es nun ein ſolcher Mann bey ſeinen Colle-
„gen, und bey den Nachkommen verantworten,
„wenn ihm ſchon von einem einzigen Dukaten Hoͤ-
„ren und Sehen vergeht?
„Mit dieſer Regel iſt noch eine andre ſehr ge-
„nau verwandt, welche befiehlt, daß man von den
„Armen nichts, von den Reichen deſto mehr neh-
„men ſoll. Sie folgt aus eben dem Grundſatze, aus
„welchem ich die vorhergehende hergeleitet habe,
„und hat auſſerdem noch einen doppelten Nutzen.
„Dadurch, daß ich dem Armen die nichtswurdigen
„Kleinigkeiten, ſo er mir anbietet, mit einer freund-
„lichen und mitleidigen Mine wieder zuruͤck gebe,
„erheichle ich mir den Ruhm eines frommen Rich-
„ters. Den elenden Gulden, den ich dem armen
„und nothduͤrftigen Clienten zuruͤck gebe, traͤgt
„er mit Thraͤnen und Freuden nach Hauſe, er wird
„nicht ruhen, bis die ganze Nachbarſchaft unſre
„Großmuth erfaͤhrt, und gewinnt er auch nun-
„mehr ſeinen Proceß nicht, wie er ihn natuͤrlicher
„Weiſe nicht gewinnen kann, da er ein Armer iſt:
ſo
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