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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.

"Jn denjenigen Gerichtsstuben, wo die De-
"mokratie eingeführt ist, und wo ein Jeder, von
"dem Thürsteher an bis zu dem Richter, sein
"Votum hat; da ist für die Partheyen allerdings
"eine sehr kostbare Gerechtigkeit. Es gehört Ge-
"duld und Geld dazu, wer hier zu seinem End-
"zwecke kommen will. Ein Jeder will an den
"Partheyen saugen. Bey solchen Gelegenheiten
"muß man es machen, wie Taubmann, dem der
"Fürstliche Hof verbothen war, und zwar unter
"der Bedrohung, daß man ihn mit Hunden hin-
"aus hetzen würde. Er wagte es doch, er ließ
"für jeden Hund, der ihn anfiel, einen Hasen
"laufen, und kam endlich durch diese List zum Für-
"sten, wo er die Sache erlangte, die er wünschte.
"Es ist also hier nichts zu thun, als daß man sich
"in die Zeit, und in den Ort schickt. Wenn der
"gut fährt, der gut schmiert, wie der gemeine
"Mann spricht: wie gut muß der fahren, der
"so viele schmiert! Besondre Regeln, wie man
"sich in diesem Falle zu verhalten habe, lassen sich
"nicht geben. Die Hauptregeln sind schon im
"vorhergehenden von mir angeführt worden, und
"diese beobachtet man auch in dem gegenwärti-
"gen Falle.

"Dieses wären also die wichtigsten Vorschrif-
"ten von der Kunst zu bestechen. Jch mag
"nicht weitläuftiger seyn, da ich weiter nichts

habe
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Satyriſche Briefe.

„Jn denjenigen Gerichtsſtuben, wo die De-
„mokratie eingefuͤhrt iſt, und wo ein Jeder, von
„dem Thuͤrſteher an bis zu dem Richter, ſein
„Votum hat; da iſt fuͤr die Partheyen allerdings
„eine ſehr koſtbare Gerechtigkeit. Es gehoͤrt Ge-
„duld und Geld dazu, wer hier zu ſeinem End-
„zwecke kommen will. Ein Jeder will an den
„Partheyen ſaugen. Bey ſolchen Gelegenheiten
„muß man es machen, wie Taubmann, dem der
„Fuͤrſtliche Hof verbothen war, und zwar unter
„der Bedrohung, daß man ihn mit Hunden hin-
„aus hetzen wuͤrde. Er wagte es doch, er ließ
„fuͤr jeden Hund, der ihn anfiel, einen Haſen
„laufen, und kam endlich durch dieſe Liſt zum Fuͤr-
„ſten, wo er die Sache erlangte, die er wuͤnſchte.
„Es iſt alſo hier nichts zu thun, als daß man ſich
„in die Zeit, und in den Ort ſchickt. Wenn der
„gut faͤhrt, der gut ſchmiert, wie der gemeine
„Mann ſpricht: wie gut muß der fahren, der
„ſo viele ſchmiert! Beſondre Regeln, wie man
„ſich in dieſem Falle zu verhalten habe, laſſen ſich
„nicht geben. Die Hauptregeln ſind ſchon im
„vorhergehenden von mir angefuͤhrt worden, und
„dieſe beobachtet man auch in dem gegenwaͤrti-
„gen Falle.

„Dieſes waͤren alſo die wichtigſten Vorſchrif-
„ten von der Kunſt zu beſtechen. Jch mag
„nicht weitlaͤuftiger ſeyn, da ich weiter nichts

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[121/0149] Satyriſche Briefe. „Jn denjenigen Gerichtsſtuben, wo die De- „mokratie eingefuͤhrt iſt, und wo ein Jeder, von „dem Thuͤrſteher an bis zu dem Richter, ſein „Votum hat; da iſt fuͤr die Partheyen allerdings „eine ſehr koſtbare Gerechtigkeit. Es gehoͤrt Ge- „duld und Geld dazu, wer hier zu ſeinem End- „zwecke kommen will. Ein Jeder will an den „Partheyen ſaugen. Bey ſolchen Gelegenheiten „muß man es machen, wie Taubmann, dem der „Fuͤrſtliche Hof verbothen war, und zwar unter „der Bedrohung, daß man ihn mit Hunden hin- „aus hetzen wuͤrde. Er wagte es doch, er ließ „fuͤr jeden Hund, der ihn anfiel, einen Haſen „laufen, und kam endlich durch dieſe Liſt zum Fuͤr- „ſten, wo er die Sache erlangte, die er wuͤnſchte. „Es iſt alſo hier nichts zu thun, als daß man ſich „in die Zeit, und in den Ort ſchickt. Wenn der „gut faͤhrt, der gut ſchmiert, wie der gemeine „Mann ſpricht: wie gut muß der fahren, der „ſo viele ſchmiert! Beſondre Regeln, wie man „ſich in dieſem Falle zu verhalten habe, laſſen ſich „nicht geben. Die Hauptregeln ſind ſchon im „vorhergehenden von mir angefuͤhrt worden, und „dieſe beobachtet man auch in dem gegenwaͤrti- „gen Falle. „Dieſes waͤren alſo die wichtigſten Vorſchrif- „ten von der Kunſt zu beſtechen. Jch mag „nicht weitlaͤuftiger ſeyn, da ich weiter nichts habe H 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/149>, abgerufen am 23.11.2024.