"besser, unser Vortheil ist doppelt. Sieht sie häß- "lich aus, wer kann sich helfen; man drücke die "Augen fest zu, und verläugne seine Empfindungen. "Wie viel leidet ein Mensch nicht, sein Glück zu "machen!
"Weil ich angefangen habe, alle meine Sätze "durch Briefe zu erläutern: so will ich es auch "hier thun. Man wird aus einem ieden dieser "Briefe sehen, in welchem Falle er zu gebrauchen "ist; ich habe nicht nöthig, es darüber zu "schreiben."
Madame,
Sie haben völlig Recht, die Eitelkeit dieser Frau ist ganz unerträglich. Sollte man wohl glau- ben, daß diese Prinzessinn die Frau eines Mannes sey, der mich um sechshundert Thaler ungerechter Weise verklagt, und der so ängstlich thun kann, als wenn er mit Weib und Kinde verhungern müßte, wenn ihm nicht schleuniges Recht wider mich verschafft würde? Jch habe mich gestern er- kundiget, wie viel die Elle von den Spitzen koste, mit denen sie sich am Sonntage in Jhrer Gesellschaft so brüstete. Wie viel meynen Sie wohl, Mada- me? Sie werden es kaum glauben. Jch bin so glücklich gewesen, noch acht Ellen von dieser Sor- te aufzutreiben. Erlauben Sie mir, daß ich
Jhnen
Satyriſche Briefe.
„beſſer, unſer Vortheil iſt doppelt. Sieht ſie haͤß- „lich aus, wer kann ſich helfen; man druͤcke die „Augen feſt zu, und verlaͤugne ſeine Empfindungen. „Wie viel leidet ein Menſch nicht, ſein Gluͤck zu „machen!
„Weil ich angefangen habe, alle meine Saͤtze „durch Briefe zu erlaͤutern: ſo will ich es auch „hier thun. Man wird aus einem ieden dieſer „Briefe ſehen, in welchem Falle er zu gebrauchen „iſt; ich habe nicht noͤthig, es daruͤber zu „ſchreiben.„
Madame,
Sie haben voͤllig Recht, die Eitelkeit dieſer Frau iſt ganz unertraͤglich. Sollte man wohl glau- ben, daß dieſe Prinzeſſinn die Frau eines Mannes ſey, der mich um ſechshundert Thaler ungerechter Weiſe verklagt, und der ſo aͤngſtlich thun kann, als wenn er mit Weib und Kinde verhungern muͤßte, wenn ihm nicht ſchleuniges Recht wider mich verſchafft wuͤrde? Jch habe mich geſtern er- kundiget, wie viel die Elle von den Spitzen koſte, mit denen ſie ſich am Sonntage in Jhrer Geſellſchaft ſo bruͤſtete. Wie viel meynen Sie wohl, Mada- me? Sie werden es kaum glauben. Jch bin ſo gluͤcklich geweſen, noch acht Ellen von dieſer Sor- te aufzutreiben. Erlauben Sie mir, daß ich
Jhnen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0139"n="111"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/>„beſſer, unſer Vortheil iſt doppelt. Sieht ſie haͤß-<lb/>„lich aus, wer kann ſich helfen; man druͤcke die<lb/>„Augen feſt zu, und verlaͤugne ſeine Empfindungen.<lb/>„Wie viel leidet ein Menſch nicht, ſein Gluͤck zu<lb/>„machen!</p><lb/><p>„Weil ich angefangen habe, alle meine Saͤtze<lb/>„durch Briefe zu erlaͤutern: ſo will ich es auch<lb/>„hier thun. Man wird aus einem ieden dieſer<lb/>„Briefe ſehen, in welchem Falle er zu gebrauchen<lb/>„iſt; ich habe nicht noͤthig, es daruͤber zu<lb/>„ſchreiben.„</p><lb/><floatingText><body><divtype="letter"><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Madame,</hi></hi></salute><lb/><p><hirendition="#in">S</hi>ie haben voͤllig Recht, die Eitelkeit dieſer Frau<lb/>
iſt ganz unertraͤglich. Sollte man wohl glau-<lb/>
ben, daß dieſe Prinzeſſinn die Frau eines Mannes<lb/>ſey, der mich um ſechshundert Thaler ungerechter<lb/>
Weiſe verklagt, und der ſo aͤngſtlich thun kann,<lb/>
als wenn er mit Weib und Kinde verhungern<lb/>
muͤßte, wenn ihm nicht ſchleuniges Recht wider<lb/>
mich verſchafft wuͤrde? Jch habe mich geſtern er-<lb/>
kundiget, wie viel die Elle von den Spitzen koſte,<lb/>
mit denen ſie ſich am Sonntage in Jhrer Geſellſchaft<lb/>ſo bruͤſtete. Wie viel meynen Sie wohl, Mada-<lb/>
me? Sie werden es kaum glauben. Jch bin ſo<lb/>
gluͤcklich geweſen, noch acht Ellen von dieſer Sor-<lb/>
te aufzutreiben. Erlauben Sie mir, daß ich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jhnen</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[111/0139]
Satyriſche Briefe.
„beſſer, unſer Vortheil iſt doppelt. Sieht ſie haͤß-
„lich aus, wer kann ſich helfen; man druͤcke die
„Augen feſt zu, und verlaͤugne ſeine Empfindungen.
„Wie viel leidet ein Menſch nicht, ſein Gluͤck zu
„machen!
„Weil ich angefangen habe, alle meine Saͤtze
„durch Briefe zu erlaͤutern: ſo will ich es auch
„hier thun. Man wird aus einem ieden dieſer
„Briefe ſehen, in welchem Falle er zu gebrauchen
„iſt; ich habe nicht noͤthig, es daruͤber zu
„ſchreiben.„
Madame,
Sie haben voͤllig Recht, die Eitelkeit dieſer Frau
iſt ganz unertraͤglich. Sollte man wohl glau-
ben, daß dieſe Prinzeſſinn die Frau eines Mannes
ſey, der mich um ſechshundert Thaler ungerechter
Weiſe verklagt, und der ſo aͤngſtlich thun kann,
als wenn er mit Weib und Kinde verhungern
muͤßte, wenn ihm nicht ſchleuniges Recht wider
mich verſchafft wuͤrde? Jch habe mich geſtern er-
kundiget, wie viel die Elle von den Spitzen koſte,
mit denen ſie ſich am Sonntage in Jhrer Geſellſchaft
ſo bruͤſtete. Wie viel meynen Sie wohl, Mada-
me? Sie werden es kaum glauben. Jch bin ſo
gluͤcklich geweſen, noch acht Ellen von dieſer Sor-
te aufzutreiben. Erlauben Sie mir, daß ich
Jhnen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/139>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.