[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.Satyrische Briefe. soll erstechen lassen. Dieses aber wird wohl nichtwider die peinliche Halsgerichtsordnung seyn, daß ich in seinem Hause meinen Besuch im Schlaf- pelze, und in Pantoffeln abgelegt habe. Meine Pflicht erfoderte, daß ich eine unschuldige Frau den Händen ihres rasenden Mannes entriß, und sie so lange in mein Haus nahm, bis ich sie mit anbrechendem Tage dem Schutze ihrer Aeltern überlassen konnte. Jhre alte fromme und recht- schaffne Verwandte kann alles, was ich sage, be- zeugen. Sie liegt noch bis itzt auf ihren Knien, und fleht den Himmel an, daß er dem armen Manne seinen verlohrnen Verstand wieder schen- ken wolle. Sehn Sie, Hochgeehrter Herr Stadtrichter, gung G 4
Satyriſche Briefe. ſoll erſtechen laſſen. Dieſes aber wird wohl nichtwider die peinliche Halsgerichtsordnung ſeyn, daß ich in ſeinem Hauſe meinen Beſuch im Schlaf- pelze, und in Pantoffeln abgelegt habe. Meine Pflicht erfoderte, daß ich eine unſchuldige Frau den Haͤnden ihres raſenden Mannes entriß, und ſie ſo lange in mein Haus nahm, bis ich ſie mit anbrechendem Tage dem Schutze ihrer Aeltern uͤberlaſſen konnte. Jhre alte fromme und recht- ſchaffne Verwandte kann alles, was ich ſage, be- zeugen. Sie liegt noch bis itzt auf ihren Knien, und fleht den Himmel an, daß er dem armen Manne ſeinen verlohrnen Verſtand wieder ſchen- ken wolle. Sehn Sie, Hochgeehrter Herr Stadtrichter, gung G 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0131" n="103"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/> ſoll erſtechen laſſen. Dieſes aber wird wohl nicht<lb/> wider die peinliche Halsgerichtsordnung ſeyn, daß<lb/> ich in ſeinem Hauſe meinen Beſuch im Schlaf-<lb/> pelze, und in Pantoffeln abgelegt habe. Meine<lb/> Pflicht erfoderte, daß ich eine unſchuldige Frau<lb/> den Haͤnden ihres raſenden Mannes entriß, und<lb/> ſie ſo lange in mein Haus nahm, bis ich ſie mit<lb/> anbrechendem Tage dem Schutze ihrer Aeltern<lb/> uͤberlaſſen konnte. Jhre alte fromme und recht-<lb/> ſchaffne Verwandte kann alles, was ich ſage, be-<lb/> zeugen. Sie liegt noch bis itzt auf ihren Knien,<lb/> und fleht den Himmel an, daß er dem armen<lb/> Manne ſeinen verlohrnen Verſtand wieder ſchen-<lb/> ken wolle.</p><lb/> <p>Sehn Sie, Hochgeehrter Herr Stadtrichter,<lb/> das iſt der eigentliche und wahre Verlauf der Sa-<lb/> che. Muß der Mann nicht unſinnig ſeyn, daß er<lb/> uͤber dieſe Kleinigkeiten ſolche Bewegung macht,<lb/> die Obrigkeit wider mich aufzubringen ſucht, und<lb/> ſo vieles Geld dran ſetzen will, ein gerichtlicher<lb/> Hahnrey zu werden. Jch bin allemal im Stande,<lb/> mich zu rechtfertigen; allein die Freundſchaft ge-<lb/> gen dieſen unſinnigen, die Hochachtung fuͤr ſeine<lb/> unſchuldig gekraͤnkte Frau, und das Verlangen,<lb/> ruhig zu ſeyn, iſt Urſache, daß ich wuͤnſche ohne<lb/> Weitlaͤuftigkeit aus der Sache zu kommen. Jch<lb/> weiß, mein Herr, wie viel Sie uͤber ihn vermoͤ-<lb/> gen. Reden Sie ihm, als Freund und als Rich-<lb/> ter, zu, daß er anſteht, ſeine eingebildete Beleidi-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G 4</fw><fw place="bottom" type="catch">gung</fw><lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [103/0131]
Satyriſche Briefe.
ſoll erſtechen laſſen. Dieſes aber wird wohl nicht
wider die peinliche Halsgerichtsordnung ſeyn, daß
ich in ſeinem Hauſe meinen Beſuch im Schlaf-
pelze, und in Pantoffeln abgelegt habe. Meine
Pflicht erfoderte, daß ich eine unſchuldige Frau
den Haͤnden ihres raſenden Mannes entriß, und
ſie ſo lange in mein Haus nahm, bis ich ſie mit
anbrechendem Tage dem Schutze ihrer Aeltern
uͤberlaſſen konnte. Jhre alte fromme und recht-
ſchaffne Verwandte kann alles, was ich ſage, be-
zeugen. Sie liegt noch bis itzt auf ihren Knien,
und fleht den Himmel an, daß er dem armen
Manne ſeinen verlohrnen Verſtand wieder ſchen-
ken wolle.
Sehn Sie, Hochgeehrter Herr Stadtrichter,
das iſt der eigentliche und wahre Verlauf der Sa-
che. Muß der Mann nicht unſinnig ſeyn, daß er
uͤber dieſe Kleinigkeiten ſolche Bewegung macht,
die Obrigkeit wider mich aufzubringen ſucht, und
ſo vieles Geld dran ſetzen will, ein gerichtlicher
Hahnrey zu werden. Jch bin allemal im Stande,
mich zu rechtfertigen; allein die Freundſchaft ge-
gen dieſen unſinnigen, die Hochachtung fuͤr ſeine
unſchuldig gekraͤnkte Frau, und das Verlangen,
ruhig zu ſeyn, iſt Urſache, daß ich wuͤnſche ohne
Weitlaͤuftigkeit aus der Sache zu kommen. Jch
weiß, mein Herr, wie viel Sie uͤber ihn vermoͤ-
gen. Reden Sie ihm, als Freund und als Rich-
ter, zu, daß er anſteht, ſeine eingebildete Beleidi-
gung
G 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |