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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Abhandlung
ähnlich sieht, und dieses überzeugt mich von seinem
guten Geschmacke noch mehr.

Vermöge der natürlichsten Ordnung komme ich
nunmehr auf die Philosophen. Denn ich kenne kei-
nen einzigen Freygeist, welcher sich nicht unter der
ansehnlichen Gestalt eines Philosophen groß, und
fruchtbar zu machen sucht. Die Menge der philo-
sophischen Schriften verdiente wohl, daß ich die ge-
lehrte Welt mit einer eben so großen Menge von
Buchdruckerstöcken versorgte, welche vor dieselben
gesetzt werden könnten. Man könnte sich hiervon
einen doppelten Nutzen versprechen. Jch würde
dadurch dem Misbrauche steuern, welcher beson-
ders bey dieser Art von Schriften eingerissen ist;
und überdieses würden die Leser noch den Vortheil
haben, daß sie bey Erblickung eines deutlichen Buch-
druckerstocks wenigstens etwas verstünden, da ge-
meiniglich die Abhandlungen selbst so eingerichter
sind, daß man, ohne besondre Erleuchtung, nicht ein-
sehen kann, ob es eine Abhandlung von den Monaden,
oder aus der Alchymie seyn soll. Mein Vorsatz er-
laubt mir nicht, so weitläuftig zu seyn, als es das
allgemeine Beste erfodert; und ich hoffe, ich werde
das Recht haben, meine Bequemlichkeit allen andern
Absichten vorzuziehen, so lange man einem Autor das
Recht nicht absprechen kann, mehr auf sich, als auf
das! gemeine Beste, zu sehen. Um deswillen werde
ich für dießmal nur einiger gedenken. Wir fangen
nunmehr an, diejenigen glückseligen Zeiten zu er-
leben, in welchen wir durch mehr, als ein gedrucktes
Zeugniß, den Vorwurf unsrer eifersüchtigen Nach-

barn

Abhandlung
aͤhnlich ſieht, und dieſes uͤberzeugt mich von ſeinem
guten Geſchmacke noch mehr.

Vermoͤge der natuͤrlichſten Ordnung komme ich
nunmehr auf die Philoſophen. Denn ich kenne kei-
nen einzigen Freygeiſt, welcher ſich nicht unter der
anſehnlichen Geſtalt eines Philoſophen groß, und
fruchtbar zu machen ſucht. Die Menge der philo-
ſophiſchen Schriften verdiente wohl, daß ich die ge-
lehrte Welt mit einer eben ſo großen Menge von
Buchdruckerſtoͤcken verſorgte, welche vor dieſelben
geſetzt werden koͤnnten. Man koͤnnte ſich hiervon
einen doppelten Nutzen verſprechen. Jch wuͤrde
dadurch dem Misbrauche ſteuern, welcher beſon-
ders bey dieſer Art von Schriften eingeriſſen iſt;
und uͤberdieſes wuͤrden die Leſer noch den Vortheil
haben, daß ſie bey Erblickung eines deutlichen Buch-
druckerſtocks wenigſtens etwas verſtuͤnden, da ge-
meiniglich die Abhandlungen ſelbſt ſo eingerichter
ſind, daß man, ohne beſondre Erleuchtung, nicht ein-
ſehen kann, ob es eine Abhandlung von den Monaden,
oder aus der Alchymie ſeyn ſoll. Mein Vorſatz er-
laubt mir nicht, ſo weitlaͤuftig zu ſeyn, als es das
allgemeine Beſte erfodert; und ich hoffe, ich werde
das Recht haben, meine Bequemlichkeit allen andern
Abſichten vorzuziehen, ſo lange man einem Autor das
Recht nicht abſprechen kann, mehr auf ſich, als auf
das! gemeine Beſte, zu ſehen. Um deswillen werde
ich fuͤr dießmal nur einiger gedenken. Wir fangen
nunmehr an, diejenigen gluͤckſeligen Zeiten zu er-
leben, in welchen wir durch mehr, als ein gedrucktes
Zeugniß, den Vorwurf unſrer eiferſuͤchtigen Nach-

barn
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[94/0094] Abhandlung aͤhnlich ſieht, und dieſes uͤberzeugt mich von ſeinem guten Geſchmacke noch mehr. Vermoͤge der natuͤrlichſten Ordnung komme ich nunmehr auf die Philoſophen. Denn ich kenne kei- nen einzigen Freygeiſt, welcher ſich nicht unter der anſehnlichen Geſtalt eines Philoſophen groß, und fruchtbar zu machen ſucht. Die Menge der philo- ſophiſchen Schriften verdiente wohl, daß ich die ge- lehrte Welt mit einer eben ſo großen Menge von Buchdruckerſtoͤcken verſorgte, welche vor dieſelben geſetzt werden koͤnnten. Man koͤnnte ſich hiervon einen doppelten Nutzen verſprechen. Jch wuͤrde dadurch dem Misbrauche ſteuern, welcher beſon- ders bey dieſer Art von Schriften eingeriſſen iſt; und uͤberdieſes wuͤrden die Leſer noch den Vortheil haben, daß ſie bey Erblickung eines deutlichen Buch- druckerſtocks wenigſtens etwas verſtuͤnden, da ge- meiniglich die Abhandlungen ſelbſt ſo eingerichter ſind, daß man, ohne beſondre Erleuchtung, nicht ein- ſehen kann, ob es eine Abhandlung von den Monaden, oder aus der Alchymie ſeyn ſoll. Mein Vorſatz er- laubt mir nicht, ſo weitlaͤuftig zu ſeyn, als es das allgemeine Beſte erfodert; und ich hoffe, ich werde das Recht haben, meine Bequemlichkeit allen andern Abſichten vorzuziehen, ſo lange man einem Autor das Recht nicht abſprechen kann, mehr auf ſich, als auf das! gemeine Beſte, zu ſehen. Um deswillen werde ich fuͤr dießmal nur einiger gedenken. Wir fangen nunmehr an, diejenigen gluͤckſeligen Zeiten zu er- leben, in welchen wir durch mehr, als ein gedrucktes Zeugniß, den Vorwurf unſrer eiferſuͤchtigen Nach- barn

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/94>, abgerufen am 25.11.2024.