Jch besitze ein Buch, aber der Titel ist weggerissen, um deswillen ist mir der Verfasser, und die Jahrzahl, wenn es herausgekommen, unbekannt. So viel kan ich aus dem Drucke schließen, daß es ziemlich alt seyn mag, und die sogenannten Summarien der Capitel zeigen durchgängig, daß es von der Handhabung des Rechts und der Gerechtigkeit, oder, wie mein unbe- kannter Autor sich ausdrückt, de vltimo fine caussidi- corum, handelt. Von der Sache, welche darinnen ausgeführt worden, will ich nichts gedenken, weil sie auf unsre Zeiten gar nicht paßt. Allein dieses muß ich doch als einen Beweis des guten Geschmacks anfüh- ren, den man in vorigen Zeiten gehabt, daß man da- selbst besonders drey Stücke antrifft, welche außeror- dentlich wohl gewählt sind. Der erste steht gleich über dem Anfange der Vorrede, und ist ein feiner Holz- schnitt, der eine Wollschur, und im Prospecte den Tempel der Gerechtigkeit ganz zierlich vorstellt, mit der Ueberschrift: Pastoris est, tondere pecus! Der Anfangsbuchstabe ist ein A, so auf einem Expensbu- che steht. Zum Schluße der Abhandlung ist eine zu- sammengekrümmte Schlange, ungefähr so, wie man die Ewigkeit malt. Jn dem innern Raume derselben erblickt man die Worte: In saecula saeculorum. Ob dieses letztere nur ein andächtiger Wunsch seyn soll, den der Verfasser, an statt des sonst gewönlichen, in un- sern Zeiten aber auch altväterisch gewordenen; Soli Deo gloria, angehangen hat? das weis ich nicht. Jch glaube aber, daß diese Stöcke sich alle dreye gar füglich auf den abgehandelten Satz: De vltimo fine caussidicorum deuten lassen.
Anfäng-
Abhandlung
Jch beſitze ein Buch, aber der Titel iſt weggeriſſen, um deswillen iſt mir der Verfaſſer, und die Jahrzahl, wenn es herausgekommen, unbekannt. So viel kan ich aus dem Drucke ſchließen, daß es ziemlich alt ſeyn mag, und die ſogenannten Summarien der Capitel zeigen durchgaͤngig, daß es von der Handhabung des Rechts und der Gerechtigkeit, oder, wie mein unbe- kannter Autor ſich ausdruͤckt, de vltimo fine cauſſidi- corum, handelt. Von der Sache, welche darinnen ausgefuͤhrt worden, will ich nichts gedenken, weil ſie auf unſre Zeiten gar nicht paßt. Allein dieſes muß ich doch als einen Beweis des guten Geſchmacks anfuͤh- ren, den man in vorigen Zeiten gehabt, daß man da- ſelbſt beſonders drey Stuͤcke antrifft, welche außeror- dentlich wohl gewaͤhlt ſind. Der erſte ſteht gleich uͤber dem Anfange der Vorrede, und iſt ein feiner Holz- ſchnitt, der eine Wollſchur, und im Proſpecte den Tempel der Gerechtigkeit ganz zierlich vorſtellt, mit der Ueberſchrift: Paſtoris eſt, tondere pecus! Der Anfangsbuchſtabe iſt ein A, ſo auf einem Expensbu- che ſteht. Zum Schluße der Abhandlung iſt eine zu- ſammengekruͤmmte Schlange, ungefaͤhr ſo, wie man die Ewigkeit malt. Jn dem innern Raume derſelben erblickt man die Worte: In ſaecula ſaeculorum. Ob dieſes letztere nur ein andaͤchtiger Wunſch ſeyn ſoll, den der Verfaſſer, an ſtatt des ſonſt gewoͤnlichen, in un- ſern Zeiten aber auch altvaͤteriſch gewordenen; Soli Deo gloria, angehangen hat? das weis ich nicht. Jch glaube aber, daß dieſe Stoͤcke ſich alle dreye gar fuͤglich auf den abgehandelten Satz: De vltimo fine cauſſidicorum deuten laſſen.
Anfaͤng-
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Abhandlung
Jch beſitze ein Buch, aber der Titel iſt weggeriſſen,
um deswillen iſt mir der Verfaſſer, und die Jahrzahl,
wenn es herausgekommen, unbekannt. So viel kan
ich aus dem Drucke ſchließen, daß es ziemlich alt ſeyn
mag, und die ſogenannten Summarien der Capitel
zeigen durchgaͤngig, daß es von der Handhabung des
Rechts und der Gerechtigkeit, oder, wie mein unbe-
kannter Autor ſich ausdruͤckt, de vltimo fine cauſſidi-
corum, handelt. Von der Sache, welche darinnen
ausgefuͤhrt worden, will ich nichts gedenken, weil ſie
auf unſre Zeiten gar nicht paßt. Allein dieſes muß ich
doch als einen Beweis des guten Geſchmacks anfuͤh-
ren, den man in vorigen Zeiten gehabt, daß man da-
ſelbſt beſonders drey Stuͤcke antrifft, welche außeror-
dentlich wohl gewaͤhlt ſind. Der erſte ſteht gleich uͤber
dem Anfange der Vorrede, und iſt ein feiner Holz-
ſchnitt, der eine Wollſchur, und im Proſpecte den
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der Ueberſchrift: Paſtoris eſt, tondere pecus! Der
Anfangsbuchſtabe iſt ein A, ſo auf einem Expensbu-
che ſteht. Zum Schluße der Abhandlung iſt eine zu-
ſammengekruͤmmte Schlange, ungefaͤhr ſo, wie man
die Ewigkeit malt. Jn dem innern Raume derſelben
erblickt man die Worte: In ſaecula ſaeculorum. Ob
dieſes letztere nur ein andaͤchtiger Wunſch ſeyn ſoll, den
der Verfaſſer, an ſtatt des ſonſt gewoͤnlichen, in un-
ſern Zeiten aber auch altvaͤteriſch gewordenen; Soli
Deo gloria, angehangen hat? das weis ich nicht. Jch
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fuͤglich auf den abgehandelten Satz: De vltimo fine
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/88>, abgerufen am 16.07.2024.
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