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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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von Buchdruckerstöcken.
"Begriff von demjenigen beygebracht werde, wes-
"sen er sich zu dieser Schrift und ihrem Verfasser zu
"versehen habe."

Niemals habe ich ohne Wehmuth an den übeln
Geschmack denken können, welcher bisher bey den
juristischen Schriften in Ansehung der Buchdrucker-
stöcke geherrscht hat. Da ich selbst ein Priester der
Gerechtigkeit bin, und so gut liquidiren kann, als ein
Pachtamtmann: So liegt mir viel daran, daß ich auch
in diesem Stücke der eingerißnen Unordnung nach
Vermögen Einhalt thue. Könnte ich diesem Uebel
dadurch steuern, wenn ich aufrichtig gestünde, daß
mich dieser Misbrauch mehr, als einmal, die bittersten
Thränen gekostet hat: So würde ich dieses wehmü-
thige Bekenntniß mit Vergnügen thun. Weil aber
unser großer Alciatus in seiner Glossa ad l. 4. D. de
Iustitia et Iure §. frustra enim
14. aus der Er-
fahrung sehr gründlich angemerkt hat, daß ein Ad-
vocat nicht auf die Augen, sondern auf die Hände
seiner Clienten sehen müsse, und es allerdings wi-
der den Stylum curiae laufen würde, wenn ein Rechts-
gelehrter sich durch Thränen bewegen ließe: So halte
ich es für sehr vergebens, dieses Bekenntniß meiner
Betrübniß öffentlich abzulegen. Es wird genug seyn,
wenn ich einige Vorschläge thue, was künftig in An-
sehung der Buchdruckerstöcke bey juristischen Schrif-
ten zu beobachten sey.

Unter sechs praktischen Abhandlungen de eo,
quod iustum est, circa,
wird man wenigstens fünfe
antreffen, über welchen die Gerechtigkeit mit verbund-
nen Augen, mit dem Schwerdte, und mit der Wage

sitzt.
F 3

von Buchdruckerſtoͤcken.
„Begriff von demjenigen beygebracht werde, weſ-
„ſen er ſich zu dieſer Schrift und ihrem Verfaſſer zu
„verſehen habe.„

Niemals habe ich ohne Wehmuth an den uͤbeln
Geſchmack denken koͤnnen, welcher bisher bey den
juriſtiſchen Schriften in Anſehung der Buchdrucker-
ſtoͤcke geherrſcht hat. Da ich ſelbſt ein Prieſter der
Gerechtigkeit bin, und ſo gut liquidiren kann, als ein
Pachtamtmann: So liegt mir viel daran, daß ich auch
in dieſem Stuͤcke der eingerißnen Unordnung nach
Vermoͤgen Einhalt thue. Koͤnnte ich dieſem Uebel
dadurch ſteuern, wenn ich aufrichtig geſtuͤnde, daß
mich dieſer Misbrauch mehr, als einmal, die bitterſten
Thraͤnen gekoſtet hat: So wuͤrde ich dieſes wehmuͤ-
thige Bekenntniß mit Vergnuͤgen thun. Weil aber
unſer großer Alciatus in ſeiner Gloſſa ad l. 4. D. de
Iuſtitia et Iure §. fruſtra enim
14. aus der Er-
fahrung ſehr gruͤndlich angemerkt hat, daß ein Ad-
vocat nicht auf die Augen, ſondern auf die Haͤnde
ſeiner Clienten ſehen muͤſſe, und es allerdings wi-
der den Stylum curiae laufen wuͤrde, wenn ein Rechts-
gelehrter ſich durch Thraͤnen bewegen ließe: So halte
ich es fuͤr ſehr vergebens, dieſes Bekenntniß meiner
Betruͤbniß oͤffentlich abzulegen. Es wird genug ſeyn,
wenn ich einige Vorſchlaͤge thue, was kuͤnftig in An-
ſehung der Buchdruckerſtoͤcke bey juriſtiſchen Schrif-
ten zu beobachten ſey.

Unter ſechs praktiſchen Abhandlungen de eo,
quod iuſtum eſt, circa,
wird man wenigſtens fuͤnfe
antreffen, uͤber welchen die Gerechtigkeit mit verbund-
nen Augen, mit dem Schwerdte, und mit der Wage

ſitzt.
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[85/0085] von Buchdruckerſtoͤcken. „Begriff von demjenigen beygebracht werde, weſ- „ſen er ſich zu dieſer Schrift und ihrem Verfaſſer zu „verſehen habe.„ Niemals habe ich ohne Wehmuth an den uͤbeln Geſchmack denken koͤnnen, welcher bisher bey den juriſtiſchen Schriften in Anſehung der Buchdrucker- ſtoͤcke geherrſcht hat. Da ich ſelbſt ein Prieſter der Gerechtigkeit bin, und ſo gut liquidiren kann, als ein Pachtamtmann: So liegt mir viel daran, daß ich auch in dieſem Stuͤcke der eingerißnen Unordnung nach Vermoͤgen Einhalt thue. Koͤnnte ich dieſem Uebel dadurch ſteuern, wenn ich aufrichtig geſtuͤnde, daß mich dieſer Misbrauch mehr, als einmal, die bitterſten Thraͤnen gekoſtet hat: So wuͤrde ich dieſes wehmuͤ- thige Bekenntniß mit Vergnuͤgen thun. Weil aber unſer großer Alciatus in ſeiner Gloſſa ad l. 4. D. de Iuſtitia et Iure §. fruſtra enim 14. aus der Er- fahrung ſehr gruͤndlich angemerkt hat, daß ein Ad- vocat nicht auf die Augen, ſondern auf die Haͤnde ſeiner Clienten ſehen muͤſſe, und es allerdings wi- der den Stylum curiae laufen wuͤrde, wenn ein Rechts- gelehrter ſich durch Thraͤnen bewegen ließe: So halte ich es fuͤr ſehr vergebens, dieſes Bekenntniß meiner Betruͤbniß oͤffentlich abzulegen. Es wird genug ſeyn, wenn ich einige Vorſchlaͤge thue, was kuͤnftig in An- ſehung der Buchdruckerſtoͤcke bey juriſtiſchen Schrif- ten zu beobachten ſey. Unter ſechs praktiſchen Abhandlungen de eo, quod iuſtum eſt, circa, wird man wenigſtens fuͤnfe antreffen, uͤber welchen die Gerechtigkeit mit verbund- nen Augen, mit dem Schwerdte, und mit der Wage ſitzt. F 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/85>, abgerufen am 25.11.2024.