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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Zueignungsschrift.
sen natürlichen Mangel dadurch zu ersetzen, daß ich
Euern Namen borge. Eure Landsleute sind so ge-
fällig, daß sie uns mit allen denen Moden versor-
gen, die uns Deutsche zu leibhaften Franzosen, oder,
welches einerley ist, zu vernünftigen Creaturen ma-
chen. Jch glaube also, sie werden es nicht übel
nehmen, daß ich mit Euch, Marqvisinn, eben so groß
thue, als mit meinem Aermel, von dem mein Schnei-
der mich versichert hat, daß dergleichen noch zur Zeit
in Paris niemand trage, als ein gewisser Chevalier,
ein gewisser Marqvis, und ein gewisser Prinz vom
Geblüte, den er auch nicht nennen könnte. Viel-
leicht ist es nicht wahr, was mein Schneider sagt,
und vielleicht ist in ganz Frankreich kein solcher Aer-
mel, als der meinige. Es mag seyn! Das will ich
nicht untersuchen. Das aber würde mich ärgern,
wenn sich jemand die Frage einfallen ließe: Ob auch
wirklich eine Marqvisinn von L*** in der Welt
sey. Denn auf diese Art würde man an meinem
größten Verdienste zweifeln wollen. Chloris hat ei-
ne solche Hochachtung gegen meinen parisischen Aer-
mel, daß sie mich gestern früh für den vernünftigsten
unter ihren Liebhabern erklärte; und ich verlange
nicht zu viel, wenn ich glaube, meine Landsleute sind
schuldig zu bekennen, ich sey unter allen denen Schrift-
stellern, welche sich seit der letzten Michaelsmesse
verewigt haben, der gelehrteste, gründlichste, und tief-
sinnigste, weil ich die Ehre habe, der Marqvisinn
von L*** gegenwärtige Blätter zuzueignen. Wie
glücklich wäre ich! Aber, ich wünsche mir wohl zu
viel. Doch ich will es wagen, Jhr werdet mir diese

Ruhm-

Zueignungsſchrift.
ſen natuͤrlichen Mangel dadurch zu erſetzen, daß ich
Euern Namen borge. Eure Landsleute ſind ſo ge-
faͤllig, daß ſie uns mit allen denen Moden verſor-
gen, die uns Deutſche zu leibhaften Franzoſen, oder,
welches einerley iſt, zu vernuͤnftigen Creaturen ma-
chen. Jch glaube alſo, ſie werden es nicht uͤbel
nehmen, daß ich mit Euch, Marqviſinn, eben ſo groß
thue, als mit meinem Aermel, von dem mein Schnei-
der mich verſichert hat, daß dergleichen noch zur Zeit
in Paris niemand trage, als ein gewiſſer Chevalier,
ein gewiſſer Marqvis, und ein gewiſſer Prinz vom
Gebluͤte, den er auch nicht nennen koͤnnte. Viel-
leicht iſt es nicht wahr, was mein Schneider ſagt,
und vielleicht iſt in ganz Frankreich kein ſolcher Aer-
mel, als der meinige. Es mag ſeyn! Das will ich
nicht unterſuchen. Das aber wuͤrde mich aͤrgern,
wenn ſich jemand die Frage einfallen ließe: Ob auch
wirklich eine Marqviſinn von L*** in der Welt
ſey. Denn auf dieſe Art wuͤrde man an meinem
groͤßten Verdienſte zweifeln wollen. Chloris hat ei-
ne ſolche Hochachtung gegen meinen pariſiſchen Aer-
mel, daß ſie mich geſtern fruͤh fuͤr den vernuͤnftigſten
unter ihren Liebhabern erklaͤrte; und ich verlange
nicht zu viel, wenn ich glaube, meine Landsleute ſind
ſchuldig zu bekennen, ich ſey unter allen denen Schrift-
ſtellern, welche ſich ſeit der letzten Michaelsmeſſe
verewigt haben, der gelehrteſte, gruͤndlichſte, und tief-
ſinnigſte, weil ich die Ehre habe, der Marqviſinn
von L*** gegenwaͤrtige Blaͤtter zuzueignen. Wie
gluͤcklich waͤre ich! Aber, ich wuͤnſche mir wohl zu
viel. Doch ich will es wagen, Jhr werdet mir dieſe

Ruhm-
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[76/0076] Zueignungsſchrift. ſen natuͤrlichen Mangel dadurch zu erſetzen, daß ich Euern Namen borge. Eure Landsleute ſind ſo ge- faͤllig, daß ſie uns mit allen denen Moden verſor- gen, die uns Deutſche zu leibhaften Franzoſen, oder, welches einerley iſt, zu vernuͤnftigen Creaturen ma- chen. Jch glaube alſo, ſie werden es nicht uͤbel nehmen, daß ich mit Euch, Marqviſinn, eben ſo groß thue, als mit meinem Aermel, von dem mein Schnei- der mich verſichert hat, daß dergleichen noch zur Zeit in Paris niemand trage, als ein gewiſſer Chevalier, ein gewiſſer Marqvis, und ein gewiſſer Prinz vom Gebluͤte, den er auch nicht nennen koͤnnte. Viel- leicht iſt es nicht wahr, was mein Schneider ſagt, und vielleicht iſt in ganz Frankreich kein ſolcher Aer- mel, als der meinige. Es mag ſeyn! Das will ich nicht unterſuchen. Das aber wuͤrde mich aͤrgern, wenn ſich jemand die Frage einfallen ließe: Ob auch wirklich eine Marqviſinn von L*** in der Welt ſey. Denn auf dieſe Art wuͤrde man an meinem groͤßten Verdienſte zweifeln wollen. Chloris hat ei- ne ſolche Hochachtung gegen meinen pariſiſchen Aer- mel, daß ſie mich geſtern fruͤh fuͤr den vernuͤnftigſten unter ihren Liebhabern erklaͤrte; und ich verlange nicht zu viel, wenn ich glaube, meine Landsleute ſind ſchuldig zu bekennen, ich ſey unter allen denen Schrift- ſtellern, welche ſich ſeit der letzten Michaelsmeſſe verewigt haben, der gelehrteſte, gruͤndlichſte, und tief- ſinnigſte, weil ich die Ehre habe, der Marqviſinn von L*** gegenwaͤrtige Blaͤtter zuzueignen. Wie gluͤcklich waͤre ich! Aber, ich wuͤnſche mir wohl zu viel. Doch ich will es wagen, Jhr werdet mir dieſe Ruhm-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/76>, abgerufen am 25.11.2024.