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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Geheime Nachricht
Bedenken wieder frey lassen, und ihm das Vermö-
gen seines Oheims anvertrauen können. Jch mey-
ne es recht gut mit ihm, und bin gewiß, das Va-
terland wird es dereinst erkennen, daß ich ihm einen
guten Bürger gezogen habe.

Ueber wen das Unglück es verhangen hat, in der
Nachbarschaft der erbaulichen Sara Knidly zu
wohnen; der wird sich nicht wundern, wenn er sie
in meinem Codicille findet. Jhr Haus ist einem
verwünschten Schlosse, und sie einem Poltergeiste
ähnlich, der alle Menschen quält, die ihm nicht
ausweichen können. Wer es vermeiden kann, der
hütet sich wohl, mit ihr unter einem Dache zu
wohnen. Den ganzen Tag spukt sie im Hause
herum. Nirgends poltert sie ärger, als in der
Küche, und niemals ist ihre Gegenwart gefährli-
cher, als wenn sie herumgeht, und Psalme brummt.
Jhre unglückliche Magd hat es empfunden, und es
ist nicht lange, daß dieselbe beynahe ihr rechtes Au-
ge über dem sechsten Psalme verloren hätte, denn das
andächtige Gespenst murmelte eben den Schluß
desselben her, als die Magd aus Unvorsichtigkeit
das Salzfaß verschüttete, und um deswillen von
den bußfertigen Händen ihrer frommen Frau in
voller Andacht etliche Ohrfeigen bekam. Die gan-
ze Gasse, in der sie wohnt, wird öde, und ich habe
gefunden, daß seit sechs Jahren, (denn so lange ist
Sara Knidly eine Wittwe) die Miethen um die
Hälfte des Preises gefallen sind. Wer es vermeiden

kann,

Geheime Nachricht
Bedenken wieder frey laſſen, und ihm das Vermoͤ-
gen ſeines Oheims anvertrauen koͤnnen. Jch mey-
ne es recht gut mit ihm, und bin gewiß, das Va-
terland wird es dereinſt erkennen, daß ich ihm einen
guten Buͤrger gezogen habe.

Ueber wen das Ungluͤck es verhangen hat, in der
Nachbarſchaft der erbaulichen Sara Knidly zu
wohnen; der wird ſich nicht wundern, wenn er ſie
in meinem Codicille findet. Jhr Haus iſt einem
verwuͤnſchten Schloſſe, und ſie einem Poltergeiſte
aͤhnlich, der alle Menſchen quaͤlt, die ihm nicht
ausweichen koͤnnen. Wer es vermeiden kann, der
huͤtet ſich wohl, mit ihr unter einem Dache zu
wohnen. Den ganzen Tag ſpukt ſie im Hauſe
herum. Nirgends poltert ſie aͤrger, als in der
Kuͤche, und niemals iſt ihre Gegenwart gefaͤhrli-
cher, als wenn ſie herumgeht, und Pſalme brummt.
Jhre ungluͤckliche Magd hat es empfunden, und es
iſt nicht lange, daß dieſelbe beynahe ihr rechtes Au-
ge uͤber dem ſechſten Pſalme verloren haͤtte, denn das
andaͤchtige Geſpenſt murmelte eben den Schluß
deſſelben her, als die Magd aus Unvorſichtigkeit
das Salzfaß verſchuͤttete, und um deswillen von
den bußfertigen Haͤnden ihrer frommen Frau in
voller Andacht etliche Ohrfeigen bekam. Die gan-
ze Gaſſe, in der ſie wohnt, wird oͤde, und ich habe
gefunden, daß ſeit ſechs Jahren, (denn ſo lange iſt
Sara Knidly eine Wittwe) die Miethen um die
Haͤlfte des Preiſes gefallen ſind. Wer es vermeiden

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[254/0254] Geheime Nachricht Bedenken wieder frey laſſen, und ihm das Vermoͤ- gen ſeines Oheims anvertrauen koͤnnen. Jch mey- ne es recht gut mit ihm, und bin gewiß, das Va- terland wird es dereinſt erkennen, daß ich ihm einen guten Buͤrger gezogen habe. Ueber wen das Ungluͤck es verhangen hat, in der Nachbarſchaft der erbaulichen Sara Knidly zu wohnen; der wird ſich nicht wundern, wenn er ſie in meinem Codicille findet. Jhr Haus iſt einem verwuͤnſchten Schloſſe, und ſie einem Poltergeiſte aͤhnlich, der alle Menſchen quaͤlt, die ihm nicht ausweichen koͤnnen. Wer es vermeiden kann, der huͤtet ſich wohl, mit ihr unter einem Dache zu wohnen. Den ganzen Tag ſpukt ſie im Hauſe herum. Nirgends poltert ſie aͤrger, als in der Kuͤche, und niemals iſt ihre Gegenwart gefaͤhrli- cher, als wenn ſie herumgeht, und Pſalme brummt. Jhre ungluͤckliche Magd hat es empfunden, und es iſt nicht lange, daß dieſelbe beynahe ihr rechtes Au- ge uͤber dem ſechſten Pſalme verloren haͤtte, denn das andaͤchtige Geſpenſt murmelte eben den Schluß deſſelben her, als die Magd aus Unvorſichtigkeit das Salzfaß verſchuͤttete, und um deswillen von den bußfertigen Haͤnden ihrer frommen Frau in voller Andacht etliche Ohrfeigen bekam. Die gan- ze Gaſſe, in der ſie wohnt, wird oͤde, und ich habe gefunden, daß ſeit ſechs Jahren, (denn ſo lange iſt Sara Knidly eine Wittwe) die Miethen um die Haͤlfte des Preiſes gefallen ſind. Wer es vermeiden kann,

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/254>, abgerufen am 25.11.2024.