[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Geheime Nachricht Rathschläge zum Besten des Vaterlandes geltend zumachen. Gleichwohl haben mich diejenigen, welche mit ihm im Parlamente sitzen, versichern wollen, daß er seit dem Tode der Königinn Anna nicht ein Wort gesprochen, sondern zu allen Billen stillschwei- gend seine Einwilligung gegeben habe. So viel ist gewiß; man findet in den Parlamentsprotocollen nicht eine einzige Protestation, die er mit unterzeich- net hätte. Es erstreckt sich seine Staatskunst weiter nicht, als auf einen Strick Hunde. Jn der Verfassung andrer Länder ist er ganz unwis- send. Jch bin selbst dabey gewesen, als in einer Gesellschaft von den Vorzügen der deutschen Reichs- ritterschaft gesprochen, und auf gut brittisch davon geurtheilt wurde. Lord Lavat, der uns lange zuge- hört hatte, machte dem ganzen Streite ein Ende. Jch, rief er, ich aber lobe mir die Herren Cantons! Denn die Cantons hielt er, nach seiner Erklärung, die er dabey machte, für eine alte adliche Familie in Deutschland. Diese große Unwissenheit und Dummheit unsers Lords macht, daß ich befürchte, er sey im Stande, sich, bey der nächsten Gelegen- heit, zu einer Bande misvergnügter Unterthanen zu schlagen, und in der Kirche und dem Regimente große Neuerungen zu unternehmen. Das Parla- ment wird also Sorge tragen, ihn in meinem Toll- hause sorgfältig zu verwahren. Da in Großbritannien die Vornehmsten des sam-
Geheime Nachricht Rathſchlaͤge zum Beſten des Vaterlandes geltend zumachen. Gleichwohl haben mich diejenigen, welche mit ihm im Parlamente ſitzen, verſichern wollen, daß er ſeit dem Tode der Koͤniginn Anna nicht ein Wort geſprochen, ſondern zu allen Billen ſtillſchwei- gend ſeine Einwilligung gegeben habe. So viel iſt gewiß; man findet in den Parlamentsprotocollen nicht eine einzige Proteſtation, die er mit unterzeich- net haͤtte. Es erſtreckt ſich ſeine Staatskunſt weiter nicht, als auf einen Strick Hunde. Jn der Verfaſſung andrer Laͤnder iſt er ganz unwiſ- ſend. Jch bin ſelbſt dabey geweſen, als in einer Geſellſchaft von den Vorzuͤgen der deutſchen Reichs- ritterſchaft geſprochen, und auf gut brittiſch davon geurtheilt wurde. Lord Lavat, der uns lange zuge- hoͤrt hatte, machte dem ganzen Streite ein Ende. Jch, rief er, ich aber lobe mir die Herren Cantons! Denn die Cantons hielt er, nach ſeiner Erklaͤrung, die er dabey machte, fuͤr eine alte adliche Familie in Deutſchland. Dieſe große Unwiſſenheit und Dummheit unſers Lords macht, daß ich befuͤrchte, er ſey im Stande, ſich, bey der naͤchſten Gelegen- heit, zu einer Bande misvergnuͤgter Unterthanen zu ſchlagen, und in der Kirche und dem Regimente große Neuerungen zu unternehmen. Das Parla- ment wird alſo Sorge tragen, ihn in meinem Toll- hauſe ſorgfaͤltig zu verwahren. Da in Großbritannien die Vornehmſten des ſam-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div> <p><pb facs="#f0238" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geheime Nachricht</hi></fw><lb/> Rathſchlaͤge zum Beſten des Vaterlandes geltend zu<lb/> machen. Gleichwohl haben mich diejenigen, welche<lb/> mit ihm im Parlamente ſitzen, verſichern wollen,<lb/> daß er ſeit dem Tode der Koͤniginn Anna nicht ein<lb/> Wort geſprochen, ſondern zu allen Billen ſtillſchwei-<lb/> gend ſeine Einwilligung gegeben habe. So viel iſt<lb/> gewiß; man findet in den Parlamentsprotocollen<lb/> nicht eine einzige Proteſtation, die er mit unterzeich-<lb/> net haͤtte. Es erſtreckt ſich ſeine Staatskunſt<lb/> weiter nicht, als auf einen Strick Hunde. Jn<lb/> der Verfaſſung andrer Laͤnder iſt er ganz unwiſ-<lb/> ſend. Jch bin ſelbſt dabey geweſen, als in einer<lb/> Geſellſchaft von den Vorzuͤgen der deutſchen Reichs-<lb/> ritterſchaft geſprochen, und auf gut brittiſch davon<lb/> geurtheilt wurde. Lord <hi rendition="#fr">Lavat,</hi> der uns lange zuge-<lb/> hoͤrt hatte, machte dem ganzen Streite ein Ende.<lb/> Jch, rief er, ich aber lobe mir die Herren Cantons!<lb/> Denn die Cantons hielt er, nach ſeiner Erklaͤrung,<lb/> die er dabey machte, fuͤr eine alte adliche Familie<lb/> in Deutſchland. Dieſe große Unwiſſenheit und<lb/> Dummheit unſers Lords macht, daß ich befuͤrchte,<lb/> er ſey im Stande, ſich, bey der naͤchſten Gelegen-<lb/> heit, zu einer Bande misvergnuͤgter Unterthanen<lb/> zu ſchlagen, und in der Kirche und dem Regimente<lb/> große Neuerungen zu unternehmen. Das Parla-<lb/> ment wird alſo Sorge tragen, ihn in meinem Toll-<lb/> hauſe ſorgfaͤltig zu verwahren.</p><lb/> <p>Da in Großbritannien die Vornehmſten des<lb/> Reichs ſich eine Ehre daraus machen, die Gelehr-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſam-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0238]
Geheime Nachricht
Rathſchlaͤge zum Beſten des Vaterlandes geltend zu
machen. Gleichwohl haben mich diejenigen, welche
mit ihm im Parlamente ſitzen, verſichern wollen,
daß er ſeit dem Tode der Koͤniginn Anna nicht ein
Wort geſprochen, ſondern zu allen Billen ſtillſchwei-
gend ſeine Einwilligung gegeben habe. So viel iſt
gewiß; man findet in den Parlamentsprotocollen
nicht eine einzige Proteſtation, die er mit unterzeich-
net haͤtte. Es erſtreckt ſich ſeine Staatskunſt
weiter nicht, als auf einen Strick Hunde. Jn
der Verfaſſung andrer Laͤnder iſt er ganz unwiſ-
ſend. Jch bin ſelbſt dabey geweſen, als in einer
Geſellſchaft von den Vorzuͤgen der deutſchen Reichs-
ritterſchaft geſprochen, und auf gut brittiſch davon
geurtheilt wurde. Lord Lavat, der uns lange zuge-
hoͤrt hatte, machte dem ganzen Streite ein Ende.
Jch, rief er, ich aber lobe mir die Herren Cantons!
Denn die Cantons hielt er, nach ſeiner Erklaͤrung,
die er dabey machte, fuͤr eine alte adliche Familie
in Deutſchland. Dieſe große Unwiſſenheit und
Dummheit unſers Lords macht, daß ich befuͤrchte,
er ſey im Stande, ſich, bey der naͤchſten Gelegen-
heit, zu einer Bande misvergnuͤgter Unterthanen
zu ſchlagen, und in der Kirche und dem Regimente
große Neuerungen zu unternehmen. Das Parla-
ment wird alſo Sorge tragen, ihn in meinem Toll-
hauſe ſorgfaͤltig zu verwahren.
Da in Großbritannien die Vornehmſten des
Reichs ſich eine Ehre daraus machen, die Gelehr-
ſam-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/238 |
Zitationshilfe: | [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/238>, abgerufen am 17.02.2025. |