[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Beytrag Eh ich diesen Artikel von Fabeln schließe, muß Quantae putatis esse vos dementiae, Qui capita vestra non dubitatis credere, Cui calceandos nemo commisit pedes! Sie könnten dafür die beiden griechischen Buch- wäre
Beytrag Eh ich dieſen Artikel von Fabeln ſchließe, muß Quantae putatis eſſe vos dementiae, Qui capita veſtra non dubitatis credere, Cui calceandos nemo commiſit pedes! Sie koͤnnten dafuͤr die beiden griechiſchen Buch- waͤre
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0226" n="226"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Beytrag</hi> </hi> </fw><lb/> <p>Eh ich dieſen Artikel von Fabeln ſchließe, muß<lb/> ich noch eine Anmerkung machen. Jch habe eben<lb/> geſagt, daß dasjenige eine Fabel ſey, was zwar<lb/> moͤglich, aber nicht wahrſcheinlich iſt. Aus die-<lb/> ſem Satze folgt, daß diejenige Erzaͤhlung den Na-<lb/> men einer Fabel nicht verdiene, welche <hi rendition="#fr">nicht al-<lb/> lein moͤglich, ſondern auch hoͤchſt wahrſchein-<lb/> lich iſt.</hi> Jch finde dieſen Fehler beſonders in den<lb/> Fabeln des <hi rendition="#fr">Phaͤdrus.</hi> Die Geſchichte von dem<lb/> verdorbnen Schuſter, welcher, um nicht zu verhun-<lb/> gern, ein Arzt geworden war, und welcher bekannte,<lb/> daß er ſeinen Ruhm nicht durch ſeine Geſchicklich-<lb/> keit, ſondern durch die Dummheit des Poͤbels er-<lb/> langt habe; dieſe Geſchichte iſt ſo wahrſcheinlich,<lb/> daß ich ſelbſt in meiner Stadt mehr, als zehen der-<lb/> gleichen mediciniſche Schuſter, kenne; wenigſtens<lb/> ſind es ſolche Leute, welche zu allem in der Welt<lb/> ungeſchickt ſind, und doch die Verwegenheit haben,<lb/> ſich fuͤr Aerzte auszugeben. Wie wohl wuͤrden<lb/> ſie thun, wenn ſie jedesmal uͤber ihre Recepte die<lb/> Verſe ſchrieben:</p><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Quantae putatis eſſe vos dementiae,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Qui capita veſtra non dubitatis credere,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Cui calceandos nemo commiſit pedes!</hi> </l> </lg><lb/> <p>Sie koͤnnten dafuͤr die beiden griechiſchen Buch-<lb/> ſtaben, α und ω weglaſſen. Der Verluſt, den ſie<lb/> durch Weglaſſung dieſer beiden Buchſtaben litten,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">waͤre</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0226]
Beytrag
Eh ich dieſen Artikel von Fabeln ſchließe, muß
ich noch eine Anmerkung machen. Jch habe eben
geſagt, daß dasjenige eine Fabel ſey, was zwar
moͤglich, aber nicht wahrſcheinlich iſt. Aus die-
ſem Satze folgt, daß diejenige Erzaͤhlung den Na-
men einer Fabel nicht verdiene, welche nicht al-
lein moͤglich, ſondern auch hoͤchſt wahrſchein-
lich iſt. Jch finde dieſen Fehler beſonders in den
Fabeln des Phaͤdrus. Die Geſchichte von dem
verdorbnen Schuſter, welcher, um nicht zu verhun-
gern, ein Arzt geworden war, und welcher bekannte,
daß er ſeinen Ruhm nicht durch ſeine Geſchicklich-
keit, ſondern durch die Dummheit des Poͤbels er-
langt habe; dieſe Geſchichte iſt ſo wahrſcheinlich,
daß ich ſelbſt in meiner Stadt mehr, als zehen der-
gleichen mediciniſche Schuſter, kenne; wenigſtens
ſind es ſolche Leute, welche zu allem in der Welt
ungeſchickt ſind, und doch die Verwegenheit haben,
ſich fuͤr Aerzte auszugeben. Wie wohl wuͤrden
ſie thun, wenn ſie jedesmal uͤber ihre Recepte die
Verſe ſchrieben:
Quantae putatis eſſe vos dementiae,
Qui capita veſtra non dubitatis credere,
Cui calceandos nemo commiſit pedes!
Sie koͤnnten dafuͤr die beiden griechiſchen Buch-
ſtaben, α und ω weglaſſen. Der Verluſt, den ſie
durch Weglaſſung dieſer beiden Buchſtaben litten,
waͤre
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |