"daß sie nicht nöthig hätten, mir so viel Compli- "mente zu machen.
Unterthäniger Diener; ganzunterthäni- ger Diener; unterthänigster Diener; ich ver- harre Eure Hochedl. gehorsamst ergebenster etc. ich verbleibe mit aller geziemenden Devotion etc. ich werde zeitlebens nicht ermangeln, zu seyn Deroselben etc. Dieses sind lauter Complimente, und bedeuten unter Leuten, welche nach der wahren Mode der heutigen Welt artig und galant sind, nichts.
Wenn dergleichen Leute solche Formeln unter ihre Briefe setzen, so denken sie dabey eben so wenig, als mein Schneider, bey den Worten: Laus Deo! oder ein Kaufmann, welcher in der Zahlwoche ban- kerott machen will, und zum Anfange der Messe unter seine Wechsel schreibt: Leiste gute Zahlung, und nehme Gott zu Hülfe!
Eidschwur.
Jn den alten Zeiten kam dieses Wort nicht oft vor, und daher geschah es auch, daß unsre ungesitte- ten Vorfahren, die einfältigen Deutschen, glaubten, ein Eidschwur sey etwas sehr wichtiges. Heut zu Tage hat man dieses schon besser eengesehen, und ie häufiger dieses Wort so wohl vor Gerichte, als im gemeinen Leben, vorkömmt, destoweniger will es sagen.
Einen
eines deutſchen Woͤrterbuchs.
„daß ſie nicht noͤthig haͤtten, mir ſo viel Compli- „mente zu machen.
Unterthaͤniger Diener; ganzunterthaͤni- ger Diener; unterthaͤnigſter Diener; ich ver- harre Eure Hochedl. gehorſamſt ergebenſter ꝛc. ich verbleibe mit aller geziemenden Devotion ꝛc. ich werde zeitlebens nicht ermangeln, zu ſeyn Deroſelben ꝛc. Dieſes ſind lauter Complimente, und bedeuten unter Leuten, welche nach der wahren Mode der heutigen Welt artig und galant ſind, nichts.
Wenn dergleichen Leute ſolche Formeln unter ihre Briefe ſetzen, ſo denken ſie dabey eben ſo wenig, als mein Schneider, bey den Worten: Laus Deo! oder ein Kaufmann, welcher in der Zahlwoche ban- kerott machen will, und zum Anfange der Meſſe unter ſeine Wechſel ſchreibt: Leiſte gute Zahlung, und nehme Gott zu Huͤlfe!
Eidſchwur.
Jn den alten Zeiten kam dieſes Wort nicht oft vor, und daher geſchah es auch, daß unſre ungeſitte- ten Vorfahren, die einfaͤltigen Deutſchen, glaubten, ein Eidſchwur ſey etwas ſehr wichtiges. Heut zu Tage hat man dieſes ſchon beſſer eengeſehen, und ie haͤufiger dieſes Wort ſo wohl vor Gerichte, als im gemeinen Leben, vorkoͤmmt, deſtoweniger will es ſagen.
Einen
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eines deutſchen Woͤrterbuchs.
„daß ſie nicht noͤthig haͤtten, mir ſo viel Compli-
„mente zu machen.
Unterthaͤniger Diener; ganzunterthaͤni-
ger Diener; unterthaͤnigſter Diener; ich ver-
harre Eure Hochedl. gehorſamſt ergebenſter ꝛc.
ich verbleibe mit aller geziemenden Devotion ꝛc.
ich werde zeitlebens nicht ermangeln, zu ſeyn
Deroſelben ꝛc. Dieſes ſind lauter Complimente,
und bedeuten unter Leuten, welche nach der wahren
Mode der heutigen Welt artig und galant ſind, nichts.
Wenn dergleichen Leute ſolche Formeln unter
ihre Briefe ſetzen, ſo denken ſie dabey eben ſo wenig,
als mein Schneider, bey den Worten: Laus Deo!
oder ein Kaufmann, welcher in der Zahlwoche ban-
kerott machen will, und zum Anfange der Meſſe
unter ſeine Wechſel ſchreibt: Leiſte gute Zahlung,
und nehme Gott zu Huͤlfe!
Eidſchwur.
Jn den alten Zeiten kam dieſes Wort nicht oft
vor, und daher geſchah es auch, daß unſre ungeſitte-
ten Vorfahren, die einfaͤltigen Deutſchen, glaubten,
ein Eidſchwur ſey etwas ſehr wichtiges. Heut zu
Tage hat man dieſes ſchon beſſer eengeſehen, und ie
haͤufiger dieſes Wort ſo wohl vor Gerichte, als im
gemeinen Leben, vorkoͤmmt, deſtoweniger will es
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/175>, abgerufen am 22.02.2025.
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