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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Hinkmars von Repkow
theurungen, und mit Berufung auf die erstaunenden
Curen, so er gethan, und auf seine vortrefflichen Pri-
vilegien, auszutheilen. Kurz, es war ein Markt-
schreyer. Was für ein Unterschied, dachte ich bey
mir selbst, ist nicht zwischen diesem Marktschreyer,
und meinem Arzte in der Stadt, den jeder für einen
geschickten, behutsamen und erfahrnen Mann hält,
in dessen Vorzimmer aber nicht der zwanzigste Theil
der Leute ist, wie bey diesem Quacksalber. Aber
woher kömmt das? Er versichert nichts, wovon er
nicht überzeugt ist. Er kann sich nicht überwinden,
seine Medicamente mit einer etwas zuversichtlichern
Miene anzupreisen; er ist zu ehrlich, als daß er an-
dre Aerzte neben sich verkleinern sollte; mit einem
Worte, er macht nicht Wind genug, und hat kei-
nen Hanswurst bey sich, welcher den Pöbel unter-
halten, und ihm ein Vertrauen zu seinen Arzneyen bey-
bringen kann: Mein Arzt ist ein vernünftiger Mann,
und jener Marktschreyer ein Windmacher! Welche
Ausschweifung; werden Sie sagen! Von elenden
Scribenten auf die Quacksalber zu kommen! Sie
haben Recht, mein Herr, es ist allerdings eine Aus-
schweifung, welche vielleicht nur alsdann zu entschul-
digen seyn würde, wenn zwischen den niederträchti-
gen und unverschämten Aufschneidereyen, der Un-
wissenheit und dem gewinnsüchtigen Handwerke die-
ses Marktschreyers, und zwischen dem Betragen und
den Absichten elender Scribenten die geringste Gleich-
heit wäre. Aber dieses ist freylich nicht, und um
deswillen ist meine Ausschweifung gar nicht zu ent-

schuldi-

Hinkmars von Repkow
theurungen, und mit Berufung auf die erſtaunenden
Curen, ſo er gethan, und auf ſeine vortrefflichen Pri-
vilegien, auszutheilen. Kurz, es war ein Markt-
ſchreyer. Was fuͤr ein Unterſchied, dachte ich bey
mir ſelbſt, iſt nicht zwiſchen dieſem Marktſchreyer,
und meinem Arzte in der Stadt, den jeder fuͤr einen
geſchickten, behutſamen und erfahrnen Mann haͤlt,
in deſſen Vorzimmer aber nicht der zwanzigſte Theil
der Leute iſt, wie bey dieſem Quackſalber. Aber
woher koͤmmt das? Er verſichert nichts, wovon er
nicht uͤberzeugt iſt. Er kann ſich nicht uͤberwinden,
ſeine Medicamente mit einer etwas zuverſichtlichern
Miene anzupreiſen; er iſt zu ehrlich, als daß er an-
dre Aerzte neben ſich verkleinern ſollte; mit einem
Worte, er macht nicht Wind genug, und hat kei-
nen Hanswurſt bey ſich, welcher den Poͤbel unter-
halten, und ihm ein Vertrauen zu ſeinen Arzneyen bey-
bringen kann: Mein Arzt iſt ein vernuͤnftiger Mann,
und jener Marktſchreyer ein Windmacher! Welche
Ausſchweifung; werden Sie ſagen! Von elenden
Scribenten auf die Quackſalber zu kommen! Sie
haben Recht, mein Herr, es iſt allerdings eine Aus-
ſchweifung, welche vielleicht nur alsdann zu entſchul-
digen ſeyn wuͤrde, wenn zwiſchen den niedertraͤchti-
gen und unverſchaͤmten Aufſchneidereyen, der Un-
wiſſenheit und dem gewinnſuͤchtigen Handwerke die-
ſes Marktſchreyers, und zwiſchen dem Betragen und
den Abſichten elender Scribenten die geringſte Gleich-
heit waͤre. Aber dieſes iſt freylich nicht, und um
deswillen iſt meine Ausſchweifung gar nicht zu ent-

ſchuldi-
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[154/0154] Hinkmars von Repkow theurungen, und mit Berufung auf die erſtaunenden Curen, ſo er gethan, und auf ſeine vortrefflichen Pri- vilegien, auszutheilen. Kurz, es war ein Markt- ſchreyer. Was fuͤr ein Unterſchied, dachte ich bey mir ſelbſt, iſt nicht zwiſchen dieſem Marktſchreyer, und meinem Arzte in der Stadt, den jeder fuͤr einen geſchickten, behutſamen und erfahrnen Mann haͤlt, in deſſen Vorzimmer aber nicht der zwanzigſte Theil der Leute iſt, wie bey dieſem Quackſalber. Aber woher koͤmmt das? Er verſichert nichts, wovon er nicht uͤberzeugt iſt. Er kann ſich nicht uͤberwinden, ſeine Medicamente mit einer etwas zuverſichtlichern Miene anzupreiſen; er iſt zu ehrlich, als daß er an- dre Aerzte neben ſich verkleinern ſollte; mit einem Worte, er macht nicht Wind genug, und hat kei- nen Hanswurſt bey ſich, welcher den Poͤbel unter- halten, und ihm ein Vertrauen zu ſeinen Arzneyen bey- bringen kann: Mein Arzt iſt ein vernuͤnftiger Mann, und jener Marktſchreyer ein Windmacher! Welche Ausſchweifung; werden Sie ſagen! Von elenden Scribenten auf die Quackſalber zu kommen! Sie haben Recht, mein Herr, es iſt allerdings eine Aus- ſchweifung, welche vielleicht nur alsdann zu entſchul- digen ſeyn wuͤrde, wenn zwiſchen den niedertraͤchti- gen und unverſchaͤmten Aufſchneidereyen, der Un- wiſſenheit und dem gewinnſuͤchtigen Handwerke die- ſes Marktſchreyers, und zwiſchen dem Betragen und den Abſichten elender Scribenten die geringſte Gleich- heit waͤre. Aber dieſes iſt freylich nicht, und um deswillen iſt meine Ausſchweifung gar nicht zu ent- ſchuldi-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/154>, abgerufen am 22.11.2024.