[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Hinkmars von Repkow Und dessen ungegründete Meynung.) Jch Bey denen man um Fesseln fleht.) Diese Nach-
Hinkmars von Repkow Und deſſen ungegruͤndete Meynung.) Jch Bey denen man um Feſſeln fleht.) Dieſe Nach-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0148" n="148"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hinkmars von Repkow</hi> </fw><lb/> <p><hi rendition="#fr">Und deſſen ungegruͤndete Meynung.)</hi> Jch<lb/> wuͤrde hierbey Gelegenheit haben, uͤber ſeine einfaͤl-<lb/> tigen Vorurtheile ziemlich zu ſpotten, und er verdien-<lb/> te es wohl! Weil er aber meiner in ſeiner letzten<lb/> Vorrede ſehr ruͤhmlich gedacht, ja ſo gar nur un-<lb/> laͤngſt in ſeine Werke ein poetiſches Sendſchreiben<lb/> an mich eingeruͤckt hat: So verſichre ich meine Le-<lb/> ſer, daß ich noch niemanden gefunden habe, welcher<lb/> in Befoͤrderung des guten Geſchmacks, und der ſchoͤ-<lb/> nen Wiſſenſchaften in Deutſchland ſo unermuͤdet und<lb/> gluͤcklich geweſen, als eben dieſer beruͤhmte Mann.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Bey denen man um Feſſeln fleht.)</hi> Dieſe<lb/> ſchoͤne Stelle recht zu verſtehen, muß man wiſſen,<lb/> daß unſre Dichter niemals verliebter ſind, als wenn<lb/> ſie in Ketten und Banden liegen. Es gehoͤrt die-<lb/> ſes zu denen Moden in der Poeſie, von welchen ich,<lb/> in einer abſonderlichen Schrift, umſtaͤndlich han-<lb/> deln werde. Man ſollte glauben, ein Liebha-<lb/> ber, der auf allen vieren kriecht, wuͤrde wenig Ein-<lb/> druck machen; aber bey den poetiſchen Schoͤnen iſt<lb/> es ganz anders. Ein reimender Liebhaber ohne<lb/> Feſſel iſt etwas unerhoͤrtes, denn alle ihre Gebiete-<lb/> rinnen ſind Koͤniginnen, und zwar recht grauſame<lb/> Koͤniginnen, aber welches wohl zu merken iſt, auch<lb/> nur in poetiſchem Verſtande. Denn wir leſen in der<lb/> arkadiſchen Chronike, daß dergleichen gefeſſelte Lieb-<lb/> haber beherzt genug geweſen ſind, in einer Woche<lb/> wohl drey ſolche Koͤniginnen vom Throne zu ſtoßen,<lb/> und bey der vierten um Feſſeln zu flehen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Nach-</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0148]
Hinkmars von Repkow
Und deſſen ungegruͤndete Meynung.) Jch
wuͤrde hierbey Gelegenheit haben, uͤber ſeine einfaͤl-
tigen Vorurtheile ziemlich zu ſpotten, und er verdien-
te es wohl! Weil er aber meiner in ſeiner letzten
Vorrede ſehr ruͤhmlich gedacht, ja ſo gar nur un-
laͤngſt in ſeine Werke ein poetiſches Sendſchreiben
an mich eingeruͤckt hat: So verſichre ich meine Le-
ſer, daß ich noch niemanden gefunden habe, welcher
in Befoͤrderung des guten Geſchmacks, und der ſchoͤ-
nen Wiſſenſchaften in Deutſchland ſo unermuͤdet und
gluͤcklich geweſen, als eben dieſer beruͤhmte Mann.
Bey denen man um Feſſeln fleht.) Dieſe
ſchoͤne Stelle recht zu verſtehen, muß man wiſſen,
daß unſre Dichter niemals verliebter ſind, als wenn
ſie in Ketten und Banden liegen. Es gehoͤrt die-
ſes zu denen Moden in der Poeſie, von welchen ich,
in einer abſonderlichen Schrift, umſtaͤndlich han-
deln werde. Man ſollte glauben, ein Liebha-
ber, der auf allen vieren kriecht, wuͤrde wenig Ein-
druck machen; aber bey den poetiſchen Schoͤnen iſt
es ganz anders. Ein reimender Liebhaber ohne
Feſſel iſt etwas unerhoͤrtes, denn alle ihre Gebiete-
rinnen ſind Koͤniginnen, und zwar recht grauſame
Koͤniginnen, aber welches wohl zu merken iſt, auch
nur in poetiſchem Verſtande. Denn wir leſen in der
arkadiſchen Chronike, daß dergleichen gefeſſelte Lieb-
haber beherzt genug geweſen ſind, in einer Woche
wohl drey ſolche Koͤniginnen vom Throne zu ſtoßen,
und bey der vierten um Feſſeln zu flehen.
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