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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Hinkmars von Repkow
widersprechend seyn.) Das kann wohl seyn,
und dennoch halte ich es für keinen Fehler. Jch
sehe mich genöthigt, etwas weitläuftiger davon zu
handeln, weil ich dadurch Gelegenheit bekomme,
noch ein Blatt zu beschreiben. Man kann meines
Erachtens einen Kunstrichter gar füglich, als einen
Mann, vorstellen, der auf die Heftigkeit der Kunst-
richter, und verschiedne Schooßsünden der Gelehr-
ten, mit der größten Heftigkeit, voller Eigenliebe
und kritischen Hochmuths eifert, gleichwohl aber
bey verschiednen Gelegenheiten, wo man es am we-
nigsten vermuthen sollte, sehr vernünftig und gelas-
sen urtheilt. Don Qvichott blieb dennoch der Held
von Mancha, wenn er gleich seinem Sancho Pansa
die erbaulichsten und vernünftigsten Lehren gab. Er
hatte das Barbierbecken auf dem Kopfe, die verro-
stete Lanze in der Hand, und saß auf seiner Rossi-
nante; gleichwohl waren seine Unterredungen so
tiefsinnig und philosophisch, als vielmals die Unter-
redungen eines außerordentlichen Lehrers der Welt-
weisheit nicht sind. Nur erst alsdann ward er ein
Narr, wenn er von Riesen träumte, und Wind-
mühlen bestürmte. Wenn ich mich recht entsinne,
so habe ich gelesen, daß Cervantes, eben durch die-
sen ungleichen und abwechselnden Charakter, sich und
seinen Don Qvichott berühmt gemacht hat. Das
ist ja nicht eben so gar unwahrscheinlich, daß ein
Mensch bey gewissen Fällen vernünftig seyn kann,
welcher uns doch auf einer andern Seite lächerlich
scheint. Jch kenne einen gewissen Rechtsgelehrten,

welcher

Hinkmars von Repkow
widerſprechend ſeyn.) Das kann wohl ſeyn,
und dennoch halte ich es fuͤr keinen Fehler. Jch
ſehe mich genoͤthigt, etwas weitlaͤuftiger davon zu
handeln, weil ich dadurch Gelegenheit bekomme,
noch ein Blatt zu beſchreiben. Man kann meines
Erachtens einen Kunſtrichter gar fuͤglich, als einen
Mann, vorſtellen, der auf die Heftigkeit der Kunſt-
richter, und verſchiedne Schooßſuͤnden der Gelehr-
ten, mit der groͤßten Heftigkeit, voller Eigenliebe
und kritiſchen Hochmuths eifert, gleichwohl aber
bey verſchiednen Gelegenheiten, wo man es am we-
nigſten vermuthen ſollte, ſehr vernuͤnftig und gelaſ-
ſen urtheilt. Don Qvichott blieb dennoch der Held
von Mancha, wenn er gleich ſeinem Sancho Panſa
die erbaulichſten und vernuͤnftigſten Lehren gab. Er
hatte das Barbierbecken auf dem Kopfe, die verro-
ſtete Lanze in der Hand, und ſaß auf ſeiner Roſſi-
nante; gleichwohl waren ſeine Unterredungen ſo
tiefſinnig und philoſophiſch, als vielmals die Unter-
redungen eines außerordentlichen Lehrers der Welt-
weisheit nicht ſind. Nur erſt alsdann ward er ein
Narr, wenn er von Rieſen traͤumte, und Wind-
muͤhlen beſtuͤrmte. Wenn ich mich recht entſinne,
ſo habe ich geleſen, daß Cervantes, eben durch die-
ſen ungleichen und abwechſelnden Charakter, ſich und
ſeinen Don Qvichott beruͤhmt gemacht hat. Das
iſt ja nicht eben ſo gar unwahrſcheinlich, daß ein
Menſch bey gewiſſen Faͤllen vernuͤnftig ſeyn kann,
welcher uns doch auf einer andern Seite laͤcherlich
ſcheint. Jch kenne einen gewiſſen Rechtsgelehrten,

welcher
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[146/0146] Hinkmars von Repkow widerſprechend ſeyn.) Das kann wohl ſeyn, und dennoch halte ich es fuͤr keinen Fehler. Jch ſehe mich genoͤthigt, etwas weitlaͤuftiger davon zu handeln, weil ich dadurch Gelegenheit bekomme, noch ein Blatt zu beſchreiben. Man kann meines Erachtens einen Kunſtrichter gar fuͤglich, als einen Mann, vorſtellen, der auf die Heftigkeit der Kunſt- richter, und verſchiedne Schooßſuͤnden der Gelehr- ten, mit der groͤßten Heftigkeit, voller Eigenliebe und kritiſchen Hochmuths eifert, gleichwohl aber bey verſchiednen Gelegenheiten, wo man es am we- nigſten vermuthen ſollte, ſehr vernuͤnftig und gelaſ- ſen urtheilt. Don Qvichott blieb dennoch der Held von Mancha, wenn er gleich ſeinem Sancho Panſa die erbaulichſten und vernuͤnftigſten Lehren gab. Er hatte das Barbierbecken auf dem Kopfe, die verro- ſtete Lanze in der Hand, und ſaß auf ſeiner Roſſi- nante; gleichwohl waren ſeine Unterredungen ſo tiefſinnig und philoſophiſch, als vielmals die Unter- redungen eines außerordentlichen Lehrers der Welt- weisheit nicht ſind. Nur erſt alsdann ward er ein Narr, wenn er von Rieſen traͤumte, und Wind- muͤhlen beſtuͤrmte. Wenn ich mich recht entſinne, ſo habe ich geleſen, daß Cervantes, eben durch die- ſen ungleichen und abwechſelnden Charakter, ſich und ſeinen Don Qvichott beruͤhmt gemacht hat. Das iſt ja nicht eben ſo gar unwahrſcheinlich, daß ein Menſch bey gewiſſen Faͤllen vernuͤnftig ſeyn kann, welcher uns doch auf einer andern Seite laͤcherlich ſcheint. Jch kenne einen gewiſſen Rechtsgelehrten, welcher

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/146>, abgerufen am 24.11.2024.