[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Noten ohne Text. Und ein jeder glaubt, es werde noch in kann, J 4
Noten ohne Text. Und ein jeder glaubt, es werde noch in kann, J 4
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Noten ohne Text.
Und ein jeder glaubt, es werde noch in
tauſend Jahren Scholiaſten geben, welche
ſeine gelehrte Schrift mit kritiſchen Anmer-
kungen bereichern, und uͤber eine zweifel-
hafte Lesart andern Scholiaſten Verſtand
und guten Namen abſprechen.) Und ich glau-
be, daß mir ſelbſt dieſes widerfahren wird. Eine
ſo ſchmeichelhafte Eigenliebe, als diejenige iſt, wo-
von unſer Text redet, iſt niemanden zu gute zu hal-
ten, als mir, weil außer mir niemand ein ſo
wichtiges Werk geſchrieben hat, als gegenwaͤrti-
ge Noten ohne Text ſind. Jch ſtelle mir hierbey
deren ſpaͤtes Schickſal auf das lebhafteſte vor. Jch
uͤberſehe, mit einem ehrgeizigen Blicke, eine Reihe
von vielen Jahrhunderten, und empfinde eine ſtaͤr-
kende Beruhigung in mir ſelbſt, wenn ich an unſre
ſpaͤteſten Nachkommen gedenke, wie ſie mit einer
abgoͤttiſchen Ehrfurcht den Verſtand und Witz des
Hinkmars von Repkow bewundern werden. Ja,
ich gehe in dieſen prophetiſchen Betrachtungen noch
weiter. Damals hießen unſre alten Deutſchen noch
Barbaren, als man zu Rom, fuͤr die Aufnahme des
guten Geſchmacks in der Dichtkunſt und Bered-
ſamkeit, mit eben der Sorgfalt, doch vielleicht nicht
mit eben der Hitze, kaͤmpfte, mit welcher wir, die ge-
ſitteten Nachkommen dieſer barbariſchen Deutſchen
ſo viel gelehrte Kriege, in unſerm eignem Vaterlande,
auf das muthigſte unternommen, und fortgefuͤhrt
haben. Jſt wohl alſo im geringſten zu zweifeln,
daß nach Verlaufe vieler Jahrhunderte eben dieſes
die wichtigſte Beſchaͤfftigung ſolcher Voͤlker ſeyn
kann,
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