Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Hinkmars von Repkow
"einen Mann! Du bist ein kluger Mann! Xeno-
"krates,
du wirst mich verstehen!

Feruet, immensusque ruit profundo
Pindarus ore
Laurea donandus Apollinari!

Das Ansehen dieses großen Dichters schützt uns wi-
der alle Vorwürfe. Es ist zwar allerdings, wie
Horaz uns warnet, sehr gefährlich, dem Pindar
nachzuahmen, aber nur in diesem Stücke nicht.
Denn, sind wir nicht so feurig, wie Pindar, so
sind wir doch wenigstens eben so geldgierig! Man
sage ja nicht, daß ich mich an so berühmte Leute des
Alterthums wohl aus andern Ursachen, als wegen
ihrer Fehler, errinnern könnte. Es geschieht gar
nicht, dieselben zu verkleinern, sondern die großen
Beyspiele unsrer Zeiten durch andre große Bey-
spiele zu rechtfertigen, und dadurch zu zeigen, wie
sehr sich bereits die meisten meiner Landsleute den
Alten genähert haben. Es ist überdieses noch zu
erweisen, ob das Verlangen nach einer verdienten
Belohnung ein Fehler ist. Jch glaube es nicht,
und kenne, zu meiner Beruhigung, Leute genug,
welche meiner Meynuug sind.

Ohne eigennützige Absichten, ohne Vor-
urtheil, bloß zur Beförderung des gemein-
schaftlichen Wohls und zur Aufnahme der
schönen Wissenschaften)
Eine jede Znnft der
Gelehrten, und derer, welche sich zu den Gelehrten
rechnen, hat ihre gewissen Formeln, unter welchen
sie ihre wahre Absichten zu verbergen weis. So
viel ich Quacksalber gehört habe: So viele haben auch

versi-

Hinkmars von Repkow
„einen Mann! Du biſt ein kluger Mann! Xeno-
„krates,
du wirſt mich verſtehen!

Feruet, immenſusque ruit profundo
Pindarus ore
Laurea donandus Apollinari!

Das Anſehen dieſes großen Dichters ſchuͤtzt uns wi-
der alle Vorwuͤrfe. Es iſt zwar allerdings, wie
Horaz uns warnet, ſehr gefaͤhrlich, dem Pindar
nachzuahmen, aber nur in dieſem Stuͤcke nicht.
Denn, ſind wir nicht ſo feurig, wie Pindar, ſo
ſind wir doch wenigſtens eben ſo geldgierig! Man
ſage ja nicht, daß ich mich an ſo beruͤhmte Leute des
Alterthums wohl aus andern Urſachen, als wegen
ihrer Fehler, errinnern koͤnnte. Es geſchieht gar
nicht, dieſelben zu verkleinern, ſondern die großen
Beyſpiele unſrer Zeiten durch andre große Bey-
ſpiele zu rechtfertigen, und dadurch zu zeigen, wie
ſehr ſich bereits die meiſten meiner Landsleute den
Alten genaͤhert haben. Es iſt uͤberdieſes noch zu
erweiſen, ob das Verlangen nach einer verdienten
Belohnung ein Fehler iſt. Jch glaube es nicht,
und kenne, zu meiner Beruhigung, Leute genug,
welche meiner Meynuug ſind.

Ohne eigennuͤtzige Abſichten, ohne Vor-
urtheil, bloß zur Befoͤrderung des gemein-
ſchaftlichen Wohls und zur Aufnahme der
ſchoͤnen Wiſſenſchaften)
Eine jede Znnft der
Gelehrten, und derer, welche ſich zu den Gelehrten
rechnen, hat ihre gewiſſen Formeln, unter welchen
ſie ihre wahre Abſichten zu verbergen weis. So
viel ich Quackſalber gehoͤrt habe: So viele haben auch

verſi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="132"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hinkmars von Repkow</hi></fw><lb/>
&#x201E;einen Mann! Du bi&#x017F;t ein kluger Mann! <hi rendition="#fr">Xeno-<lb/>
&#x201E;krates,</hi> du wir&#x017F;t mich ver&#x017F;tehen!</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#aq">Feruet, immen&#x017F;usque ruit profundo</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#et">Pindarus ore</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Laurea donandus Apollinari!</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Das An&#x017F;ehen die&#x017F;es großen Dichters &#x017F;chu&#x0364;tzt uns wi-<lb/>
der alle Vorwu&#x0364;rfe. Es i&#x017F;t zwar allerdings, wie<lb/>
Horaz uns warnet, &#x017F;ehr gefa&#x0364;hrlich, dem Pindar<lb/>
nachzuahmen, aber nur in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke nicht.<lb/>
Denn, &#x017F;ind wir nicht &#x017F;o feurig, wie Pindar, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ind wir doch wenig&#x017F;tens eben &#x017F;o geldgierig! Man<lb/>
&#x017F;age ja nicht, daß ich mich an &#x017F;o beru&#x0364;hmte Leute des<lb/>
Alterthums wohl aus andern Ur&#x017F;achen, als wegen<lb/>
ihrer Fehler, errinnern ko&#x0364;nnte. Es ge&#x017F;chieht gar<lb/>
nicht, die&#x017F;elben zu verkleinern, &#x017F;ondern die großen<lb/>
Bey&#x017F;piele un&#x017F;rer Zeiten durch andre große Bey-<lb/>
&#x017F;piele zu rechtfertigen, und dadurch zu zeigen, wie<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;ich bereits die mei&#x017F;ten meiner Landsleute den<lb/>
Alten gena&#x0364;hert haben. Es i&#x017F;t u&#x0364;berdie&#x017F;es noch zu<lb/>
erwei&#x017F;en, ob das Verlangen nach einer verdienten<lb/>
Belohnung ein Fehler i&#x017F;t. Jch glaube es nicht,<lb/>
und kenne, zu meiner Beruhigung, Leute genug,<lb/>
welche meiner Meynuug &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ohne eigennu&#x0364;tzige Ab&#x017F;ichten, ohne Vor-<lb/>
urtheil, bloß zur Befo&#x0364;rderung des gemein-<lb/>
&#x017F;chaftlichen Wohls und zur Aufnahme der<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften)</hi> Eine jede Znnft der<lb/>
Gelehrten, und derer, welche &#x017F;ich zu den Gelehrten<lb/>
rechnen, hat ihre gewi&#x017F;&#x017F;en Formeln, unter welchen<lb/>
&#x017F;ie ihre wahre Ab&#x017F;ichten zu verbergen weis. So<lb/>
viel ich Quack&#x017F;alber geho&#x0364;rt habe: So viele haben auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver&#x017F;i-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0132] Hinkmars von Repkow „einen Mann! Du biſt ein kluger Mann! Xeno- „krates, du wirſt mich verſtehen! Feruet, immenſusque ruit profundo Pindarus ore Laurea donandus Apollinari! Das Anſehen dieſes großen Dichters ſchuͤtzt uns wi- der alle Vorwuͤrfe. Es iſt zwar allerdings, wie Horaz uns warnet, ſehr gefaͤhrlich, dem Pindar nachzuahmen, aber nur in dieſem Stuͤcke nicht. Denn, ſind wir nicht ſo feurig, wie Pindar, ſo ſind wir doch wenigſtens eben ſo geldgierig! Man ſage ja nicht, daß ich mich an ſo beruͤhmte Leute des Alterthums wohl aus andern Urſachen, als wegen ihrer Fehler, errinnern koͤnnte. Es geſchieht gar nicht, dieſelben zu verkleinern, ſondern die großen Beyſpiele unſrer Zeiten durch andre große Bey- ſpiele zu rechtfertigen, und dadurch zu zeigen, wie ſehr ſich bereits die meiſten meiner Landsleute den Alten genaͤhert haben. Es iſt uͤberdieſes noch zu erweiſen, ob das Verlangen nach einer verdienten Belohnung ein Fehler iſt. Jch glaube es nicht, und kenne, zu meiner Beruhigung, Leute genug, welche meiner Meynuug ſind. Ohne eigennuͤtzige Abſichten, ohne Vor- urtheil, bloß zur Befoͤrderung des gemein- ſchaftlichen Wohls und zur Aufnahme der ſchoͤnen Wiſſenſchaften) Eine jede Znnft der Gelehrten, und derer, welche ſich zu den Gelehrten rechnen, hat ihre gewiſſen Formeln, unter welchen ſie ihre wahre Abſichten zu verbergen weis. So viel ich Quackſalber gehoͤrt habe: So viele haben auch verſi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/132
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/132>, abgerufen am 28.11.2024.