[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Ein Traum mich über den Verlust dieser drey philosophischenUniversalrecepte trösten lassen, wenn ich nur erfah- re, daß meine abgeschiednen Seelen ihren Werth behalten. An der Betrachtung dieses Grundsatzes finde ich mehr Vergnügen, als an allen elektrischen Experimenten. Jch habe demselben oftmals viele Stunden lang nachgedacht, und allemal bin ich dar- über in eine solche Entzückung gerathen, in welcher kaum ein Poet seyn kann, der im Namen eines An- dern für Geld und gute Worte die Augen einer Phyllis besingt. Eben dieses ist Ursache, daß ich heute meinen Jch will es niemanden im Ernste zumuthen, ter Ruhm des leibhaften Newtons unsers Vaterlandes, des
philosophischen Herrn Wrydens, die großen Manschetten nicht überleben werde. Ein Traum mich uͤber den Verluſt dieſer drey philoſophiſchenUniverſalrecepte troͤſten laſſen, wenn ich nur erfah- re, daß meine abgeſchiednen Seelen ihren Werth behalten. An der Betrachtung dieſes Grundſatzes finde ich mehr Vergnuͤgen, als an allen elektriſchen Experimenten. Jch habe demſelben oftmals viele Stunden lang nachgedacht, und allemal bin ich dar- uͤber in eine ſolche Entzuͤckung gerathen, in welcher kaum ein Poet ſeyn kann, der im Namen eines An- dern fuͤr Geld und gute Worte die Augen einer Phyllis beſingt. Eben dieſes iſt Urſache, daß ich heute meinen Jch will es niemanden im Ernſte zumuthen, ter Ruhm des leibhaften Newtons unſers Vaterlandes, des
philoſophiſchen Herrn Wrydens, die großen Manſchetten nicht uͤberleben werde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ein Traum</hi></fw><lb/> mich uͤber den Verluſt dieſer drey philoſophiſchen<lb/> Univerſalrecepte troͤſten laſſen, wenn ich nur erfah-<lb/> re, daß meine abgeſchiednen Seelen ihren Werth<lb/> behalten. An der Betrachtung dieſes Grundſatzes<lb/> finde ich mehr Vergnuͤgen, als an allen elektriſchen<lb/> Experimenten. Jch habe demſelben oftmals viele<lb/> Stunden lang nachgedacht, und allemal bin ich dar-<lb/> uͤber in eine ſolche Entzuͤckung gerathen, in welcher<lb/> kaum ein Poet ſeyn kann, der im Namen eines An-<lb/> dern fuͤr Geld und gute Worte die Augen einer<lb/> Phyllis beſingt.</p><lb/> <p>Eben dieſes iſt Urſache, daß ich heute meinen<lb/><hi rendition="#fr">Leſern einen Traum von den Beſchaͤfftigungen<lb/> der abgeſchiednen Seelen nach der Trennung<lb/> von ihren Koͤrpern</hi> vorlege. Jm voraus aber<lb/> muß ich eines und das andre erinnern, welches die<lb/> Einrichtung meines Traums, und verſchiedne Frey-<lb/> heiten betrifft, ſo ich mir darinnen genommen habe.</p><lb/> <p>Jch will es niemanden im Ernſte zumuthen,<lb/> daß er glauben ſolle, ich habe wirklich alſo getraͤu-<lb/> met, ungeachtet es eben nicht unwahrſcheinlich iſt.<lb/> Jch kann es zwar nicht laͤugnen, der Traum iſt<lb/> ziemlich lang gerathen; aber in der Stadt, wo ich<lb/> mich aufhalte, ſchlafen die Leute viel laͤnger, als an<lb/> andern Orten, und alſo traͤumen ſie auch laͤnger.<lb/> Wer wollte mir es wehren, wenn ich ihn in Archan-<lb/> gel getraͤumt haͤtte, wo man zu gewiſſen Zeiten lau-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ter</fw><lb/><note xml:id="f02" prev="#f01" place="foot" n="*">Ruhm des leibhaften Newtons unſers Vaterlandes, des<lb/> philoſophiſchen Herrn <hi rendition="#fr">Wrydens,</hi> die großen Manſchetten<lb/> nicht uͤberleben werde.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0012]
Ein Traum
mich uͤber den Verluſt dieſer drey philoſophiſchen
Univerſalrecepte troͤſten laſſen, wenn ich nur erfah-
re, daß meine abgeſchiednen Seelen ihren Werth
behalten. An der Betrachtung dieſes Grundſatzes
finde ich mehr Vergnuͤgen, als an allen elektriſchen
Experimenten. Jch habe demſelben oftmals viele
Stunden lang nachgedacht, und allemal bin ich dar-
uͤber in eine ſolche Entzuͤckung gerathen, in welcher
kaum ein Poet ſeyn kann, der im Namen eines An-
dern fuͤr Geld und gute Worte die Augen einer
Phyllis beſingt.
Eben dieſes iſt Urſache, daß ich heute meinen
Leſern einen Traum von den Beſchaͤfftigungen
der abgeſchiednen Seelen nach der Trennung
von ihren Koͤrpern vorlege. Jm voraus aber
muß ich eines und das andre erinnern, welches die
Einrichtung meines Traums, und verſchiedne Frey-
heiten betrifft, ſo ich mir darinnen genommen habe.
Jch will es niemanden im Ernſte zumuthen,
daß er glauben ſolle, ich habe wirklich alſo getraͤu-
met, ungeachtet es eben nicht unwahrſcheinlich iſt.
Jch kann es zwar nicht laͤugnen, der Traum iſt
ziemlich lang gerathen; aber in der Stadt, wo ich
mich aufhalte, ſchlafen die Leute viel laͤnger, als an
andern Orten, und alſo traͤumen ſie auch laͤnger.
Wer wollte mir es wehren, wenn ich ihn in Archan-
gel getraͤumt haͤtte, wo man zu gewiſſen Zeiten lau-
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* Ruhm des leibhaften Newtons unſers Vaterlandes, des
philoſophiſchen Herrn Wrydens, die großen Manſchetten
nicht uͤberleben werde.
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