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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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der Glückwünschungsschreiben.
itzt öffentlich bekennte. Jch habe 29 ein halb Du-
tzend gute Freunde, welche mich von Zeit zu Zeit
mit gelehrten und fremden Anmerkungen verlegen,
und ich habe ihrer Freygebigkeit dasjenige einzig
und allein zu danken, was ich in gegenwärtigem
Abschnitte dem geneigten Leser mitgetheilet 30. Es
ist dieses gar kein Fehler von mir. Wenn nie-
mand nichts schreiben wollte, als was er verstünde,
so würde gewiß die Hälfte von den gelehrten Wer-
ken wegfallen, welche alle Messen an das Licht tre-
ten. Wir haben genug gethan, wenn wir unsre
Namen auf den Titel setzen lassen.

§. 10. Jn unsern Glückwünschungsschreiben
pflegen wir unsern Gönnern oder guten Freun-
den etwas annehmliches vorzusagen.

Es könnte das Ansehen gewinnen, als wäre
dieses der Hauptendzweck. Er ist es aber nicht.
Wir schreiben nicht darum, weil wir etwas wün-
schen wollen; sondern wir wünschen, damit wir
schreiben können. Die Erfahrung wird dieses am
besten beweisen. Man sehe unsre Glückwünschungs-

schrei-
29 Jch muß hier die aufrichtige Fürsorge meiner guten Freun-
de öffentlich und mit Danke rühmen. Jch habe durch
ihre Beyhülfe einen so schönen Vorrath von Anmerkungen
in verschiednen Sprachen, daß ich alle Stunden vermö-
gend bin, ein neues Werk zu schreiben. Nur kann ich noch
nicht schlüßig werden, wovon es handeln soll.
30 Herr Prof. Kehr in Petersburg hat mit eine auserlesene
Sammlung von Noten in ausländischen, und bey uns ganz
unerhörten Sprachen versprochen. Es ist mir verdrieß-
lich, daß er in Erfüllung seines Versprechens so saumselig
ist. Hätte ich sie anitzt gehabt, so würden sie gegenwär-
tiger Abhandlung ein besondres Ansehen gegeben haben.
B 4

der Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben.
itzt oͤffentlich bekennte. Jch habe 29 ein halb Du-
tzend gute Freunde, welche mich von Zeit zu Zeit
mit gelehrten und fremden Anmerkungen verlegen,
und ich habe ihrer Freygebigkeit dasjenige einzig
und allein zu danken, was ich in gegenwaͤrtigem
Abſchnitte dem geneigten Leſer mitgetheilet 30. Es
iſt dieſes gar kein Fehler von mir. Wenn nie-
mand nichts ſchreiben wollte, als was er verſtuͤnde,
ſo wuͤrde gewiß die Haͤlfte von den gelehrten Wer-
ken wegfallen, welche alle Meſſen an das Licht tre-
ten. Wir haben genug gethan, wenn wir unſre
Namen auf den Titel ſetzen laſſen.

§. 10. Jn unſern Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben
pflegen wir unſern Goͤnnern oder guten Freun-
den etwas annehmliches vorzuſagen.

Es koͤnnte das Anſehen gewinnen, als waͤre
dieſes der Hauptendzweck. Er iſt es aber nicht.
Wir ſchreiben nicht darum, weil wir etwas wuͤn-
ſchen wollen; ſondern wir wuͤnſchen, damit wir
ſchreiben koͤnnen. Die Erfahrung wird dieſes am
beſten beweiſen. Man ſehe unſre Gluͤckwuͤnſchungs-

ſchrei-
29 Jch muß hier die aufrichtige Fuͤrſorge meiner guten Freun-
de oͤffentlich und mit Danke ruͤhmen. Jch habe durch
ihre Beyhuͤlfe einen ſo ſchoͤnen Vorrath von Anmerkungen
in verſchiednen Sprachen, daß ich alle Stunden vermoͤ-
gend bin, ein neues Werk zu ſchreiben. Nur kann ich noch
nicht ſchluͤßig werden, wovon es handeln ſoll.
30 Herr Prof. Kehr in Petersburg hat mit eine auserleſene
Sammlung von Noten in auslaͤndiſchen, und bey uns ganz
unerhoͤrten Sprachen verſprochen. Es iſt mir verdrieß-
lich, daß er in Erfuͤllung ſeines Verſprechens ſo ſaumſelig
iſt. Haͤtte ich ſie anitzt gehabt, ſo wuͤrden ſie gegenwaͤr-
tiger Abhandlung ein beſondres Anſehen gegeben haben.
B 4
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[23/0097] der Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben. itzt oͤffentlich bekennte. Jch habe 29 ein halb Du- tzend gute Freunde, welche mich von Zeit zu Zeit mit gelehrten und fremden Anmerkungen verlegen, und ich habe ihrer Freygebigkeit dasjenige einzig und allein zu danken, was ich in gegenwaͤrtigem Abſchnitte dem geneigten Leſer mitgetheilet 30. Es iſt dieſes gar kein Fehler von mir. Wenn nie- mand nichts ſchreiben wollte, als was er verſtuͤnde, ſo wuͤrde gewiß die Haͤlfte von den gelehrten Wer- ken wegfallen, welche alle Meſſen an das Licht tre- ten. Wir haben genug gethan, wenn wir unſre Namen auf den Titel ſetzen laſſen. §. 10. Jn unſern Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben pflegen wir unſern Goͤnnern oder guten Freun- den etwas annehmliches vorzuſagen. Es koͤnnte das Anſehen gewinnen, als waͤre dieſes der Hauptendzweck. Er iſt es aber nicht. Wir ſchreiben nicht darum, weil wir etwas wuͤn- ſchen wollen; ſondern wir wuͤnſchen, damit wir ſchreiben koͤnnen. Die Erfahrung wird dieſes am beſten beweiſen. Man ſehe unſre Gluͤckwuͤnſchungs- ſchrei- 29 Jch muß hier die aufrichtige Fuͤrſorge meiner guten Freun- de oͤffentlich und mit Danke ruͤhmen. Jch habe durch ihre Beyhuͤlfe einen ſo ſchoͤnen Vorrath von Anmerkungen in verſchiednen Sprachen, daß ich alle Stunden vermoͤ- gend bin, ein neues Werk zu ſchreiben. Nur kann ich noch nicht ſchluͤßig werden, wovon es handeln ſoll. 30 Herr Prof. Kehr in Petersburg hat mit eine auserleſene Sammlung von Noten in auslaͤndiſchen, und bey uns ganz unerhoͤrten Sprachen verſprochen. Es iſt mir verdrieß- lich, daß er in Erfuͤllung ſeines Verſprechens ſo ſaumſelig iſt. Haͤtte ich ſie anitzt gehabt, ſo wuͤrden ſie gegenwaͤr- tiger Abhandlung ein beſondres Anſehen gegeben haben. B 4

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/97>, abgerufen am 24.11.2024.