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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Von der Vortrefflichkeit
nen hat, nimmt man die ansehnlichsten Lettern.
Soll er recht zierlich seyn, so muß er aussehen, wie
die Grabschrift eines reichen Müßiggängers, in wel-
che der vergnügte Erbe weit mehr setzen lassen, als
der Verstorbne in seinem ganzen Leben zu thun fä-
hig gewesen ist. Daß der Anfangsbuchstabe 15
in einem zierlich geschnittnen Stocke stehen muß,
versteht sich von selbst. Und jedermann wird zu
Steuer 16 der Wahrheit bekennen müssen, daß
eine schlechte Abhandlung weit erträglicher sey, als
ein schlechter Anfangsbuchstabe.

§. 7. Die Abhandlung muß aus zusammen ver-
knüpften Worten bestehen. Worte sind also das
Hauptstücke unserer Glückwünschungsschreiben.
Wenn man diese hat, so hat man alles. Es giebt
noch viele unter unsern Gelehrten, deren Namen

ich
kützelnde Zufriedenheit lange nicht, welche ich bey mir ver-
spürt, als ich den ersten Bogen aus der Druckerey
bekam.
15 Videatur mein D. beym Anfange dieser Schrift!
16 Bey dem Worte Steuer fällt mir eine rare Münze bey,
welche ich auf den Titel stechen lassen. Ein andrer, der
meine Fähigkeit im Denken nicht besitzt, würde nimmer-
mehr darauf gekommen seyn. Weil ich dieses Werk selbst
verlegen werde, so habe ich die Kosten nicht gescheut,
dieses Kupfer verfertigen zu lassen. Es ist die allerneu-
ste Mode. Es machet ein Buch beliebt. Und was das
schönste ist, so wird gar nicht erfodert, daß sich die Münze
zur Abhandlung schicke, oder etwas davon in derfelben
gedacht werde. Wer hätte in meiner Lobschrift auf die
Glückwünschungsschreiben, eine Steuermünze suchen sol-
len? Bloß dem Worte Steuer hat der Leser das schö-
ne Bildchen zu danken.

Von der Vortrefflichkeit
nen hat, nimmt man die anſehnlichſten Lettern.
Soll er recht zierlich ſeyn, ſo muß er ausſehen, wie
die Grabſchrift eines reichen Muͤßiggaͤngers, in wel-
che der vergnuͤgte Erbe weit mehr ſetzen laſſen, als
der Verſtorbne in ſeinem ganzen Leben zu thun faͤ-
hig geweſen iſt. Daß der Anfangsbuchſtabe 15
in einem zierlich geſchnittnen Stocke ſtehen muß,
verſteht ſich von ſelbſt. Und jedermann wird zu
Steuer 16 der Wahrheit bekennen muͤſſen, daß
eine ſchlechte Abhandlung weit ertraͤglicher ſey, als
ein ſchlechter Anfangsbuchſtabe.

§. 7. Die Abhandlung muß aus zuſammen ver-
knuͤpften Worten beſtehen. Worte ſind alſo das
Hauptſtuͤcke unſerer Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben.
Wenn man dieſe hat, ſo hat man alles. Es giebt
noch viele unter unſern Gelehrten, deren Namen

ich
kuͤtzelnde Zufriedenheit lange nicht, welche ich bey mir ver-
ſpuͤrt, als ich den erſten Bogen aus der Druckerey
bekam.
15 Videatur mein D. beym Anfange dieſer Schrift!
16 Bey dem Worte Steuer faͤllt mir eine rare Muͤnze bey,
welche ich auf den Titel ſtechen laſſen. Ein andrer, der
meine Faͤhigkeit im Denken nicht beſitzt, wuͤrde nimmer-
mehr darauf gekommen ſeyn. Weil ich dieſes Werk ſelbſt
verlegen werde, ſo habe ich die Koſten nicht geſcheut,
dieſes Kupfer verfertigen zu laſſen. Es iſt die allerneu-
ſte Mode. Es machet ein Buch beliebt. Und was das
ſchoͤnſte iſt, ſo wird gar nicht erfodert, daß ſich die Muͤnze
zur Abhandlung ſchicke, oder etwas davon in derfelben
gedacht werde. Wer haͤtte in meiner Lobſchrift auf die
Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben, eine Steuermuͤnze ſuchen ſol-
len? Bloß dem Worte Steuer hat der Leſer das ſchoͤ-
ne Bildchen zu danken.
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[14/0088] Von der Vortrefflichkeit nen hat, nimmt man die anſehnlichſten Lettern. Soll er recht zierlich ſeyn, ſo muß er ausſehen, wie die Grabſchrift eines reichen Muͤßiggaͤngers, in wel- che der vergnuͤgte Erbe weit mehr ſetzen laſſen, als der Verſtorbne in ſeinem ganzen Leben zu thun faͤ- hig geweſen iſt. Daß der Anfangsbuchſtabe 15 in einem zierlich geſchnittnen Stocke ſtehen muß, verſteht ſich von ſelbſt. Und jedermann wird zu Steuer 16 der Wahrheit bekennen muͤſſen, daß eine ſchlechte Abhandlung weit ertraͤglicher ſey, als ein ſchlechter Anfangsbuchſtabe. §. 7. Die Abhandlung muß aus zuſammen ver- knuͤpften Worten beſtehen. Worte ſind alſo das Hauptſtuͤcke unſerer Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben. Wenn man dieſe hat, ſo hat man alles. Es giebt noch viele unter unſern Gelehrten, deren Namen ich 14 15 Videatur mein D. beym Anfange dieſer Schrift! 16 Bey dem Worte Steuer faͤllt mir eine rare Muͤnze bey, welche ich auf den Titel ſtechen laſſen. Ein andrer, der meine Faͤhigkeit im Denken nicht beſitzt, wuͤrde nimmer- mehr darauf gekommen ſeyn. Weil ich dieſes Werk ſelbſt verlegen werde, ſo habe ich die Koſten nicht geſcheut, dieſes Kupfer verfertigen zu laſſen. Es iſt die allerneu- ſte Mode. Es machet ein Buch beliebt. Und was das ſchoͤnſte iſt, ſo wird gar nicht erfodert, daß ſich die Muͤnze zur Abhandlung ſchicke, oder etwas davon in derfelben gedacht werde. Wer haͤtte in meiner Lobſchrift auf die Gluͤckwuͤnſchungsſchreiben, eine Steuermuͤnze ſuchen ſol- len? Bloß dem Worte Steuer hat der Leſer das ſchoͤ- ne Bildchen zu danken. 14 kuͤtzelnde Zufriedenheit lange nicht, welche ich bey mir ver- ſpuͤrt, als ich den erſten Bogen aus der Druckerey bekam.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/88>, abgerufen am 24.11.2024.