[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.Vorbericht. rathen, oder als ein Misbrauch der Schrift undgeistlicher Gesänge angesehen werden könnte. Jch habe dieses jederzeit für meine erste Pflicht gehalten; und man wird Stellen finden, wo ich eine wahre Hochachtung gegen die Religion und ihre Diener ernsthaft genug geäußert habe. Desto empfindli- cher hat mir es seyn müssen, da ich erfahren, daß man einer von meinen Schriften diesen Vorzug so gar gerichtlich streitig machen wollen. Meine Leser werden mir erlauben, daß ich mich dieser Gelegen- heit bediene, etwas zu meiner Vertheidigung anzu- führen. Vielleicht lesen sie es mit Vergnügen, denn dergleichen poßierliche Händel kommen nicht alle Jah- re vor Gerichte vor. Der Eidschwur ist unstreitig eine der wichtigsten Die
Vorbericht. rathen, oder als ein Misbrauch der Schrift undgeiſtlicher Geſaͤnge angeſehen werden koͤnnte. Jch habe dieſes jederzeit fuͤr meine erſte Pflicht gehalten; und man wird Stellen finden, wo ich eine wahre Hochachtung gegen die Religion und ihre Diener ernſthaft genug geaͤußert habe. Deſto empfindli- cher hat mir es ſeyn muͤſſen, da ich erfahren, daß man einer von meinen Schriften dieſen Vorzug ſo gar gerichtlich ſtreitig machen wollen. Meine Leſer werden mir erlauben, daß ich mich dieſer Gelegen- heit bediene, etwas zu meiner Vertheidigung anzu- fuͤhren. Vielleicht leſen ſie es mit Vergnuͤgen, denn dergleichen poßierliche Haͤndel kommen nicht alle Jah- re vor Gerichte vor. Der Eidſchwur iſt unſtreitig eine der wichtigſten Die
<TEI> <text> <front> <div> <p><pb facs="#f0028" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorbericht.</hi></hi></fw><lb/> rathen, oder als ein Misbrauch der Schrift und<lb/> geiſtlicher Geſaͤnge angeſehen werden koͤnnte. Jch<lb/> habe dieſes jederzeit fuͤr meine erſte Pflicht gehalten;<lb/> und man wird Stellen finden, wo ich eine wahre<lb/> Hochachtung gegen die Religion und ihre Diener<lb/> ernſthaft genug geaͤußert habe. Deſto empfindli-<lb/> cher hat mir es ſeyn muͤſſen, da ich erfahren, daß<lb/> man einer von meinen Schriften dieſen Vorzug ſo<lb/> gar gerichtlich ſtreitig machen wollen. Meine Leſer<lb/> werden mir erlauben, daß ich mich dieſer Gelegen-<lb/> heit bediene, etwas zu meiner Vertheidigung anzu-<lb/> fuͤhren. Vielleicht leſen ſie es mit Vergnuͤgen, denn<lb/> dergleichen poßierliche Haͤndel kommen nicht alle Jah-<lb/> re vor Gerichte vor.</p><lb/> <p>Der Eidſchwur iſt unſtreitig eine der wichtigſten<lb/> Handlungen im gemeinen Leben, wir moͤgen den<lb/> Menſchen als einen Chriſten, oder nur als einen<lb/> Menſchen uͤberhaupt, betrachten. Der Misbrauch<lb/> der Eidſchwuͤre iſt mir vor vielen andern Laſtern ver-<lb/> abſcheuungswuͤrdig vorgekommen. Den Grund die-<lb/> ſes Misbrauchs habe ich nicht allein in dem Herzen<lb/> des Menſchen geſucht, welches immer geneigt iſt,<lb/> ſich ſeiner Pflichten, ſo viel moͤglich iſt, zu entlaͤſtigen;<lb/> ich habe auch gefunden, daß die Richter ſelbſt, und<lb/> wohl vielmals ohne ihren Willen Schuld daran ſind.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [28/0028]
Vorbericht.
rathen, oder als ein Misbrauch der Schrift und
geiſtlicher Geſaͤnge angeſehen werden koͤnnte. Jch
habe dieſes jederzeit fuͤr meine erſte Pflicht gehalten;
und man wird Stellen finden, wo ich eine wahre
Hochachtung gegen die Religion und ihre Diener
ernſthaft genug geaͤußert habe. Deſto empfindli-
cher hat mir es ſeyn muͤſſen, da ich erfahren, daß
man einer von meinen Schriften dieſen Vorzug ſo
gar gerichtlich ſtreitig machen wollen. Meine Leſer
werden mir erlauben, daß ich mich dieſer Gelegen-
heit bediene, etwas zu meiner Vertheidigung anzu-
fuͤhren. Vielleicht leſen ſie es mit Vergnuͤgen, denn
dergleichen poßierliche Haͤndel kommen nicht alle Jah-
re vor Gerichte vor.
Der Eidſchwur iſt unſtreitig eine der wichtigſten
Handlungen im gemeinen Leben, wir moͤgen den
Menſchen als einen Chriſten, oder nur als einen
Menſchen uͤberhaupt, betrachten. Der Misbrauch
der Eidſchwuͤre iſt mir vor vielen andern Laſtern ver-
abſcheuungswuͤrdig vorgekommen. Den Grund die-
ſes Misbrauchs habe ich nicht allein in dem Herzen
des Menſchen geſucht, welches immer geneigt iſt,
ſich ſeiner Pflichten, ſo viel moͤglich iſt, zu entlaͤſtigen;
ich habe auch gefunden, daß die Richter ſelbſt, und
wohl vielmals ohne ihren Willen Schuld daran ſind.
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |