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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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von Nicolaus Klimen.
schon in der Hölle brennen, und er sollte schlechter-
dings nirgends anders, als auf dem Misthaufen,
sterben; denn er war ein Greuel vor ihren Augen.
Auf der Welt wollte niemand mehr auf sie sehen;
darum sah sie beständig gen Himmel. Jn Gesell-
schaften mochte sie niemand haben; darum gieng sie
einsam, und verschloß sich in ihr Kämmerlein, und
beseufzte vor ihrem Spiegel die Hinfälligkeit aller
Dinge. Sie starb endlich alt und lebenssatt, und
hinterließ in den Nasen ihrer Mitschwestern einen
starken Geruch der Heiligkeit. Thue ich ihr durch
diese Erzählung zu viel, so bin ich gewissermaaßen
zu entschuldigen; denn sie hat mir es in meiner Ju-
gend auch sauer gemacht, als ich noch ein verliebter
Baccalaureus war.

Humulfo Humblus, ein lateinischer Mann,
und geschworner Feind seiner Muttersprache. Nichts
kam ihm niederträchtiger vor, als die Bemühung
einiger Gelehrten, welche die norwegische Sprache
in Aufnahme bringen, und gewisse Regeln der
Schreibart fest setzen wollten. Jhm war es einer-
ley, ob er Duyter, oder Titer schriebe; und wer
ihn bereden wollte, nur das erste sey recht, den hielt
er wenigstens für einen Grillenfänger. Wenn er
aber sah, daß jemand im Lateinischen ein D für
ein T setzte, so schlug er die Hände über den Kopf
zusammen, und vergoß die bittersten Thränen über
den Verfall der schönen Wissenschaften. Keinen
Gedanken hielt er für artig, den man nicht aus dem
Cicero beweisen konnte. Niemand verdiente, nach
seiner Meynung, den Namen eines Gelehrten, der

nicht
Erster Theil. M

von Nicolaus Klimen.
ſchon in der Hoͤlle brennen, und er ſollte ſchlechter-
dings nirgends anders, als auf dem Miſthaufen,
ſterben; denn er war ein Greuel vor ihren Augen.
Auf der Welt wollte niemand mehr auf ſie ſehen;
darum ſah ſie beſtaͤndig gen Himmel. Jn Geſell-
ſchaften mochte ſie niemand haben; darum gieng ſie
einſam, und verſchloß ſich in ihr Kaͤmmerlein, und
beſeufzte vor ihrem Spiegel die Hinfaͤlligkeit aller
Dinge. Sie ſtarb endlich alt und lebensſatt, und
hinterließ in den Naſen ihrer Mitſchweſtern einen
ſtarken Geruch der Heiligkeit. Thue ich ihr durch
dieſe Erzaͤhlung zu viel, ſo bin ich gewiſſermaaßen
zu entſchuldigen; denn ſie hat mir es in meiner Ju-
gend auch ſauer gemacht, als ich noch ein verliebter
Baccalaureus war.

Humulfo Humblus, ein lateiniſcher Mann,
und geſchworner Feind ſeiner Mutterſprache. Nichts
kam ihm niedertraͤchtiger vor, als die Bemuͤhung
einiger Gelehrten, welche die norwegiſche Sprache
in Aufnahme bringen, und gewiſſe Regeln der
Schreibart feſt ſetzen wollten. Jhm war es einer-
ley, ob er Duyter, oder Titer ſchriebe; und wer
ihn bereden wollte, nur das erſte ſey recht, den hielt
er wenigſtens fuͤr einen Grillenfaͤnger. Wenn er
aber ſah, daß jemand im Lateiniſchen ein D fuͤr
ein T ſetzte, ſo ſchlug er die Haͤnde uͤber den Kopf
zuſammen, und vergoß die bitterſten Thraͤnen uͤber
den Verfall der ſchoͤnen Wiſſenſchaften. Keinen
Gedanken hielt er fuͤr artig, den man nicht aus dem
Cicero beweiſen konnte. Niemand verdiente, nach
ſeiner Meynung, den Namen eines Gelehrten, der

nicht
Erſter Theil. M
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[177/0251] von Nicolaus Klimen. ſchon in der Hoͤlle brennen, und er ſollte ſchlechter- dings nirgends anders, als auf dem Miſthaufen, ſterben; denn er war ein Greuel vor ihren Augen. Auf der Welt wollte niemand mehr auf ſie ſehen; darum ſah ſie beſtaͤndig gen Himmel. Jn Geſell- ſchaften mochte ſie niemand haben; darum gieng ſie einſam, und verſchloß ſich in ihr Kaͤmmerlein, und beſeufzte vor ihrem Spiegel die Hinfaͤlligkeit aller Dinge. Sie ſtarb endlich alt und lebensſatt, und hinterließ in den Naſen ihrer Mitſchweſtern einen ſtarken Geruch der Heiligkeit. Thue ich ihr durch dieſe Erzaͤhlung zu viel, ſo bin ich gewiſſermaaßen zu entſchuldigen; denn ſie hat mir es in meiner Ju- gend auch ſauer gemacht, als ich noch ein verliebter Baccalaureus war. Humulfo Humblus, ein lateiniſcher Mann, und geſchworner Feind ſeiner Mutterſprache. Nichts kam ihm niedertraͤchtiger vor, als die Bemuͤhung einiger Gelehrten, welche die norwegiſche Sprache in Aufnahme bringen, und gewiſſe Regeln der Schreibart feſt ſetzen wollten. Jhm war es einer- ley, ob er Duyter, oder Titer ſchriebe; und wer ihn bereden wollte, nur das erſte ſey recht, den hielt er wenigſtens fuͤr einen Grillenfaͤnger. Wenn er aber ſah, daß jemand im Lateiniſchen ein D fuͤr ein T ſetzte, ſo ſchlug er die Haͤnde uͤber den Kopf zuſammen, und vergoß die bitterſten Thraͤnen uͤber den Verfall der ſchoͤnen Wiſſenſchaften. Keinen Gedanken hielt er fuͤr artig, den man nicht aus dem Cicero beweiſen konnte. Niemand verdiente, nach ſeiner Meynung, den Namen eines Gelehrten, der nicht Erſter Theil. M

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/251>, abgerufen am 24.11.2024.