[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.Eine Todtenliste die ganze Stadt mit Fingern auf sie zeigte, und sienur die verliebte Alte hieß. Diese allgemeine Verspottung brachte sie in die- schon
Eine Todtenliſte die ganze Stadt mit Fingern auf ſie zeigte, und ſienur die verliebte Alte hieß. Dieſe allgemeine Verſpottung brachte ſie in die- ſchon
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Eine Todtenliſte
die ganze Stadt mit Fingern auf ſie zeigte, und ſie
nur die verliebte Alte hieß.
Dieſe allgemeine Verſpottung brachte ſie in die-
jenigen Umſtaͤnde, in welchen ſie bis an ihren Tod
geblieben iſt. Sie ſah ſich in ihren Abſichten betro-
gen, und hatte alle fleiſchliche Hoffnung verloren;
deswegen gerieth ſie in Verzweiflung und ward
fromm. Die Welt, die abtruͤnnige Welt, ſchien
ihr ein Abſcheu, und eine Moͤrdergrube zu ſeyn; ſie
ſeufzte, wenn ſie ein ſchoͤnes Frauenzimmer ſah, ſie
eiferte wider die unſchuldigſten Gefaͤlligkeiten, die
man artigen Perſonen erzeigte; denn dieſes, ſagte
ſie, ſey der gerade Weg zur Hoͤllen. Reinlichkeit
und Putz hielt ſie fuͤr Eitelkeit, und Lockungen des
Satans. Die Haare ſtunden ihr zu Berge, wenn
ſie tanzen ſah; Schwefel und Pech wuͤrde das ge-
ringſte geweſen ſeyn, das ſie auf dieſe verſtockte
Rotte wuͤrde haben herabfallen laſſen, wenn ſie
im Himmel etwas zu befehlen gehabt haͤtte. Nach
ihrer Meynung war der juͤngſte Tag vor der Thuͤre,
als um ſelbige Zeit die Weiber einiger Rathmaͤn-
ner in Bergen anfiengen, die ſuͤndlichen Fontan-
gen zu tragen. Von keinem Menſchen redete ſie
Gutes, und verdammte die ganze Stadt, beſonders
aber das Frauenzimmer bey lebendigem Leibe.
Widerfuhr jemanden ein Ungluͤck an ſeinem Koͤr-
per oder an ſeiner Nahrung, ſo waren dieſes alle-
mal augenſcheinliche Zorngerichte, welche uͤber das
boͤſe Geſchlechte hereinbrachen. Den Dichter,
welcher, wie ich’ gedacht habe, an ihrer andaͤchtigen
Verwandlung die vornehmſte Urſache war, ſah ſie
ſchon
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