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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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von Nicolaus Klimen.
einem unersättlichen Hochmuthe, und doch dabey
geizig, in seiner Freundschaft unbeständig, gegen
Vornehme niederträchtig, gegen Geringe tyrannisch,
in allen Arten wollüstig, in seiner Religion leichtsin-
nig, im übrigen aber ein Philosoph.

Claeß Horn, war ein Sohn des reichen Jo-
hann Horns,
und ein Enkel des berühmten ge-
lehrten Elrich Horns. Jch nenne seine Vorfah-
ren um deswillen, weil sein eigner Name nicht gar
zu bekannt ist. Er hatte einen natürlichen Abscheu
vor aller Arbeit. Seine Tugenden bestunden in
zehentausend Thalern Einkünften. Hätte ihn die
weise Vorsehung nicht mit diesem Vorzuge bega-
bet, so würde er seinem Vaterlande zur Last gerei-
chet haben. Seine Berufsarbeit war diese, daß
er aus dem Bette aufstund, und sich wieder nieder-
legte. Er lebte neun und funfzig Jahre; zieht man
aber davon diejenige Zeit ab, in welcher er schlief,
so hat er sein Alter nicht höher, als auf neunzehen
Jahre, gebracht. Man muß ihm die Gerechtig-
keit widerfahren lassen, daß er einsah, wie wenig
Antheil er an dem Vermögen hatte, welches nicht
er, sondern seine Vorältern durch ihren Fleiß ver-
dient. Um deswillen betrachtete er sich nicht an-
ders, als einen Verwalter fremder Güter, von wel-
chen er einmal Rechnung ablegen müßte. Was
er zu seiner höchsten Nothdurft brauchte, das
nahm er davon; weiter nichts. Hätte er durch
sein Vermögen nothleidenden Freunden unter die
Arme greifen sollen: So würde er dieses für einen
Eingriff in fremde Güter angesehen haben. End-

lich
L 5

von Nicolaus Klimen.
einem unerſaͤttlichen Hochmuthe, und doch dabey
geizig, in ſeiner Freundſchaft unbeſtaͤndig, gegen
Vornehme niedertraͤchtig, gegen Geringe tyranniſch,
in allen Arten wolluͤſtig, in ſeiner Religion leichtſin-
nig, im uͤbrigen aber ein Philoſoph.

Claeß Horn, war ein Sohn des reichen Jo-
hann Horns,
und ein Enkel des beruͤhmten ge-
lehrten Elrich Horns. Jch nenne ſeine Vorfah-
ren um deswillen, weil ſein eigner Name nicht gar
zu bekannt iſt. Er hatte einen natuͤrlichen Abſcheu
vor aller Arbeit. Seine Tugenden beſtunden in
zehentauſend Thalern Einkuͤnften. Haͤtte ihn die
weiſe Vorſehung nicht mit dieſem Vorzuge bega-
bet, ſo wuͤrde er ſeinem Vaterlande zur Laſt gerei-
chet haben. Seine Berufsarbeit war dieſe, daß
er aus dem Bette aufſtund, und ſich wieder nieder-
legte. Er lebte neun und funfzig Jahre; zieht man
aber davon diejenige Zeit ab, in welcher er ſchlief,
ſo hat er ſein Alter nicht hoͤher, als auf neunzehen
Jahre, gebracht. Man muß ihm die Gerechtig-
keit widerfahren laſſen, daß er einſah, wie wenig
Antheil er an dem Vermoͤgen hatte, welches nicht
er, ſondern ſeine Voraͤltern durch ihren Fleiß ver-
dient. Um deswillen betrachtete er ſich nicht an-
ders, als einen Verwalter fremder Guͤter, von wel-
chen er einmal Rechnung ablegen muͤßte. Was
er zu ſeiner hoͤchſten Nothdurft brauchte, das
nahm er davon; weiter nichts. Haͤtte er durch
ſein Vermoͤgen nothleidenden Freunden unter die
Arme greifen ſollen: So wuͤrde er dieſes fuͤr einen
Eingriff in fremde Guͤter angeſehen haben. End-

lich
L 5
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[169/0243] von Nicolaus Klimen. einem unerſaͤttlichen Hochmuthe, und doch dabey geizig, in ſeiner Freundſchaft unbeſtaͤndig, gegen Vornehme niedertraͤchtig, gegen Geringe tyranniſch, in allen Arten wolluͤſtig, in ſeiner Religion leichtſin- nig, im uͤbrigen aber ein Philoſoph. Claeß Horn, war ein Sohn des reichen Jo- hann Horns, und ein Enkel des beruͤhmten ge- lehrten Elrich Horns. Jch nenne ſeine Vorfah- ren um deswillen, weil ſein eigner Name nicht gar zu bekannt iſt. Er hatte einen natuͤrlichen Abſcheu vor aller Arbeit. Seine Tugenden beſtunden in zehentauſend Thalern Einkuͤnften. Haͤtte ihn die weiſe Vorſehung nicht mit dieſem Vorzuge bega- bet, ſo wuͤrde er ſeinem Vaterlande zur Laſt gerei- chet haben. Seine Berufsarbeit war dieſe, daß er aus dem Bette aufſtund, und ſich wieder nieder- legte. Er lebte neun und funfzig Jahre; zieht man aber davon diejenige Zeit ab, in welcher er ſchlief, ſo hat er ſein Alter nicht hoͤher, als auf neunzehen Jahre, gebracht. Man muß ihm die Gerechtig- keit widerfahren laſſen, daß er einſah, wie wenig Antheil er an dem Vermoͤgen hatte, welches nicht er, ſondern ſeine Voraͤltern durch ihren Fleiß ver- dient. Um deswillen betrachtete er ſich nicht an- ders, als einen Verwalter fremder Guͤter, von wel- chen er einmal Rechnung ablegen muͤßte. Was er zu ſeiner hoͤchſten Nothdurft brauchte, das nahm er davon; weiter nichts. Haͤtte er durch ſein Vermoͤgen nothleidenden Freunden unter die Arme greifen ſollen: So wuͤrde er dieſes fuͤr einen Eingriff in fremde Guͤter angeſehen haben. End- lich L 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/243>, abgerufen am 24.11.2024.