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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Von der Zuläßigkeit
nen Abscheu davor beybringen will: So lange sehe
ich nicht, warum sie tadelhafter seyn soll, als die
tiefsinnigste Abhandlung eines moralischen Satzes,
welchen man durch eine Kette von Beweisen bün-
dig, und durch die Zeugnisse berühmter Männer,
oder gar der göttlichen Schrift ansehnlich machen
will. Jch getraue mir so gar, zu behaupten, daß
sie bey unterschiednen Fällen, und bey einer gewis-
sen Art von Lastern beynahe nützlicher sey, als die
ernsthafteste Strafpredigt. Wenn wir die Laster
lächerlich machen; so greifen wir die Menschen an
demjenigen Orte an, wo sie am empfindlichsten sind.
Jhre Eigenliebe leidet darunter, und wenn sie nicht
schon gar zu sehr verwildert sind, so müssen sie ei-
nen Abscheu vor derjenigen Angewohnheit bekom-
men, welche sie bey Vernünftigen zum Gespötte
macht. Ein Exempel wird meinem Satze ein
mehreres Licht geben. Jch will es aus demjeni-
gen Theile der Belustigungen nehmen, welchen Sie
mir zugeschickt haben *. Wenn ich zum Harpax
sagen wollte: Schämst du dich nicht, du Geizhals,
daß du mit so ängstlicher Sorge, mit so ungerech-
ten Händen, unter so vielem Seufzen der Armen,
eine Hand voll Erde, ein beschwerliches, ein ver-
gängliches Gut an dich zu bringen suchst, welches
du doch in der Welt lassen mußt, welches dir dein
Leben kummervoll, und den Tod erschrecklich macht!
Was meynen Sie, daß dieses beym Harpax für ei-

nen
* S. Belustigungen des Verstandes und Witzes 2 B. 2 St.
a. d. 190 S.

Von der Zulaͤßigkeit
nen Abſcheu davor beybringen will: So lange ſehe
ich nicht, warum ſie tadelhafter ſeyn ſoll, als die
tiefſinnigſte Abhandlung eines moraliſchen Satzes,
welchen man durch eine Kette von Beweiſen buͤn-
dig, und durch die Zeugniſſe beruͤhmter Maͤnner,
oder gar der goͤttlichen Schrift anſehnlich machen
will. Jch getraue mir ſo gar, zu behaupten, daß
ſie bey unterſchiednen Faͤllen, und bey einer gewiſ-
ſen Art von Laſtern beynahe nuͤtzlicher ſey, als die
ernſthafteſte Strafpredigt. Wenn wir die Laſter
laͤcherlich machen; ſo greifen wir die Menſchen an
demjenigen Orte an, wo ſie am empfindlichſten ſind.
Jhre Eigenliebe leidet darunter, und wenn ſie nicht
ſchon gar zu ſehr verwildert ſind, ſo muͤſſen ſie ei-
nen Abſcheu vor derjenigen Angewohnheit bekom-
men, welche ſie bey Vernuͤnftigen zum Geſpoͤtte
macht. Ein Exempel wird meinem Satze ein
mehreres Licht geben. Jch will es aus demjeni-
gen Theile der Beluſtigungen nehmen, welchen Sie
mir zugeſchickt haben *. Wenn ich zum Harpax
ſagen wollte: Schaͤmſt du dich nicht, du Geizhals,
daß du mit ſo aͤngſtlicher Sorge, mit ſo ungerech-
ten Haͤnden, unter ſo vielem Seufzen der Armen,
eine Hand voll Erde, ein beſchwerliches, ein ver-
gaͤngliches Gut an dich zu bringen ſuchſt, welches
du doch in der Welt laſſen mußt, welches dir dein
Leben kummervoll, und den Tod erſchrecklich macht!
Was meynen Sie, daß dieſes beym Harpax fuͤr ei-

nen
* S. Beluſtigungen des Verſtandes und Witzes 2 B. 2 St.
a. d. 190 S.
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[136/0210] Von der Zulaͤßigkeit nen Abſcheu davor beybringen will: So lange ſehe ich nicht, warum ſie tadelhafter ſeyn ſoll, als die tiefſinnigſte Abhandlung eines moraliſchen Satzes, welchen man durch eine Kette von Beweiſen buͤn- dig, und durch die Zeugniſſe beruͤhmter Maͤnner, oder gar der goͤttlichen Schrift anſehnlich machen will. Jch getraue mir ſo gar, zu behaupten, daß ſie bey unterſchiednen Faͤllen, und bey einer gewiſ- ſen Art von Laſtern beynahe nuͤtzlicher ſey, als die ernſthafteſte Strafpredigt. Wenn wir die Laſter laͤcherlich machen; ſo greifen wir die Menſchen an demjenigen Orte an, wo ſie am empfindlichſten ſind. Jhre Eigenliebe leidet darunter, und wenn ſie nicht ſchon gar zu ſehr verwildert ſind, ſo muͤſſen ſie ei- nen Abſcheu vor derjenigen Angewohnheit bekom- men, welche ſie bey Vernuͤnftigen zum Geſpoͤtte macht. Ein Exempel wird meinem Satze ein mehreres Licht geben. Jch will es aus demjeni- gen Theile der Beluſtigungen nehmen, welchen Sie mir zugeſchickt haben *. Wenn ich zum Harpax ſagen wollte: Schaͤmſt du dich nicht, du Geizhals, daß du mit ſo aͤngſtlicher Sorge, mit ſo ungerech- ten Haͤnden, unter ſo vielem Seufzen der Armen, eine Hand voll Erde, ein beſchwerliches, ein ver- gaͤngliches Gut an dich zu bringen ſuchſt, welches du doch in der Welt laſſen mußt, welches dir dein Leben kummervoll, und den Tod erſchrecklich macht! Was meynen Sie, daß dieſes beym Harpax fuͤr ei- nen * S. Beluſtigungen des Verſtandes und Witzes 2 B. 2 St. a. d. 190 S.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/210>, abgerufen am 24.11.2024.