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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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eines Märtyrers.
nem künftigen Glücke legen. Es gieng mir alles
nach Wunsche, und ich weis nicht, ob die Leute da-
selbst die Wahrheit besser vertragen konnten, oder
ob es daher kam, daß ich nicht alles öffentlich sagte,
was ich bey mir selbst dachte. Man gab mir ein
Amt, welches nicht ansehnlich, aber doch austräg-
lich, war. Jch hatte es etliche Jahre verwaltet,
als eine Gelegenheit erfoderte, einen Glückwunsch
zu verfertigen. Jch handelte darinnen von der
Vernunft, und ließ ihn drucken, ob sich gleich meine
Freunde mit allen Kräften dawider setzten. Ein
Mann, welchen sein Amt ehrwürdig machte, fand
sich dadurch beleidigt. Es würde verdächtig ge-
lassen haben, wenn er seine Person hätte vertheidi-
gen wollen, er vertheidigte also Schrift und Reli-
gion. Auf eine unschuldige Art hatte ich das Wort
Brosamen mit einfließen lassen. Dieses war ge-
nug, Himmel und Hölle zu bewegen. Ein Ver-
ächter der Schrift, ein Religionsspötter, ein Atheist;
dieses waren die gelindesten Namen, die man mir
gab. Einige glaubten gar, ich sey der Antichrist.
Kurz, ich sollte mich öffentlich auf den Mund schla-
gen, oder Amt und Stadt meiden. Jch wählte
das Letzte, und mußte zwölf Jahr in der Jrre ge-
hen, ehe ich den heiligen Zorn meiner Feinde ver-
winden konnte.

Endlich schien mein widriges Schicksal versöhnt
zu seyn. Man bot mir ein Amt an, mit dem Be-
dinge, ein Frauenzimmer zu heirathen. Hunger

und
Erster Theil. J

eines Maͤrtyrers.
nem kuͤnftigen Gluͤcke legen. Es gieng mir alles
nach Wunſche, und ich weis nicht, ob die Leute da-
ſelbſt die Wahrheit beſſer vertragen konnten, oder
ob es daher kam, daß ich nicht alles oͤffentlich ſagte,
was ich bey mir ſelbſt dachte. Man gab mir ein
Amt, welches nicht anſehnlich, aber doch austraͤg-
lich, war. Jch hatte es etliche Jahre verwaltet,
als eine Gelegenheit erfoderte, einen Gluͤckwunſch
zu verfertigen. Jch handelte darinnen von der
Vernunft, und ließ ihn drucken, ob ſich gleich meine
Freunde mit allen Kraͤften dawider ſetzten. Ein
Mann, welchen ſein Amt ehrwuͤrdig machte, fand
ſich dadurch beleidigt. Es wuͤrde verdaͤchtig ge-
laſſen haben, wenn er ſeine Perſon haͤtte vertheidi-
gen wollen, er vertheidigte alſo Schrift und Reli-
gion. Auf eine unſchuldige Art hatte ich das Wort
Broſamen mit einfließen laſſen. Dieſes war ge-
nug, Himmel und Hoͤlle zu bewegen. Ein Ver-
aͤchter der Schrift, ein Religionsſpoͤtter, ein Atheiſt;
dieſes waren die gelindeſten Namen, die man mir
gab. Einige glaubten gar, ich ſey der Antichriſt.
Kurz, ich ſollte mich oͤffentlich auf den Mund ſchla-
gen, oder Amt und Stadt meiden. Jch waͤhlte
das Letzte, und mußte zwoͤlf Jahr in der Jrre ge-
hen, ehe ich den heiligen Zorn meiner Feinde ver-
winden konnte.

Endlich ſchien mein widriges Schickſal verſoͤhnt
zu ſeyn. Man bot mir ein Amt an, mit dem Be-
dinge, ein Frauenzimmer zu heirathen. Hunger

und
Erſter Theil. J
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[129/0203] eines Maͤrtyrers. nem kuͤnftigen Gluͤcke legen. Es gieng mir alles nach Wunſche, und ich weis nicht, ob die Leute da- ſelbſt die Wahrheit beſſer vertragen konnten, oder ob es daher kam, daß ich nicht alles oͤffentlich ſagte, was ich bey mir ſelbſt dachte. Man gab mir ein Amt, welches nicht anſehnlich, aber doch austraͤg- lich, war. Jch hatte es etliche Jahre verwaltet, als eine Gelegenheit erfoderte, einen Gluͤckwunſch zu verfertigen. Jch handelte darinnen von der Vernunft, und ließ ihn drucken, ob ſich gleich meine Freunde mit allen Kraͤften dawider ſetzten. Ein Mann, welchen ſein Amt ehrwuͤrdig machte, fand ſich dadurch beleidigt. Es wuͤrde verdaͤchtig ge- laſſen haben, wenn er ſeine Perſon haͤtte vertheidi- gen wollen, er vertheidigte alſo Schrift und Reli- gion. Auf eine unſchuldige Art hatte ich das Wort Broſamen mit einfließen laſſen. Dieſes war ge- nug, Himmel und Hoͤlle zu bewegen. Ein Ver- aͤchter der Schrift, ein Religionsſpoͤtter, ein Atheiſt; dieſes waren die gelindeſten Namen, die man mir gab. Einige glaubten gar, ich ſey der Antichriſt. Kurz, ich ſollte mich oͤffentlich auf den Mund ſchla- gen, oder Amt und Stadt meiden. Jch waͤhlte das Letzte, und mußte zwoͤlf Jahr in der Jrre ge- hen, ehe ich den heiligen Zorn meiner Feinde ver- winden konnte. Endlich ſchien mein widriges Schickſal verſoͤhnt zu ſeyn. Man bot mir ein Amt an, mit dem Be- dinge, ein Frauenzimmer zu heirathen. Hunger und Erſter Theil. J

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/203>, abgerufen am 23.11.2024.