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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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der Wissenschaften.
nicht der bündigste Schluß in Darii? War es
nicht eben so viel, als wenn er gesagt hätte: Wer
einen ungerathnen Sohn hat, welcher sich auf die
faule Seite legt, der muß sich ärgern; Atqui, ich
habe einen solchen ungerathnen Sohn, Ergo muß
ich mich ärgern.

Jch muß es Jhnen gestehen, mein Herr, ich war
damals ganz außer mir. Die empfindlichen Reden
unsers gnädigen Herrn machten mich nur unruhig,
dieser Hofmeister aber ganz und gar kleinmüthig.
Gehört zu einem Gelehrten heutiges Tages mehr,
als Lateinisch, Griechisch, und Ebräisch; kann auch
der einfältigste Bauer in Figuren und Schlüssen re-
den, ohne daß er weis, wie sie auf griechisch heißen,
oder in welcher Forme sie sind: Wozu nützt denn
mir mein Fleiß? Warum habe ich mir so viele
schlaflose Nächte gemacht? Sollte es wohl in der
That vernünftiger seyn, wenn man auf Schulen
sich die Sprachen der Gelehrten zwar bekannt
macht, zugleich aber auch in den neuern Sprachen,
und, wie man sie nennt, in den galanten Wissen-
schaften sich übt? Sollte es wohl lächerlich seyn,
wenn man sich einbildet, die Erlernung einiger
Kunstwörter machte uns zu Rednern und Philo-
sophen?

Nein, ich kann mich dieses nicht bereden. Jch
gehe von der einmal gefaßten Meynung nicht ab.
Das sey fern von mir. Und ich werde Jhnen,
mein Herr, ungemein verbunden seyn, wenn Sie

mich
H 3

der Wiſſenſchaften.
nicht der buͤndigſte Schluß in Darii? War es
nicht eben ſo viel, als wenn er geſagt haͤtte: Wer
einen ungerathnen Sohn hat, welcher ſich auf die
faule Seite legt, der muß ſich aͤrgern; Atqui, ich
habe einen ſolchen ungerathnen Sohn, Ergo muß
ich mich aͤrgern.

Jch muß es Jhnen geſtehen, mein Herr, ich war
damals ganz außer mir. Die empfindlichen Reden
unſers gnaͤdigen Herrn machten mich nur unruhig,
dieſer Hofmeiſter aber ganz und gar kleinmuͤthig.
Gehoͤrt zu einem Gelehrten heutiges Tages mehr,
als Lateiniſch, Griechiſch, und Ebraͤiſch; kann auch
der einfaͤltigſte Bauer in Figuren und Schluͤſſen re-
den, ohne daß er weis, wie ſie auf griechiſch heißen,
oder in welcher Forme ſie ſind: Wozu nuͤtzt denn
mir mein Fleiß? Warum habe ich mir ſo viele
ſchlafloſe Naͤchte gemacht? Sollte es wohl in der
That vernuͤnftiger ſeyn, wenn man auf Schulen
ſich die Sprachen der Gelehrten zwar bekannt
macht, zugleich aber auch in den neuern Sprachen,
und, wie man ſie nennt, in den galanten Wiſſen-
ſchaften ſich uͤbt? Sollte es wohl laͤcherlich ſeyn,
wenn man ſich einbildet, die Erlernung einiger
Kunſtwoͤrter machte uns zu Rednern und Philo-
ſophen?

Nein, ich kann mich dieſes nicht bereden. Jch
gehe von der einmal gefaßten Meynung nicht ab.
Das ſey fern von mir. Und ich werde Jhnen,
mein Herr, ungemein verbunden ſeyn, wenn Sie

mich
H 3
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[117/0191] der Wiſſenſchaften. nicht der buͤndigſte Schluß in Darii? War es nicht eben ſo viel, als wenn er geſagt haͤtte: Wer einen ungerathnen Sohn hat, welcher ſich auf die faule Seite legt, der muß ſich aͤrgern; Atqui, ich habe einen ſolchen ungerathnen Sohn, Ergo muß ich mich aͤrgern. Jch muß es Jhnen geſtehen, mein Herr, ich war damals ganz außer mir. Die empfindlichen Reden unſers gnaͤdigen Herrn machten mich nur unruhig, dieſer Hofmeiſter aber ganz und gar kleinmuͤthig. Gehoͤrt zu einem Gelehrten heutiges Tages mehr, als Lateiniſch, Griechiſch, und Ebraͤiſch; kann auch der einfaͤltigſte Bauer in Figuren und Schluͤſſen re- den, ohne daß er weis, wie ſie auf griechiſch heißen, oder in welcher Forme ſie ſind: Wozu nuͤtzt denn mir mein Fleiß? Warum habe ich mir ſo viele ſchlafloſe Naͤchte gemacht? Sollte es wohl in der That vernuͤnftiger ſeyn, wenn man auf Schulen ſich die Sprachen der Gelehrten zwar bekannt macht, zugleich aber auch in den neuern Sprachen, und, wie man ſie nennt, in den galanten Wiſſen- ſchaften ſich uͤbt? Sollte es wohl laͤcherlich ſeyn, wenn man ſich einbildet, die Erlernung einiger Kunſtwoͤrter machte uns zu Rednern und Philo- ſophen? Nein, ich kann mich dieſes nicht bereden. Jch gehe von der einmal gefaßten Meynung nicht ab. Das ſey fern von mir. Und ich werde Jhnen, mein Herr, ungemein verbunden ſeyn, wenn Sie mich H 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/191>, abgerufen am 24.11.2024.