Ketzer gemacht. Er lebte in großer Uneinigkeit mit seinem Gerichtsherrn, und hatte viel Verdruß mit der Gemeinde, wegen des Pfarrbaues. Ueber das Pfingstbier hat er sich sehr ereifert, woran er auch starb.
M.Heinrich Bockstaudius sollte des Kanzlers Crells Ordonanz unterschreiben, dessen er sich weiger- te, und des Amts entsetzt ward. Der Herr Autor sieht diesen Umstand für merkwürdig an, weil er glaubt, dieser sey der einzige unter allen Gelehrten, welcher lie- ber das Amt verlieren, als etwas schreiben wollen.
Bis hieher gehen die Kirchendiener, und sind als- dann einige Blätter leer gelassen, welches mich, wie ich im Eingange erwähnt, auf die Vermuthung ge- bracht, daß gegenwärtige Chronike nach Crells Tode geschrieben sey.
Von den Schuldienern des Orts, deren der Au- tor zwanzig nahmhaft macht, will ich nur eines einzi- gen erwähnen. Er hieß ihn Gall Veidt den Gros- sen. Es kam mir Anfangs lächerlich vor, daß er ei- nem Schulmeister diesen prächtigen Beynamen giebt; er behauptet es aber dadurch: Er habe zierlich schrei- ben und lesen können, die Kinder fleißig unterrichtet, die Kirche reinlich gehalten, die Glocken wohl geläu- tet, eine gute Passion singen können, und alles voll- kommen gethan, was einem rechtschafnen Schulmei- ster gebührt. Mithin sey er zwar kein großer Held, aber doch ein großer Schulmeister gewesen.
A. d. 336 S. findet man verschiedene gesammelte Nachrichten von gelehrten Qverleqvitschern, unter de- nen etwa folgende die berühmtesten zu seyn scheinen.
George
Ein Auszug aus der Chronike
Ketzer gemacht. Er lebte in großer Uneinigkeit mit ſeinem Gerichtsherrn, und hatte viel Verdruß mit der Gemeinde, wegen des Pfarrbaues. Ueber das Pfingſtbier hat er ſich ſehr ereifert, woran er auch ſtarb.
M.Heinrich Bockſtaudius ſollte des Kanzlers Crells Ordonanz unterſchreiben, deſſen er ſich weiger- te, und des Amts entſetzt ward. Der Herr Autor ſieht dieſen Umſtand fuͤr merkwuͤrdig an, weil er glaubt, dieſer ſey der einzige unter allen Gelehrten, welcher lie- ber das Amt verlieren, als etwas ſchreiben wollen.
Bis hieher gehen die Kirchendiener, und ſind als- dann einige Blaͤtter leer gelaſſen, welches mich, wie ich im Eingange erwaͤhnt, auf die Vermuthung ge- bracht, daß gegenwaͤrtige Chronike nach Crells Tode geſchrieben ſey.
Von den Schuldienern des Orts, deren der Au- tor zwanzig nahmhaft macht, will ich nur eines einzi- gen erwaͤhnen. Er hieß ihn Gall Veidt den Groſ- ſen. Es kam mir Anfangs laͤcherlich vor, daß er ei- nem Schulmeiſter dieſen praͤchtigen Beynamen giebt; er behauptet es aber dadurch: Er habe zierlich ſchrei- ben und leſen koͤnnen, die Kinder fleißig unterrichtet, die Kirche reinlich gehalten, die Glocken wohl gelaͤu- tet, eine gute Paſſion ſingen koͤnnen, und alles voll- kommen gethan, was einem rechtſchafnen Schulmei- ſter gebuͤhrt. Mithin ſey er zwar kein großer Held, aber doch ein großer Schulmeiſter geweſen.
A. d. 336 S. findet man verſchiedene geſammelte Nachrichten von gelehrten Qverleqvitſchern, unter de- nen etwa folgende die beruͤhmteſten zu ſeyn ſcheinen.
George
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Ein Auszug aus der Chronike
Ketzer gemacht. Er lebte in großer Uneinigkeit mit
ſeinem Gerichtsherrn, und hatte viel Verdruß mit
der Gemeinde, wegen des Pfarrbaues. Ueber das
Pfingſtbier hat er ſich ſehr ereifert, woran er auch
ſtarb.
M. Heinrich Bockſtaudius ſollte des Kanzlers
Crells Ordonanz unterſchreiben, deſſen er ſich weiger-
te, und des Amts entſetzt ward. Der Herr Autor ſieht
dieſen Umſtand fuͤr merkwuͤrdig an, weil er glaubt,
dieſer ſey der einzige unter allen Gelehrten, welcher lie-
ber das Amt verlieren, als etwas ſchreiben wollen.
Bis hieher gehen die Kirchendiener, und ſind als-
dann einige Blaͤtter leer gelaſſen, welches mich, wie
ich im Eingange erwaͤhnt, auf die Vermuthung ge-
bracht, daß gegenwaͤrtige Chronike nach Crells Tode
geſchrieben ſey.
Von den Schuldienern des Orts, deren der Au-
tor zwanzig nahmhaft macht, will ich nur eines einzi-
gen erwaͤhnen. Er hieß ihn Gall Veidt den Groſ-
ſen. Es kam mir Anfangs laͤcherlich vor, daß er ei-
nem Schulmeiſter dieſen praͤchtigen Beynamen giebt;
er behauptet es aber dadurch: Er habe zierlich ſchrei-
ben und leſen koͤnnen, die Kinder fleißig unterrichtet,
die Kirche reinlich gehalten, die Glocken wohl gelaͤu-
tet, eine gute Paſſion ſingen koͤnnen, und alles voll-
kommen gethan, was einem rechtſchafnen Schulmei-
ſter gebuͤhrt. Mithin ſey er zwar kein großer Held,
aber doch ein großer Schulmeiſter geweſen.
A. d. 336 S. findet man verſchiedene geſammelte
Nachrichten von gelehrten Qverleqvitſchern, unter de-
nen etwa folgende die beruͤhmteſten zu ſeyn ſcheinen.
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/176>, abgerufen am 16.02.2025.
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