Des Pfarrers Studierstube kömmt ihm nicht an- ders vor, als das trojanische Pferd. Aus diesem spricht er, wären so viel tapfre Helden gestiegen, wel- che das hochmüthige Troja in die Asche gelegt hätten; aus jener aber trete eine erbauliche Predigt nach der andern hervor, welche das stolze Babel bestürmte.
Doctor Luthers Hauspostille, nennt er sein Pal- ladium, dessen ganze Geschichte er aus dem Alter- thume hervorsuchet.
Von der 203 bis 279 S. ist das Geschlechtregister der gestrengen Junkern von N. Erb-Lehn- und Ge- richtsherrn auf Qverleqvitsch. Jch will nur einige davon anführen, und mich, so viel möglich, seiner eignen Worte bedienen.
Hanns von N. ward gebohren 1429 und lebte fünf und sechzig Jahr. Man weis von ihm gar nichts weiter, als daß er einen sehr dicken Bauch gehabt hat.
Hanns Ulrich von N. des vorigen Sohn, hat- te einen Jagdhund, welchen er unsäglich liebte. Als der Hund starb, schickte er dem Pfarrer eben so viel an Leichengebühren, als wenn ein Sohn gestorben wäre. Es mag ein löblicher Herr gewesen seyn.
George von N. aß, trank, und vermählte sich dreymal. Seinen Bauern war er gewogen, dem Pfarrer aber spinnefeind. Er wollte nicht leiden, daß ihm dieser auf der Kanzel die derbe Wahrheit sagte, da es doch an einem so privilegirten Orte ge- schah. Von undenklichen Jahren her hatte der Pfarrer des Sonntags auf dem Herrnhofe gespeist, dieser George aber brachte es ab. Es war ein rech-
ter
Ein Auszug aus der Chronike
Des Pfarrers Studierſtube koͤmmt ihm nicht an- ders vor, als das trojaniſche Pferd. Aus dieſem ſpricht er, waͤren ſo viel tapfre Helden geſtiegen, wel- che das hochmuͤthige Troja in die Aſche gelegt haͤtten; aus jener aber trete eine erbauliche Predigt nach der andern hervor, welche das ſtolze Babel beſtuͤrmte.
Doctor Luthers Hauspoſtille, nennt er ſein Pal- ladium, deſſen ganze Geſchichte er aus dem Alter- thume hervorſuchet.
Von der 203 bis 279 S. iſt das Geſchlechtregiſter der geſtrengen Junkern von N. Erb-Lehn- und Ge- richtsherrn auf Qverleqvitſch. Jch will nur einige davon anfuͤhren, und mich, ſo viel moͤglich, ſeiner eignen Worte bedienen.
Hanns von N. ward gebohren 1429 und lebte fuͤnf und ſechzig Jahr. Man weis von ihm gar nichts weiter, als daß er einen ſehr dicken Bauch gehabt hat.
Hanns Ulrich von N. des vorigen Sohn, hat- te einen Jagdhund, welchen er unſaͤglich liebte. Als der Hund ſtarb, ſchickte er dem Pfarrer eben ſo viel an Leichengebuͤhren, als wenn ein Sohn geſtorben waͤre. Es mag ein loͤblicher Herr geweſen ſeyn.
George von N. aß, trank, und vermaͤhlte ſich dreymal. Seinen Bauern war er gewogen, dem Pfarrer aber ſpinnefeind. Er wollte nicht leiden, daß ihm dieſer auf der Kanzel die derbe Wahrheit ſagte, da es doch an einem ſo privilegirten Orte ge- ſchah. Von undenklichen Jahren her hatte der Pfarrer des Sonntags auf dem Herrnhofe geſpeiſt, dieſer George aber brachte es ab. Es war ein rech-
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Ein Auszug aus der Chronike
Des Pfarrers Studierſtube koͤmmt ihm nicht an-
ders vor, als das trojaniſche Pferd. Aus dieſem
ſpricht er, waͤren ſo viel tapfre Helden geſtiegen, wel-
che das hochmuͤthige Troja in die Aſche gelegt haͤtten;
aus jener aber trete eine erbauliche Predigt nach der
andern hervor, welche das ſtolze Babel beſtuͤrmte.
Doctor Luthers Hauspoſtille, nennt er ſein Pal-
ladium, deſſen ganze Geſchichte er aus dem Alter-
thume hervorſuchet.
Von der 203 bis 279 S. iſt das Geſchlechtregiſter
der geſtrengen Junkern von N. Erb-Lehn- und Ge-
richtsherrn auf Qverleqvitſch. Jch will nur einige
davon anfuͤhren, und mich, ſo viel moͤglich, ſeiner
eignen Worte bedienen.
Hanns von N. ward gebohren 1429 und lebte
fuͤnf und ſechzig Jahr. Man weis von ihm gar
nichts weiter, als daß er einen ſehr dicken Bauch
gehabt hat.
Hanns Ulrich von N. des vorigen Sohn, hat-
te einen Jagdhund, welchen er unſaͤglich liebte. Als
der Hund ſtarb, ſchickte er dem Pfarrer eben ſo viel
an Leichengebuͤhren, als wenn ein Sohn geſtorben
waͤre. Es mag ein loͤblicher Herr geweſen ſeyn.
George von N. aß, trank, und vermaͤhlte ſich
dreymal. Seinen Bauern war er gewogen, dem
Pfarrer aber ſpinnefeind. Er wollte nicht leiden,
daß ihm dieſer auf der Kanzel die derbe Wahrheit
ſagte, da es doch an einem ſo privilegirten Orte ge-
ſchah. Von undenklichen Jahren her hatte der
Pfarrer des Sonntags auf dem Herrnhofe geſpeiſt,
dieſer George aber brachte es ab. Es war ein rech-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/174>, abgerufen am 16.02.2025.
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