Herr N. solche vermuthlich nicht erlebt, weil bis p. 40 leere Seiten in dem Manuscripte sind.
A. d. 40 S. fängt sich endlich die Chronike selbst mit den großen Buchstaben Q. B. D. V. an.
Gott aber schuf nur ein Männlein, und ein Fräu- lein, sind seine ersten Worte, und er weist sodann, wie wunderbar, durch so viele Jahrhunderte, Länder, und Orte, sich das menschliche Geschlecht fortgepflan- zet, so daß anitzt nur allein in Qverleqvitsch neun und achzig vernünftige Seelen zu befinden wären, wobey er wünscht, daß sie möchten für Krieg, Pest und theu- rer Zeit behütet werden, welches sie zwar mit ihren Sünden gar wohl verdienet hätten.
A. d. 46 S. geräth er auf den Einfall, wie es wohl vor tausend Jahren in Qverleqvitsch ausgese- hen habe? Er ist der Meynung, daß die dasige Ge- gend zu der Zeit ganz und gar unbewohnt gewesen, und vielleicht an dem Orte, wo anitzt die Kanzel ste- he, nichts als Rohrdommeln in der Wüsten, gehört worden sind. Hierauf legt er seine ganze Gelehr- samkeit aus, und redet von einem Cherusker Fürsten Arminius, von den Hermunduren, und Mysen. Die Thracier und Scythen fallen ihm ein. Er erblaßt, wenn er an den Attila gedenkt, und bewundert das Schicksal, welches die Vandalen aus dem kalten Norden in das heiße Jtalien geworfen, um die schö- nen Künste und Wissenschaften zu zerstören. Er besinnt sich auf die Langobarden, und zieht zwölf ge- lehrte Männer an, welche diesen Namen von den langen Bärten herleiten.
Auf
Ein Auszug aus der Chronike
Herr N. ſolche vermuthlich nicht erlebt, weil bis p. 40 leere Seiten in dem Manuſcripte ſind.
A. d. 40 S. faͤngt ſich endlich die Chronike ſelbſt mit den großen Buchſtaben Q. B. D. V. an.
Gott aber ſchuf nur ein Maͤnnlein, und ein Fraͤu- lein, ſind ſeine erſten Worte, und er weiſt ſodann, wie wunderbar, durch ſo viele Jahrhunderte, Laͤnder, und Orte, ſich das menſchliche Geſchlecht fortgepflan- zet, ſo daß anitzt nur allein in Qverleqvitſch neun und achzig vernuͤnftige Seelen zu befinden waͤren, wobey er wuͤnſcht, daß ſie moͤchten fuͤr Krieg, Peſt und theu- rer Zeit behuͤtet werden, welches ſie zwar mit ihren Suͤnden gar wohl verdienet haͤtten.
A. d. 46 S. geraͤth er auf den Einfall, wie es wohl vor tauſend Jahren in Qverleqvitſch ausgeſe- hen habe? Er iſt der Meynung, daß die daſige Ge- gend zu der Zeit ganz und gar unbewohnt geweſen, und vielleicht an dem Orte, wo anitzt die Kanzel ſte- he, nichts als Rohrdommeln in der Wuͤſten, gehoͤrt worden ſind. Hierauf legt er ſeine ganze Gelehr- ſamkeit aus, und redet von einem Cherusker Fuͤrſten Arminius, von den Hermunduren, und Myſen. Die Thracier und Scythen fallen ihm ein. Er erblaßt, wenn er an den Attila gedenkt, und bewundert das Schickſal, welches die Vandalen aus dem kalten Norden in das heiße Jtalien geworfen, um die ſchoͤ- nen Kuͤnſte und Wiſſenſchaften zu zerſtoͤren. Er beſinnt ſich auf die Langobarden, und zieht zwoͤlf ge- lehrte Maͤnner an, welche dieſen Namen von den langen Baͤrten herleiten.
Auf
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0168"n="94"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Ein Auszug aus der Chronike</hi></fw><lb/>
Herr N. ſolche vermuthlich nicht erlebt, weil bis <hirendition="#aq">p.</hi><lb/>
40 leere Seiten in dem Manuſcripte ſind.</p><lb/><p>A. d. 40 S. faͤngt ſich endlich die Chronike ſelbſt<lb/>
mit den großen Buchſtaben <hirendition="#aq">Q. B. D. V.</hi> an.</p><lb/><p>Gott aber ſchuf nur ein Maͤnnlein, und ein Fraͤu-<lb/>
lein, ſind ſeine erſten Worte, und er weiſt ſodann,<lb/>
wie wunderbar, durch ſo viele Jahrhunderte, Laͤnder,<lb/>
und Orte, ſich das menſchliche Geſchlecht fortgepflan-<lb/>
zet, ſo daß anitzt nur allein in Qverleqvitſch neun und<lb/>
achzig vernuͤnftige Seelen zu befinden waͤren, wobey<lb/>
er wuͤnſcht, daß ſie moͤchten fuͤr Krieg, Peſt und theu-<lb/>
rer Zeit behuͤtet werden, welches ſie zwar mit ihren<lb/>
Suͤnden gar wohl verdienet haͤtten.</p><lb/><p>A. d. 46 S. geraͤth er auf den Einfall, wie es<lb/>
wohl vor tauſend Jahren in Qverleqvitſch ausgeſe-<lb/>
hen habe? Er iſt der Meynung, daß die daſige Ge-<lb/>
gend zu der Zeit ganz und gar unbewohnt geweſen,<lb/>
und vielleicht an dem Orte, wo anitzt die Kanzel ſte-<lb/>
he, nichts als Rohrdommeln in der Wuͤſten, gehoͤrt<lb/>
worden ſind. Hierauf legt er ſeine ganze Gelehr-<lb/>ſamkeit aus, und redet von einem Cherusker Fuͤrſten<lb/>
Arminius, von den Hermunduren, und Myſen. Die<lb/>
Thracier und Scythen fallen ihm ein. Er erblaßt,<lb/>
wenn er an den Attila gedenkt, und bewundert das<lb/>
Schickſal, welches die Vandalen aus dem kalten<lb/>
Norden in das heiße Jtalien geworfen, um die ſchoͤ-<lb/>
nen Kuͤnſte und Wiſſenſchaften zu zerſtoͤren. Er<lb/>
beſinnt ſich auf die Langobarden, und zieht zwoͤlf ge-<lb/>
lehrte Maͤnner an, welche dieſen Namen von den<lb/>
langen Baͤrten herleiten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Auf</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[94/0168]
Ein Auszug aus der Chronike
Herr N. ſolche vermuthlich nicht erlebt, weil bis p.
40 leere Seiten in dem Manuſcripte ſind.
A. d. 40 S. faͤngt ſich endlich die Chronike ſelbſt
mit den großen Buchſtaben Q. B. D. V. an.
Gott aber ſchuf nur ein Maͤnnlein, und ein Fraͤu-
lein, ſind ſeine erſten Worte, und er weiſt ſodann,
wie wunderbar, durch ſo viele Jahrhunderte, Laͤnder,
und Orte, ſich das menſchliche Geſchlecht fortgepflan-
zet, ſo daß anitzt nur allein in Qverleqvitſch neun und
achzig vernuͤnftige Seelen zu befinden waͤren, wobey
er wuͤnſcht, daß ſie moͤchten fuͤr Krieg, Peſt und theu-
rer Zeit behuͤtet werden, welches ſie zwar mit ihren
Suͤnden gar wohl verdienet haͤtten.
A. d. 46 S. geraͤth er auf den Einfall, wie es
wohl vor tauſend Jahren in Qverleqvitſch ausgeſe-
hen habe? Er iſt der Meynung, daß die daſige Ge-
gend zu der Zeit ganz und gar unbewohnt geweſen,
und vielleicht an dem Orte, wo anitzt die Kanzel ſte-
he, nichts als Rohrdommeln in der Wuͤſten, gehoͤrt
worden ſind. Hierauf legt er ſeine ganze Gelehr-
ſamkeit aus, und redet von einem Cherusker Fuͤrſten
Arminius, von den Hermunduren, und Myſen. Die
Thracier und Scythen fallen ihm ein. Er erblaßt,
wenn er an den Attila gedenkt, und bewundert das
Schickſal, welches die Vandalen aus dem kalten
Norden in das heiße Jtalien geworfen, um die ſchoͤ-
nen Kuͤnſte und Wiſſenſchaften zu zerſtoͤren. Er
beſinnt ſich auf die Langobarden, und zieht zwoͤlf ge-
lehrte Maͤnner an, welche dieſen Namen von den
langen Baͤrten herleiten.
Auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/168>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.