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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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eines Wittwers.
heben. Sie wußte, daß die Kleidung noch zu etwas
weiter, als zur Bedeckung der Blöße, dienlich wäre.
Jch kann nicht läugnen, daß mir diese ihre Einsicht
sehr theuer zu stehen kam. Jch weis, wie viel es mich
gekostet hat, nur ihren Reifenrock in baulichem We-
sen zu erhalten, und es ist mehr als einmal geschehen,
daß sie dasjenige an einen einzigen Kopfputz ge-
wandt, was ich binnen vier Wochen, nicht ohne sau-
re Mühe, erworben hatte. Sie hatte etwas gelesen,
das sie für einen sinnreichen Scherz hielt, und mit
Vergnügen auf sich deutete, wenn sie sagte: Es wä-
ren ihr alle vier Theile der Welt zinsbar: der Perser
spinne für sie; der Mohr fange ihr die Perlen; der
Amerikaner durchwühle die Erde, ihr den nöthigen
Putz zu schaffen; der Europäer wage sein Leben, al-
les dieses herzubringen; ihr Mann aber sey nur um
deswillen erschaffen, daß er die nöthigen Kosten dazu
verdiene. Jch weis nicht, ob dieser Gedanke wohl
ausgesonnen ist; daß er aber allerdings gegründet
gewesen, solches habe ich merklich genug empfunden.

Sie dürfen nicht denken, meine Herren, als wäre
der Endzweck dieses prächtigen Aufputzes der gewe-
sen, daß sie ihrem Manne hätte gefallen wollen. Kei-
nesweges. Hierinnen war sie unbesorgt, und sie ge-
hörte unter die Zahl derjenigen Weiber, welche al-
les für überflüßig halten, was ihren Männern zu ge-
fallen geschieht, und welche in ihrem Anzuge alsdann
am unachtsamsten sind, wenn sie niemanden, als
ihre Männer, um sich haben. Die ganze Stadt soll-
te Zeuge von ihrer wohlausgesonnenen Pracht seyn.

Sie

eines Wittwers.
heben. Sie wußte, daß die Kleidung noch zu etwas
weiter, als zur Bedeckung der Bloͤße, dienlich waͤre.
Jch kann nicht laͤugnen, daß mir dieſe ihre Einſicht
ſehr theuer zu ſtehen kam. Jch weis, wie viel es mich
gekoſtet hat, nur ihren Reifenrock in baulichem We-
ſen zu erhalten, und es iſt mehr als einmal geſchehen,
daß ſie dasjenige an einen einzigen Kopfputz ge-
wandt, was ich binnen vier Wochen, nicht ohne ſau-
re Muͤhe, erworben hatte. Sie hatte etwas geleſen,
das ſie fuͤr einen ſinnreichen Scherz hielt, und mit
Vergnuͤgen auf ſich deutete, wenn ſie ſagte: Es waͤ-
ren ihr alle vier Theile der Welt zinsbar: der Perſer
ſpinne fuͤr ſie; der Mohr fange ihr die Perlen; der
Amerikaner durchwuͤhle die Erde, ihr den noͤthigen
Putz zu ſchaffen; der Europaͤer wage ſein Leben, al-
les dieſes herzubringen; ihr Mann aber ſey nur um
deswillen erſchaffen, daß er die noͤthigen Koſten dazu
verdiene. Jch weis nicht, ob dieſer Gedanke wohl
ausgeſonnen iſt; daß er aber allerdings gegruͤndet
geweſen, ſolches habe ich merklich genug empfunden.

Sie duͤrfen nicht denken, meine Herren, als waͤre
der Endzweck dieſes praͤchtigen Aufputzes der gewe-
ſen, daß ſie ihrem Manne haͤtte gefallen wollen. Kei-
nesweges. Hierinnen war ſie unbeſorgt, und ſie ge-
hoͤrte unter die Zahl derjenigen Weiber, welche al-
les fuͤr uͤberfluͤßig halten, was ihren Maͤnnern zu ge-
fallen geſchieht, und welche in ihrem Anzuge alsdann
am unachtſamſten ſind, wenn ſie niemanden, als
ihre Maͤnner, um ſich haben. Die ganze Stadt ſoll-
te Zeuge von ihrer wohlausgeſonnenen Pracht ſeyn.

Sie
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[79/0153] eines Wittwers. heben. Sie wußte, daß die Kleidung noch zu etwas weiter, als zur Bedeckung der Bloͤße, dienlich waͤre. Jch kann nicht laͤugnen, daß mir dieſe ihre Einſicht ſehr theuer zu ſtehen kam. Jch weis, wie viel es mich gekoſtet hat, nur ihren Reifenrock in baulichem We- ſen zu erhalten, und es iſt mehr als einmal geſchehen, daß ſie dasjenige an einen einzigen Kopfputz ge- wandt, was ich binnen vier Wochen, nicht ohne ſau- re Muͤhe, erworben hatte. Sie hatte etwas geleſen, das ſie fuͤr einen ſinnreichen Scherz hielt, und mit Vergnuͤgen auf ſich deutete, wenn ſie ſagte: Es waͤ- ren ihr alle vier Theile der Welt zinsbar: der Perſer ſpinne fuͤr ſie; der Mohr fange ihr die Perlen; der Amerikaner durchwuͤhle die Erde, ihr den noͤthigen Putz zu ſchaffen; der Europaͤer wage ſein Leben, al- les dieſes herzubringen; ihr Mann aber ſey nur um deswillen erſchaffen, daß er die noͤthigen Koſten dazu verdiene. Jch weis nicht, ob dieſer Gedanke wohl ausgeſonnen iſt; daß er aber allerdings gegruͤndet geweſen, ſolches habe ich merklich genug empfunden. Sie duͤrfen nicht denken, meine Herren, als waͤre der Endzweck dieſes praͤchtigen Aufputzes der gewe- ſen, daß ſie ihrem Manne haͤtte gefallen wollen. Kei- nesweges. Hierinnen war ſie unbeſorgt, und ſie ge- hoͤrte unter die Zahl derjenigen Weiber, welche al- les fuͤr uͤberfluͤßig halten, was ihren Maͤnnern zu ge- fallen geſchieht, und welche in ihrem Anzuge alsdann am unachtſamſten ſind, wenn ſie niemanden, als ihre Maͤnner, um ſich haben. Die ganze Stadt ſoll- te Zeuge von ihrer wohlausgeſonnenen Pracht ſeyn. Sie

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/153>, abgerufen am 22.11.2024.