Daß es Männer giebt, welche nur um deswil- len Feinde der Satyre sind, damit sie Sporteln ma- chen, und diejenigen züchtigen können, welche Sa- tyren lesen: das ist ein so rares Exempel, daß ich es für überflüßig halte, etwas davon zu erwähnen. Seit der Einführung der hochnothpeinlichen Hals- gerichtsordnung, weis man in der juristischen Histo- rie nur einen einzigen Fall, daß dieses in Deutsch- land geschehen sey, und die vernünftige Nachwelt wird billig daran zweifeln.
Es kommen also diese feindseligen Urtheile, denen die Satyre ausgestellt ist, gemeiniglich von solchen Lesern her, welche sich aus angeerbten Vor- urtheilen, aus einer übelverstandnen Frömmigkeit, aus eigner Schmähsucht, aus hämischer Heucheley, aus mürrischem Eigensinne, aus Unwissenheit, und aus andern Leidenschaften das bittre Vergnügen ma- chen, sich zu Feinden der Satyre aufzuwerfen. Jch habe aber oben gesagt, daß die Verfasser eben sowohl, als die Leser, an den übeln Begriffen Ursache sind, welche sich viele von der Satyre machen, und ich getraue mir zu behaupten, daß sie die allermeiste Schuld daran haben.
Wer den Namen eines Satyrenschreibers ver- dienen will, dessen Herz muß redlich seyn. Er muß
die
Vorbericht.
Daß es Maͤnner giebt, welche nur um deswil- len Feinde der Satyre ſind, damit ſie Sporteln ma- chen, und diejenigen zuͤchtigen koͤnnen, welche Sa- tyren leſen: das iſt ein ſo rares Exempel, daß ich es fuͤr uͤberfluͤßig halte, etwas davon zu erwaͤhnen. Seit der Einfuͤhrung der hochnothpeinlichen Hals- gerichtsordnung, weis man in der juriſtiſchen Hiſto- rie nur einen einzigen Fall, daß dieſes in Deutſch- land geſchehen ſey, und die vernuͤnftige Nachwelt wird billig daran zweifeln.
Es kommen alſo dieſe feindſeligen Urtheile, denen die Satyre ausgeſtellt iſt, gemeiniglich von ſolchen Leſern her, welche ſich aus angeerbten Vor- urtheilen, aus einer uͤbelverſtandnen Froͤmmigkeit, aus eigner Schmaͤhſucht, aus haͤmiſcher Heucheley, aus muͤrriſchem Eigenſinne, aus Unwiſſenheit, und aus andern Leidenſchaften das bittre Vergnuͤgen ma- chen, ſich zu Feinden der Satyre aufzuwerfen. Jch habe aber oben geſagt, daß die Verfaſſer eben ſowohl, als die Leſer, an den uͤbeln Begriffen Urſache ſind, welche ſich viele von der Satyre machen, und ich getraue mir zu behaupten, daß ſie die allermeiſte Schuld daran haben.
Wer den Namen eines Satyrenſchreibers ver- dienen will, deſſen Herz muß redlich ſeyn. Er muß
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Vorbericht.
Daß es Maͤnner giebt, welche nur um deswil-
len Feinde der Satyre ſind, damit ſie Sporteln ma-
chen, und diejenigen zuͤchtigen koͤnnen, welche Sa-
tyren leſen: das iſt ein ſo rares Exempel, daß ich es
fuͤr uͤberfluͤßig halte, etwas davon zu erwaͤhnen.
Seit der Einfuͤhrung der hochnothpeinlichen Hals-
gerichtsordnung, weis man in der juriſtiſchen Hiſto-
rie nur einen einzigen Fall, daß dieſes in Deutſch-
land geſchehen ſey, und die vernuͤnftige Nachwelt
wird billig daran zweifeln.
Es kommen alſo dieſe feindſeligen Urtheile,
denen die Satyre ausgeſtellt iſt, gemeiniglich von
ſolchen Leſern her, welche ſich aus angeerbten Vor-
urtheilen, aus einer uͤbelverſtandnen Froͤmmigkeit,
aus eigner Schmaͤhſucht, aus haͤmiſcher Heucheley,
aus muͤrriſchem Eigenſinne, aus Unwiſſenheit, und
aus andern Leidenſchaften das bittre Vergnuͤgen ma-
chen, ſich zu Feinden der Satyre aufzuwerfen. Jch
habe aber oben geſagt, daß die Verfaſſer eben ſowohl,
als die Leſer, an den uͤbeln Begriffen Urſache ſind,
welche ſich viele von der Satyre machen, und ich
getraue mir zu behaupten, daß ſie die allermeiſte
Schuld daran haben.
Wer den Namen eines Satyrenſchreibers ver-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/13>, abgerufen am 16.07.2024.
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