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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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ein Schooßhündchen.
willen zu ihrem Lobe an, weil ich gehört habe, daß
sich viele Hunde bey ihr nach dergleichen erkundigt
haben, und ihr solches für eine Einfalt auslegen
wollen.

Gestehe es nur, geneigter Leser, meine Erzäh-
lungen scheinen dir fabelhaft zu seyn. Von Rei-
sen zu kommen; ohne Schulden, ohne Moden, mit
unverändertem Gemüthe? Dieses sind Sachen,
welche wider alle Wahrscheinlichkeit laufen. Jch
will dir nicht widersprechen. Jch behaupte aber
doch, daß ich die Wahrheit geredet habe. Ver-
lange keinen Beweis von mir. Du mußt mir
glauben. Jch würde es ja nicht sagen, wenn es
nicht wahr wäre! Jst dieses nicht Beweis genug?

Jch sehe schon; du wirst begierig, Amouretten
genauer kennen zu lernen. Du willst ihre Gestalt
wissen. Wie soll ich dir aber diese beschreiben, ohne
daß es schmeichelhaft klingt? Wenn es unter den
Hunden auch Poeten gäbe: So zweifle ich nicht,
der sinnreichste unter ihnen würde sie also abmalen:
"Jch soll dich besingen, bezaubernde Amourette!
"Aber flöße du mir zuvor das Feuer deiner Augen
"in meine Adern, damit ich mich recht lebhaft aus-
"drücken könne! Die Natur hat an dir alle Schön-
"heiten verschwendet, und sich dergestalt erschöpft,
"daß sie in langer Zeit nicht vermögend seyn wird,
"wieder einen solchen Hund zu zeugen. Deine
"Haare, deine anbethenswürdige Haare, übertref-
"fen die zarteste Seide des stolzen Persers. Auf
"deiner Stirne scherzen die Gratien, und deine zarten

Ohren
D 3

ein Schooßhuͤndchen.
willen zu ihrem Lobe an, weil ich gehoͤrt habe, daß
ſich viele Hunde bey ihr nach dergleichen erkundigt
haben, und ihr ſolches fuͤr eine Einfalt auslegen
wollen.

Geſtehe es nur, geneigter Leſer, meine Erzaͤh-
lungen ſcheinen dir fabelhaft zu ſeyn. Von Rei-
ſen zu kommen; ohne Schulden, ohne Moden, mit
unveraͤndertem Gemuͤthe? Dieſes ſind Sachen,
welche wider alle Wahrſcheinlichkeit laufen. Jch
will dir nicht widerſprechen. Jch behaupte aber
doch, daß ich die Wahrheit geredet habe. Ver-
lange keinen Beweis von mir. Du mußt mir
glauben. Jch wuͤrde es ja nicht ſagen, wenn es
nicht wahr waͤre! Jſt dieſes nicht Beweis genug?

Jch ſehe ſchon; du wirſt begierig, Amouretten
genauer kennen zu lernen. Du willſt ihre Geſtalt
wiſſen. Wie ſoll ich dir aber dieſe beſchreiben, ohne
daß es ſchmeichelhaft klingt? Wenn es unter den
Hunden auch Poeten gaͤbe: So zweifle ich nicht,
der ſinnreichſte unter ihnen wuͤrde ſie alſo abmalen:
„Jch ſoll dich beſingen, bezaubernde Amourette!
„Aber floͤße du mir zuvor das Feuer deiner Augen
„in meine Adern, damit ich mich recht lebhaft aus-
„druͤcken koͤnne! Die Natur hat an dir alle Schoͤn-
„heiten verſchwendet, und ſich dergeſtalt erſchoͤpft,
„daß ſie in langer Zeit nicht vermoͤgend ſeyn wird,
„wieder einen ſolchen Hund zu zeugen. Deine
„Haare, deine anbethenswuͤrdige Haare, uͤbertref-
„fen die zarteſte Seide des ſtolzen Perſers. Auf
„deiner Stirne ſcherzen die Gratien, und deine zarten

Ohren
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[53/0127] ein Schooßhuͤndchen. willen zu ihrem Lobe an, weil ich gehoͤrt habe, daß ſich viele Hunde bey ihr nach dergleichen erkundigt haben, und ihr ſolches fuͤr eine Einfalt auslegen wollen. Geſtehe es nur, geneigter Leſer, meine Erzaͤh- lungen ſcheinen dir fabelhaft zu ſeyn. Von Rei- ſen zu kommen; ohne Schulden, ohne Moden, mit unveraͤndertem Gemuͤthe? Dieſes ſind Sachen, welche wider alle Wahrſcheinlichkeit laufen. Jch will dir nicht widerſprechen. Jch behaupte aber doch, daß ich die Wahrheit geredet habe. Ver- lange keinen Beweis von mir. Du mußt mir glauben. Jch wuͤrde es ja nicht ſagen, wenn es nicht wahr waͤre! Jſt dieſes nicht Beweis genug? Jch ſehe ſchon; du wirſt begierig, Amouretten genauer kennen zu lernen. Du willſt ihre Geſtalt wiſſen. Wie ſoll ich dir aber dieſe beſchreiben, ohne daß es ſchmeichelhaft klingt? Wenn es unter den Hunden auch Poeten gaͤbe: So zweifle ich nicht, der ſinnreichſte unter ihnen wuͤrde ſie alſo abmalen: „Jch ſoll dich beſingen, bezaubernde Amourette! „Aber floͤße du mir zuvor das Feuer deiner Augen „in meine Adern, damit ich mich recht lebhaft aus- „druͤcken koͤnne! Die Natur hat an dir alle Schoͤn- „heiten verſchwendet, und ſich dergeſtalt erſchoͤpft, „daß ſie in langer Zeit nicht vermoͤgend ſeyn wird, „wieder einen ſolchen Hund zu zeugen. Deine „Haare, deine anbethenswuͤrdige Haare, uͤbertref- „fen die zarteſte Seide des ſtolzen Perſers. Auf „deiner Stirne ſcherzen die Gratien, und deine zarten Ohren D 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/127>, abgerufen am 24.11.2024.