Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

ein Schooßhündchen.
ständigkeit ihrer Helden nicht eher, als in dem ach-
ten, oder zwölften Bande, krönen. Bloß dir zu
Liebe, gebe ich meiner Schrift diesen Namen, und
du würdest undankbar seyn, wenn du sie nicht mit
geneigten Augen ansehen, und mit gebührender Ehr-
furcht durchlesen wolltest.

Jch halte es für etwas überflüßiges, mein Ver-
fahren zu rechtfertigen, daß ich auf einen Hund eine
Lobschrift mache. Wer Amouretten von Person
kennt, der weis, daß es ihre sonderbaren Eigen-
schaften wohl verdienen, auf die Nachkommen ge-
bracht zu werden. Wer sie aber nicht kennt, dem
will ich sie durch die lebhaftesten Züge bekannt ma-
chen. Du kannst dich darauf verlassen, daß mir
eine niederträchtige Schmeicheley die Feder nicht
führen wird. Jch darf Amourettens Tugenden
nur erzählen, so ist auch die Lobschrift fertig. Soll-
te ich etwan eine Leichenrede halten, oder einen Mä-
cenaten wegen seiner Freygebigkeit und Verdienste
herausstreichen: So würde ich alle Künste der Be-
redsamkeit anwenden müssen, um meinen Zuhörern
eine verdächtige Sache wahrscheinlich zu machen.
Aber, weil ich Amouretten loben will, so darf ich
nur die Wahrheit reden lassen. Diese brauchet
keine Schminke.

Von der Geburt unsrer Amourette, kann ich
nicht viel besonders sagen. Sie ist im Jahre 1735
in Cölln, einem Dorfe an der Elbe, auf die Welt
gekommen. Jch nenne dieses Dorf um deswillen
ausdrücklich, damit ich der Nachwelt einen Zweifel,

den
Erster Theil. D

ein Schooßhuͤndchen.
ſtaͤndigkeit ihrer Helden nicht eher, als in dem ach-
ten, oder zwoͤlften Bande, kroͤnen. Bloß dir zu
Liebe, gebe ich meiner Schrift dieſen Namen, und
du wuͤrdeſt undankbar ſeyn, wenn du ſie nicht mit
geneigten Augen anſehen, und mit gebuͤhrender Ehr-
furcht durchleſen wollteſt.

Jch halte es fuͤr etwas uͤberfluͤßiges, mein Ver-
fahren zu rechtfertigen, daß ich auf einen Hund eine
Lobſchrift mache. Wer Amouretten von Perſon
kennt, der weis, daß es ihre ſonderbaren Eigen-
ſchaften wohl verdienen, auf die Nachkommen ge-
bracht zu werden. Wer ſie aber nicht kennt, dem
will ich ſie durch die lebhafteſten Zuͤge bekannt ma-
chen. Du kannſt dich darauf verlaſſen, daß mir
eine niedertraͤchtige Schmeicheley die Feder nicht
fuͤhren wird. Jch darf Amourettens Tugenden
nur erzaͤhlen, ſo iſt auch die Lobſchrift fertig. Soll-
te ich etwan eine Leichenrede halten, oder einen Maͤ-
cenaten wegen ſeiner Freygebigkeit und Verdienſte
herausſtreichen: So wuͤrde ich alle Kuͤnſte der Be-
redſamkeit anwenden muͤſſen, um meinen Zuhoͤrern
eine verdaͤchtige Sache wahrſcheinlich zu machen.
Aber, weil ich Amouretten loben will, ſo darf ich
nur die Wahrheit reden laſſen. Dieſe brauchet
keine Schminke.

Von der Geburt unſrer Amourette, kann ich
nicht viel beſonders ſagen. Sie iſt im Jahre 1735
in Coͤlln, einem Dorfe an der Elbe, auf die Welt
gekommen. Jch nenne dieſes Dorf um deswillen
ausdruͤcklich, damit ich der Nachwelt einen Zweifel,

den
Erſter Theil. D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0123" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ein Schooßhu&#x0364;ndchen.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit ihrer Helden nicht eher, als in dem ach-<lb/>
ten, oder zwo&#x0364;lften Bande, kro&#x0364;nen. Bloß dir zu<lb/>
Liebe, gebe ich meiner Schrift die&#x017F;en Namen, und<lb/>
du wu&#x0364;rde&#x017F;t undankbar &#x017F;eyn, wenn du &#x017F;ie nicht mit<lb/>
geneigten Augen an&#x017F;ehen, und mit gebu&#x0364;hrender Ehr-<lb/>
furcht durchle&#x017F;en wollte&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Jch halte es fu&#x0364;r etwas u&#x0364;berflu&#x0364;ßiges, mein Ver-<lb/>
fahren zu rechtfertigen, daß ich auf einen Hund eine<lb/>
Lob&#x017F;chrift mache. Wer Amouretten von Per&#x017F;on<lb/>
kennt, der weis, daß es ihre &#x017F;onderbaren Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften wohl verdienen, auf die Nachkommen ge-<lb/>
bracht zu werden. Wer &#x017F;ie aber nicht kennt, dem<lb/>
will ich &#x017F;ie durch die lebhafte&#x017F;ten Zu&#x0364;ge bekannt ma-<lb/>
chen. Du kann&#x017F;t dich darauf verla&#x017F;&#x017F;en, daß mir<lb/>
eine niedertra&#x0364;chtige Schmeicheley die Feder nicht<lb/>
fu&#x0364;hren wird. Jch darf Amourettens Tugenden<lb/>
nur erza&#x0364;hlen, &#x017F;o i&#x017F;t auch die Lob&#x017F;chrift fertig. Soll-<lb/>
te ich etwan eine Leichenrede halten, oder einen Ma&#x0364;-<lb/>
cenaten wegen &#x017F;einer Freygebigkeit und Verdien&#x017F;te<lb/>
heraus&#x017F;treichen: So wu&#x0364;rde ich alle Ku&#x0364;n&#x017F;te der Be-<lb/>
red&#x017F;amkeit anwenden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, um meinen Zuho&#x0364;rern<lb/>
eine verda&#x0364;chtige Sache wahr&#x017F;cheinlich zu machen.<lb/>
Aber, weil ich Amouretten loben will, &#x017F;o darf ich<lb/>
nur die Wahrheit reden la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e brauchet<lb/>
keine Schminke.</p><lb/>
        <p>Von der Geburt un&#x017F;rer Amourette, kann ich<lb/>
nicht viel be&#x017F;onders &#x017F;agen. Sie i&#x017F;t im Jahre 1735<lb/>
in Co&#x0364;lln, einem Dorfe an der Elbe, auf die Welt<lb/>
gekommen. Jch nenne die&#x017F;es Dorf um deswillen<lb/>
ausdru&#x0364;cklich, damit ich der Nachwelt einen Zweifel,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. D</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0123] ein Schooßhuͤndchen. ſtaͤndigkeit ihrer Helden nicht eher, als in dem ach- ten, oder zwoͤlften Bande, kroͤnen. Bloß dir zu Liebe, gebe ich meiner Schrift dieſen Namen, und du wuͤrdeſt undankbar ſeyn, wenn du ſie nicht mit geneigten Augen anſehen, und mit gebuͤhrender Ehr- furcht durchleſen wollteſt. Jch halte es fuͤr etwas uͤberfluͤßiges, mein Ver- fahren zu rechtfertigen, daß ich auf einen Hund eine Lobſchrift mache. Wer Amouretten von Perſon kennt, der weis, daß es ihre ſonderbaren Eigen- ſchaften wohl verdienen, auf die Nachkommen ge- bracht zu werden. Wer ſie aber nicht kennt, dem will ich ſie durch die lebhafteſten Zuͤge bekannt ma- chen. Du kannſt dich darauf verlaſſen, daß mir eine niedertraͤchtige Schmeicheley die Feder nicht fuͤhren wird. Jch darf Amourettens Tugenden nur erzaͤhlen, ſo iſt auch die Lobſchrift fertig. Soll- te ich etwan eine Leichenrede halten, oder einen Maͤ- cenaten wegen ſeiner Freygebigkeit und Verdienſte herausſtreichen: So wuͤrde ich alle Kuͤnſte der Be- redſamkeit anwenden muͤſſen, um meinen Zuhoͤrern eine verdaͤchtige Sache wahrſcheinlich zu machen. Aber, weil ich Amouretten loben will, ſo darf ich nur die Wahrheit reden laſſen. Dieſe brauchet keine Schminke. Von der Geburt unſrer Amourette, kann ich nicht viel beſonders ſagen. Sie iſt im Jahre 1735 in Coͤlln, einem Dorfe an der Elbe, auf die Welt gekommen. Jch nenne dieſes Dorf um deswillen ausdruͤcklich, damit ich der Nachwelt einen Zweifel, den Erſter Theil. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/123
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/123>, abgerufen am 22.11.2024.