den Bierkrug zur Rechten, die Feuer-Schloß- und Stein-lose Flinte zur Linken, in idyllischer Ruhe und Beschaulichkeit an seinem Strumpf strickt. Ich habe selber solch ein Bild, Spitzweg gezeichnet, draußen zu Hause, drunten in Afrika, an der Wand über dem Sopha und Sophatisch meiner Frau, (es muthet mich dann und wann um so mehr an, weil unter dem letztern, dem Sophatisch meiner Frau nämlich, ein Löwenfell zum Fußteppich dient) und ich fand es nicht ohne Behagen wieder, hier zu Hause am Thor der rothen Schanze. Nur wurde von dem jetzigen Wachtinhaber des weiland Prinzen Xaverius von Sachsen und Kienbaums Mörder, des Bauern Qua- katz, nicht gestrickt.
Es wurde gesponnen.
Er saß nicht an, sondern auf dem rechten Thor- pfeiler, der jetzige Wachtmann der rothen Schanze. Er saß mit Würde da in der Morgensonne und sah ruhig, gelassen, zu mir hinüber -- und er spann dabei. Sein Spinnen hinderte ihn aber nicht, auch den Schnurrbart zu streichen, ja, er fuhr sich mit der wehrhaften Faust sogar über die Ohren (was beiläufig in seiner Kompagnie bedeutet, daß Besuch kommt) und strich sich die Nase und nieste dabei. Ich war ganz dicht bei ihm, als er einen Satz that, und langsam, stattlich und über die Schulter gleichmüthig nach mir zurücksehend, mir voranging, hinein in Quakatzenhof: der "Kapitän Hinze", der "weiße Mann", der wirklich fleckenlos weiße Kater -- der Hauskater der Schanze des Comte de Lusace.
den Bierkrug zur Rechten, die Feuer-Schloß- und Stein-loſe Flinte zur Linken, in idylliſcher Ruhe und Beſchaulichkeit an ſeinem Strumpf ſtrickt. Ich habe ſelber ſolch ein Bild, Spitzweg gezeichnet, draußen zu Hauſe, drunten in Afrika, an der Wand über dem Sopha und Sophatiſch meiner Frau, (es muthet mich dann und wann um ſo mehr an, weil unter dem letztern, dem Sophatiſch meiner Frau nämlich, ein Löwenfell zum Fußteppich dient) und ich fand es nicht ohne Behagen wieder, hier zu Hauſe am Thor der rothen Schanze. Nur wurde von dem jetzigen Wachtinhaber des weiland Prinzen Xaverius von Sachſen und Kienbaums Mörder, des Bauern Qua- katz, nicht geſtrickt.
Es wurde geſponnen.
Er ſaß nicht an, ſondern auf dem rechten Thor- pfeiler, der jetzige Wachtmann der rothen Schanze. Er ſaß mit Würde da in der Morgenſonne und ſah ruhig, gelaſſen, zu mir hinüber — und er ſpann dabei. Sein Spinnen hinderte ihn aber nicht, auch den Schnurrbart zu ſtreichen, ja, er fuhr ſich mit der wehrhaften Fauſt ſogar über die Ohren (was beiläufig in ſeiner Kompagnie bedeutet, daß Beſuch kommt) und ſtrich ſich die Naſe und nieſte dabei. Ich war ganz dicht bei ihm, als er einen Satz that, und langſam, ſtattlich und über die Schulter gleichmüthig nach mir zurückſehend, mir voranging, hinein in Quakatzenhof: der „Kapitän Hinze“, der „weiße Mann“, der wirklich fleckenlos weiße Kater — der Hauskater der Schanze des Comte de Lusace.
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den Bierkrug zur Rechten, die Feuer-Schloß- und
Stein-loſe Flinte zur Linken, in idylliſcher Ruhe und
Beſchaulichkeit an ſeinem Strumpf ſtrickt. Ich habe
ſelber ſolch ein Bild, Spitzweg gezeichnet, draußen zu
Hauſe, drunten in Afrika, an der Wand über dem
Sopha und Sophatiſch meiner Frau, (es muthet mich
dann und wann um ſo mehr an, weil unter dem
letztern, dem Sophatiſch meiner Frau nämlich, ein
Löwenfell zum Fußteppich dient) und ich fand es
nicht ohne Behagen wieder, hier zu Hauſe am Thor
der rothen Schanze. Nur wurde von dem jetzigen
Wachtinhaber des weiland Prinzen Xaverius von
Sachſen und Kienbaums Mörder, des Bauern Qua-
katz, nicht geſtrickt.
Es wurde geſponnen.
Er ſaß nicht an, ſondern auf dem rechten Thor-
pfeiler, der jetzige Wachtmann der rothen Schanze.
Er ſaß mit Würde da in der Morgenſonne und ſah
ruhig, gelaſſen, zu mir hinüber — und er ſpann
dabei. Sein Spinnen hinderte ihn aber nicht, auch
den Schnurrbart zu ſtreichen, ja, er fuhr ſich mit
der wehrhaften Fauſt ſogar über die Ohren (was
beiläufig in ſeiner Kompagnie bedeutet, daß Beſuch
kommt) und ſtrich ſich die Naſe und nieſte dabei. Ich
war ganz dicht bei ihm, als er einen Satz that, und
langſam, ſtattlich und über die Schulter gleichmüthig
nach mir zurückſehend, mir voranging, hinein in
Quakatzenhof: der „Kapitän Hinze“, der „weiße
Mann“, der wirklich fleckenlos weiße Kater — der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/73>, abgerufen am 17.02.2025.
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