altbekannten Umgebung rundherum und da -- hier -- der rothen Schanze vor der Nase."
"Campes Reisebeschreibungen sind mir lieber. Und Du bist mir auch lieber, Störzer. Mysien, Lydien, Karien, bringe Du das da unten in dem dumpfigen Schulstall mal in Deinen Kopf und sehne Dich mal nicht nach dem Le Vaillant, seinem Afrika und seinen Hottentotten, Giraffen, Löwen und Elephanten. Stopf- kuchen haben sie auch mit mir eine Stunde über den Unsinn dabehalten. Der frägt aber nichts nach Afrika. Denn seine tägliche Sehnsucht ist dort die rothe Schanze; na, das weißt Du ja."
"Das weiß ich freilich, und es ist närrisch genug von dem Dicken -- Deinem närrischen Kameraden. Weißt Du, Eduard, wenn ich mir aus der Weltkunde ein Faulthier vorstelle, so muß ich mir dabei immer diesen Deinen Freund und Schulkameraden mit vor- stellen. Der und die rothe Schanze!"
Die rothe Schanze! Ich hatte doch allmählich ein wenig in all diese Erinnerungen, in diesen Wechsel von Stimmen und Gestalten hineingegähnt und das Bedürfniß gefühlt, nun auch Störzer seiner ewigen Ruhe zu überlassen und selber für diese Nacht zur Ruhe zu gehen; als mich dieser Name doch noch eine
altbekannten Umgebung rundherum und da — hier — der rothen Schanze vor der Naſe.“
„Campes Reiſebeſchreibungen ſind mir lieber. Und Du biſt mir auch lieber, Störzer. Myſien, Lydien, Karien, bringe Du das da unten in dem dumpfigen Schulſtall mal in Deinen Kopf und ſehne Dich mal nicht nach dem Le Vaillant, ſeinem Afrika und ſeinen Hottentotten, Giraffen, Löwen und Elephanten. Stopf- kuchen haben ſie auch mit mir eine Stunde über den Unſinn dabehalten. Der frägt aber nichts nach Afrika. Denn ſeine tägliche Sehnſucht iſt dort die rothe Schanze; na, das weißt Du ja.“
„Das weiß ich freilich, und es iſt närriſch genug von dem Dicken — Deinem närriſchen Kameraden. Weißt Du, Eduard, wenn ich mir aus der Weltkunde ein Faulthier vorſtelle, ſo muß ich mir dabei immer dieſen Deinen Freund und Schulkameraden mit vor- ſtellen. Der und die rothe Schanze!“
Die rothe Schanze! Ich hatte doch allmählich ein wenig in all dieſe Erinnerungen, in dieſen Wechſel von Stimmen und Geſtalten hineingegähnt und das Bedürfniß gefühlt, nun auch Störzer ſeiner ewigen Ruhe zu überlaſſen und ſelber für dieſe Nacht zur Ruhe zu gehen; als mich dieſer Name doch noch eine
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altbekannten Umgebung rundherum und da — hier
— der rothen Schanze vor der Naſe.“
„Campes Reiſebeſchreibungen ſind mir lieber.
Und Du biſt mir auch lieber, Störzer. Myſien, Lydien,
Karien, bringe Du das da unten in dem dumpfigen
Schulſtall mal in Deinen Kopf und ſehne Dich mal
nicht nach dem Le Vaillant, ſeinem Afrika und ſeinen
Hottentotten, Giraffen, Löwen und Elephanten. Stopf-
kuchen haben ſie auch mit mir eine Stunde über den
Unſinn dabehalten. Der frägt aber nichts nach Afrika.
Denn ſeine tägliche Sehnſucht iſt dort die rothe Schanze;
na, das weißt Du ja.“
„Das weiß ich freilich, und es iſt närriſch genug
von dem Dicken — Deinem närriſchen Kameraden.
Weißt Du, Eduard, wenn ich mir aus der Weltkunde
ein Faulthier vorſtelle, ſo muß ich mir dabei immer
dieſen Deinen Freund und Schulkameraden mit vor-
ſtellen. Der und die rothe Schanze!“
Die rothe Schanze! Ich hatte doch allmählich
ein wenig in all dieſe Erinnerungen, in dieſen Wechſel
von Stimmen und Geſtalten hineingegähnt und das
Bedürfniß gefühlt, nun auch Störzer ſeiner ewigen
Ruhe zu überlaſſen und ſelber für dieſe Nacht zur
Ruhe zu gehen; als mich dieſer Name doch noch eine
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/32>, abgerufen am 19.02.2025.
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