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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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Es stand noch ein Stuhl auf dem Flur, auf
welchem die Hauskatze saß und ernsthaft auf die alten
und jungen Gesichter sah, die in die Hausthür guckten.

"Puh," seufzte Stopfkuchen, "ich habe doch meine
Energie ein wenig überschätzt. Schwül und heiß!"
Er hob den Strohhut von der schweißglänzenden
Stirn und trocknete sich den Kopf mit dem Sacktuch.
"Entschuldige, Eduard," sagte er, hob den Stuhl
an der Lehne, ließ das Thier hinuntergleiten und
setzte sich selber: "Einen Augenblick, Eduard, und
ich bin vollständig wieder zu Deiner Verfügung."

Das oder dergleichen sagte er, während ich stand
und augenblicklich wenigstens nichts zu sagen, sondern
nur recht viel mit dem mehr oder weniger dunkelen
Gefühl, das bei solchen Gelegenheiten die Oberhand
gewinnt, zu thun hatte.

"Fritze Störzer! Der alte Störzer!" . . . und
ich that, was ich vorhin mir vorgenommen hatte: ich
legte die Hand auf den Sarg, dahin wo die Füße
ruhten, die, wie die Herren im Brummersumm aus-
gerechnet hatten, fünfmal um die Welt gewesen waren.
Stopfkuchen fächelte sich immer noch mit dem Taschen-
tuch kühlere Luft zu.

Der Mensch aber muß bei solchen Gelegenheiten
irgend etwas sagen.

"Du konntest nichts dafür; aber Du bist eben
unter Deiner Hecke liegen geblieben, Heinrich!" sagte
ich. "Ich aber bin mit ihm gegangen, gelaufen,
habe mit ihm seinen trefflichen Tröster, den Le Vaillant
studirt! Und wenn mich ein Mensch von seinen

Es ſtand noch ein Stuhl auf dem Flur, auf
welchem die Hauskatze ſaß und ernſthaft auf die alten
und jungen Geſichter ſah, die in die Hausthür guckten.

„Puh,“ ſeufzte Stopfkuchen, „ich habe doch meine
Energie ein wenig überſchätzt. Schwül und heiß!“
Er hob den Strohhut von der ſchweißglänzenden
Stirn und trocknete ſich den Kopf mit dem Sacktuch.
„Entſchuldige, Eduard,“ ſagte er, hob den Stuhl
an der Lehne, ließ das Thier hinuntergleiten und
ſetzte ſich ſelber: „Einen Augenblick, Eduard, und
ich bin vollſtändig wieder zu Deiner Verfügung.“

Das oder dergleichen ſagte er, während ich ſtand
und augenblicklich wenigſtens nichts zu ſagen, ſondern
nur recht viel mit dem mehr oder weniger dunkelen
Gefühl, das bei ſolchen Gelegenheiten die Oberhand
gewinnt, zu thun hatte.

„Fritze Störzer! Der alte Störzer!“ . . . und
ich that, was ich vorhin mir vorgenommen hatte: ich
legte die Hand auf den Sarg, dahin wo die Füße
ruhten, die, wie die Herren im Brummerſumm aus-
gerechnet hatten, fünfmal um die Welt geweſen waren.
Stopfkuchen fächelte ſich immer noch mit dem Taſchen-
tuch kühlere Luft zu.

Der Menſch aber muß bei ſolchen Gelegenheiten
irgend etwas ſagen.

„Du konnteſt nichts dafür; aber Du biſt eben
unter Deiner Hecke liegen geblieben, Heinrich!“ ſagte
ich. „Ich aber bin mit ihm gegangen, gelaufen,
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[219/0229] Es ſtand noch ein Stuhl auf dem Flur, auf welchem die Hauskatze ſaß und ernſthaft auf die alten und jungen Geſichter ſah, die in die Hausthür guckten. „Puh,“ ſeufzte Stopfkuchen, „ich habe doch meine Energie ein wenig überſchätzt. Schwül und heiß!“ Er hob den Strohhut von der ſchweißglänzenden Stirn und trocknete ſich den Kopf mit dem Sacktuch. „Entſchuldige, Eduard,“ ſagte er, hob den Stuhl an der Lehne, ließ das Thier hinuntergleiten und ſetzte ſich ſelber: „Einen Augenblick, Eduard, und ich bin vollſtändig wieder zu Deiner Verfügung.“ Das oder dergleichen ſagte er, während ich ſtand und augenblicklich wenigſtens nichts zu ſagen, ſondern nur recht viel mit dem mehr oder weniger dunkelen Gefühl, das bei ſolchen Gelegenheiten die Oberhand gewinnt, zu thun hatte. „Fritze Störzer! Der alte Störzer!“ . . . und ich that, was ich vorhin mir vorgenommen hatte: ich legte die Hand auf den Sarg, dahin wo die Füße ruhten, die, wie die Herren im Brummerſumm aus- gerechnet hatten, fünfmal um die Welt geweſen waren. Stopfkuchen fächelte ſich immer noch mit dem Taſchen- tuch kühlere Luft zu. Der Menſch aber muß bei ſolchen Gelegenheiten irgend etwas ſagen. „Du konnteſt nichts dafür; aber Du biſt eben unter Deiner Hecke liegen geblieben, Heinrich!“ ſagte ich. „Ich aber bin mit ihm gegangen, gelaufen, habe mit ihm ſeinen trefflichen Tröſter, den Le Vaillant ſtudirt! Und wenn mich ein Menſch von ſeinen

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/229>, abgerufen am 26.11.2024.