Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.man das im hohen Ton nennt: aufs hohe Meer. Er erhob sich schwerstöhnend von der Bank auf "Ja, bleib Du lieber hier Oben in der guten, man das im hohen Ton nennt: aufs hohe Meer. Er erhob ſich ſchwerſtöhnend von der Bank auf „Ja, bleib Du lieber hier Oben in der guten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0215" n="205"/> man das im hohen Ton nennt: aufs hohe Meer.<lb/> Dort weht gewöhnlich ein friſcher Wind, und der<lb/> Mann ſieht auch unterwegs nur lauter andere Ge-<lb/> ſichter, nicht wie wir hier immer dieſelbigen. Dem<lb/> glücklichen Kerl will ich friſch dieſen Duft der Heimath<lb/> von der Lagerſtelle aus mit auf die Reiſe geben,<lb/> und dann iſt er gewiſſermaßen auch ſogar dazu be-<lb/> rechtigt. Er ſteckt perſönlich viel tiefer mit drin, als<lb/> er es ſich jetzt noch vermuthet. Ja, ja, guck nur,<lb/> mein Junge! mach' mir nur große Augen! Alſo,<lb/> Du willſt wirklich nicht mit uns zu Abend eſſen?<lb/> Na, dann unterhalte Du jetzt meine Frau ſo lange,<lb/> bis ich die nöthige Toilette gemacht habe.“</p><lb/> <p>Er erhob ſich ſchwerſtöhnend von der Bank auf<lb/> dem Walle des Prinzen Xaverius, griff, die erloſchene<lb/> Pfeife in der Linken, mit der Rechten zärtlich ſeinem<lb/> Weibe unters Kinn und ſagte:</p><lb/> <p>„Ja, bleib Du lieber hier Oben in der guten,<lb/> lieben Luft unſerer Schanze, Herz. Es iſt ein zu<lb/> angenehmer Abend und zu hübſch ſtill, nur noch mit<lb/> den ſpäten Lerchen in der Luft! Dieſem Weltwanderer<lb/> wird der Seewind und vielleicht ſo 'n kleiner Schiff-<lb/> bruch mit intereſſanter Rettung und dergleichen den<lb/> fatalen Geruch von da unten wieder aus der Naſe<lb/> fegen. Und dann ſehe ich ihn leider vielleicht in<lb/> meinem ganzen Leben, nach ſeiner Abreiſe natürlich,<lb/> nicht wieder und habe ihm alſo auch nicht Beruhigung,<lb/> Seelenruhe zuzuſprechen und Geſpenſtergeſindel aus<lb/> der Phantaſie weg zu kehren. Aber mit Dir — zwiſchen<lb/> uns, mein armes Herz, iſt das eben eine andere<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [205/0215]
man das im hohen Ton nennt: aufs hohe Meer.
Dort weht gewöhnlich ein friſcher Wind, und der
Mann ſieht auch unterwegs nur lauter andere Ge-
ſichter, nicht wie wir hier immer dieſelbigen. Dem
glücklichen Kerl will ich friſch dieſen Duft der Heimath
von der Lagerſtelle aus mit auf die Reiſe geben,
und dann iſt er gewiſſermaßen auch ſogar dazu be-
rechtigt. Er ſteckt perſönlich viel tiefer mit drin, als
er es ſich jetzt noch vermuthet. Ja, ja, guck nur,
mein Junge! mach' mir nur große Augen! Alſo,
Du willſt wirklich nicht mit uns zu Abend eſſen?
Na, dann unterhalte Du jetzt meine Frau ſo lange,
bis ich die nöthige Toilette gemacht habe.“
Er erhob ſich ſchwerſtöhnend von der Bank auf
dem Walle des Prinzen Xaverius, griff, die erloſchene
Pfeife in der Linken, mit der Rechten zärtlich ſeinem
Weibe unters Kinn und ſagte:
„Ja, bleib Du lieber hier Oben in der guten,
lieben Luft unſerer Schanze, Herz. Es iſt ein zu
angenehmer Abend und zu hübſch ſtill, nur noch mit
den ſpäten Lerchen in der Luft! Dieſem Weltwanderer
wird der Seewind und vielleicht ſo 'n kleiner Schiff-
bruch mit intereſſanter Rettung und dergleichen den
fatalen Geruch von da unten wieder aus der Naſe
fegen. Und dann ſehe ich ihn leider vielleicht in
meinem ganzen Leben, nach ſeiner Abreiſe natürlich,
nicht wieder und habe ihm alſo auch nicht Beruhigung,
Seelenruhe zuzuſprechen und Geſpenſtergeſindel aus
der Phantaſie weg zu kehren. Aber mit Dir — zwiſchen
uns, mein armes Herz, iſt das eben eine andere
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