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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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eigenstes Eigenthum läßt! Und wenn ich denn einmal
die Genügsamkeit auch von Dir haben soll, so hat
doch gewiß wenigstens etwas davon auch schon in
mir gelegen, und Du hast mir nur --"

"Das Verständniß aufgeknöpft. Da hat sie
Recht, Eduard. Ich sage Dir, Eduard, Du hast in
der Hinsicht gar keinen Begriff davon, was und
wieweit Alles in ihr verstöpselt lag und darauf
wartete, daß ich komme und den Korkzieher mitbringe.
O Alte, Alte, liebe, beste, alte Alte: wie hätten wir
zwei auch sonst so gut zu einander gepaßt. O Tine,
Tine, Du und ich, des Gottes schöne Trümmer --
na, haben wir denn nicht von Anfang an zu ein-
ander gehört und halten wir nicht bei einander bis
zum allerletzten? Du vom alleräußersten Ende von
Afrika, Du, Eduard, was ist Deine Meinung?"

Vor Jahren hatte ich weggeguckt; diesmal sah
ich genau hin, wie sich die Zwei den Arm um die
Schulter legten und sich aneinanderdrückten und sich
einen lauten Kuß gaben. Sie zierten sich diesmal
garnicht mehr vor mir; aber Heinrich hatte freilich
heute auch eine glänzende Glatze und in Valentinens
Haar mischte sich hier und da ein vorzeitig silbernes
Fädchen; aber hübsch war's doch, und es that der
Sache durchaus keinen Abbruch, daß Stopfkuchen ein
bischen fett war und seine kleine, gute, tapfere Frau der
Aphrodite von Melos garnicht glich.

"Ich sage Ihnen, lieber Herr Eduard," sagte
Valentine, ihre Haube unbefangen wieder zurecht-
rückend, "wenn ich mich jetzt als erwachsene alte

eigenſtes Eigenthum läßt! Und wenn ich denn einmal
die Genügſamkeit auch von Dir haben ſoll, ſo hat
doch gewiß wenigſtens etwas davon auch ſchon in
mir gelegen, und Du haſt mir nur —“

„Das Verſtändniß aufgeknöpft. Da hat ſie
Recht, Eduard. Ich ſage Dir, Eduard, Du haſt in
der Hinſicht gar keinen Begriff davon, was und
wieweit Alles in ihr verſtöpſelt lag und darauf
wartete, daß ich komme und den Korkzieher mitbringe.
O Alte, Alte, liebe, beſte, alte Alte: wie hätten wir
zwei auch ſonſt ſo gut zu einander gepaßt. O Tine,
Tine, Du und ich, des Gottes ſchöne Trümmer —
na, haben wir denn nicht von Anfang an zu ein-
ander gehört und halten wir nicht bei einander bis
zum allerletzten? Du vom alleräußerſten Ende von
Afrika, Du, Eduard, was iſt Deine Meinung?“

Vor Jahren hatte ich weggeguckt; diesmal ſah
ich genau hin, wie ſich die Zwei den Arm um die
Schulter legten und ſich aneinanderdrückten und ſich
einen lauten Kuß gaben. Sie zierten ſich diesmal
garnicht mehr vor mir; aber Heinrich hatte freilich
heute auch eine glänzende Glatze und in Valentinens
Haar miſchte ſich hier und da ein vorzeitig ſilbernes
Fädchen; aber hübſch war's doch, und es that der
Sache durchaus keinen Abbruch, daß Stopfkuchen ein
bischen fett war und ſeine kleine, gute, tapfere Frau der
Aphrodite von Melos garnicht glich.

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[150/0160] eigenſtes Eigenthum läßt! Und wenn ich denn einmal die Genügſamkeit auch von Dir haben ſoll, ſo hat doch gewiß wenigſtens etwas davon auch ſchon in mir gelegen, und Du haſt mir nur —“ „Das Verſtändniß aufgeknöpft. Da hat ſie Recht, Eduard. Ich ſage Dir, Eduard, Du haſt in der Hinſicht gar keinen Begriff davon, was und wieweit Alles in ihr verſtöpſelt lag und darauf wartete, daß ich komme und den Korkzieher mitbringe. O Alte, Alte, liebe, beſte, alte Alte: wie hätten wir zwei auch ſonſt ſo gut zu einander gepaßt. O Tine, Tine, Du und ich, des Gottes ſchöne Trümmer — na, haben wir denn nicht von Anfang an zu ein- ander gehört und halten wir nicht bei einander bis zum allerletzten? Du vom alleräußerſten Ende von Afrika, Du, Eduard, was iſt Deine Meinung?“ Vor Jahren hatte ich weggeguckt; diesmal ſah ich genau hin, wie ſich die Zwei den Arm um die Schulter legten und ſich aneinanderdrückten und ſich einen lauten Kuß gaben. Sie zierten ſich diesmal garnicht mehr vor mir; aber Heinrich hatte freilich heute auch eine glänzende Glatze und in Valentinens Haar miſchte ſich hier und da ein vorzeitig ſilbernes Fädchen; aber hübſch war's doch, und es that der Sache durchaus keinen Abbruch, daß Stopfkuchen ein bischen fett war und ſeine kleine, gute, tapfere Frau der Aphrodite von Melos garnicht glich. „Ich ſage Ihnen, lieber Herr Eduard,“ ſagte Valentine, ihre Haube unbefangen wieder zurecht- rückend, „wenn ich mich jetzt als erwachſene alte

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/160>, abgerufen am 27.11.2024.